Marschfeuer - Kriminalroman
war
Ingenieur für Schiffsbetriebstechnik, und da bleibt ja doch mal was hängen.
Nun, wir sprachen über die allgemeine Auftragslage der deutschen Werften. Die
Chinesen und die Koreaner sind ja preislich einfach nicht zu toppen. Aber er
schien mir guter Dinge, weil er in Köln anscheinend bei einem potenziellen
Kunden für seine Werft gepunktet hatte.«
Sie griff nach dem
Tortenmesser und schnitt ein weiteres Stück Kuchen ab, das sie Thilo auf den
Teller legte. »Glauben Sie, dass die Asiaten ihn auf dem Gewissen haben? Weil
er ihnen einen Auftrag vermasselte? Man hört doch manchmal von diesen
chinesischen Triaden.«
»Nein, diese Option
scheidet aus«, sagte Lyn und winkte ab, als die Kölnerin auch ihr ein zweites
Stück Kuchen auflegen wollte.
»Am Telefon sagten Sie,
Hinrich Jacobsen sei zum Ende des Gespräches hin immer ruhiger geworden«,
bemerkte Thilo. »Was glauben Sie, ist der Grund dafür gewesen?«
»Ich denke einfach, er
hatte keine Lust mehr auf Small Talk, nachdem sich unser Gespräch über den
Schiffbau erschöpft hatte«, sagte Maria Korwatzky. »Es ist auch nicht meine
Art, mich aufzudrängen. Ich hätte mich ja noch weiter mit ihm unterhalten,
insbesondere, nachdem wir festgestellt hatten, dass wir eine gemeinsame Bekannte
haben, aber er wollte dann in sein Abteil zurück. Wir waren ja auch fast am
Ziel unserer Reise.«
Lyns Herzschlag nahm
Fahrt auf. Sie blickte zu Thilo, der das Kauen eingestellt hatte und sie jetzt
ebenfalls ansah.
»Eine … eine gemeinsame
Bekannte?« Lyn rückte mit ihrem Stuhl so weit vor, bis der Tisch sie stoppte.
»Wer ist das, Frau Korwatzky?«
»Sie heißt Dora
Lindmeir.«
»Dora Lindmeir«,
wiederholte Lyn überrascht die Worte.
»Ja. Kennen Sie sie?«
»Allerdings«, sagte Lyn,
während ihr und Thilos Blick sich erneut trafen.
Der Hauptkommissar schob
seinen Teller mit dem Kuchen zur Seite. »Jetzt wird es für uns interessant,
Frau Korwatzky. Wie kam es zu dem Gespräch über Dora Lindmeir? Und was genau
haben Sie und Hinrich Jacobsen über Frau Lindmeir gesprochen?«
»Wie ich ja bereits
sagte, war ich schon einmal verheiratet. Mit meinem ersten Mann, von dem ich
geschieden bin, lebte ich im Saarland. Genauer gesagt: in einem Dorf namens
Leitersweiler. Wir kommen beide von dort. Und die Lindmeirs wohnten ebenfalls
in Leitersweiler.«
»Leitersweiler. Der Name
sagt mir was«, nickte Lyn und sah ihren Kollegen an. »Muss Lurchi bei seinem
Bericht über Lindmeir erwähnt haben.«
»Ich hatte den Ort
irgendwie im Laufe des Gespräches erwähnt«, fuhr Frau Korwatzky fort, »und
daraufhin sagte der Herr Jacobsen, dass er jemanden aus dem Ort kenne. Und ob
ich denn auch die Familie Lindmeir kennen würde.« Sie stand auf, nahm die
Kaffeekanne und blickte Lyn und Thilo an. »Möchten Sie noch?«
Thilo schob ihr seine
Tasse zu, Lyn winkte ab. »Wie ging das Gespräch weiter?«
»Ich sagte ihm, dass ich
die Familie Lindmeir natürlich kenne. Leitersweiler ist schließlich nicht Köln.
Und auf dem Dorf kennt man sich noch untereinander. Als der Mann von der Dora
starb«, sie sinnierte kurz, »ich glaube, er hieß Heinz, ist sie dann allerdings
mit ihrer Tochter aus Leitersweiler weggezogen. Irgendwo nach
Nordrhein-Westfalen.«
Lyn sah sie verwirrt an.
»Mit ihrer Tochter? Gab es noch eine Tochter?« Mit gerunzelter Stirn blickte
sie zu Thilo. »Hat Lindmeir noch eine Schwester? Davon hat Lurchi nichts
erwähnt.«
Maria Korwatzky stützte
ihre Arme auf dem Tisch auf. »Das ist jetzt wirklich interessant«, sagte sie
mit leuchtenden Augen, »denn von einem Bruder weiß ich nichts. Aber jetzt, wo Sie es sagen, schien genau das auch den Herrn Jacobsen
verwirrt zu haben. Doch, da bin ich mir sicher. Weil er nämlich nachfragte, als
ich die Kleine erwähnte.«
Lyn sah Frau Korwatzky
irritiert an. »Wie ist der Name der kleinen Lindmeir? Und wie alt war sie, als
sie Leitersweiler verlassen hat?«
»Sie muss dreizehn oder
vierzehn gewesen sein. Aber wie sie hieß …« Maria Korwatzky blickte aus dem
Fenster und grübelte. »Ja, doch. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Paula hieß sie.
Paula Lindmeir.«
***
»An der frischen Luft
geht’s einem echt besser«, sagte Markus Lindmeir. Er lehnte mit aufgestützten
Armen neben seinem Vater an der Reling der »a rainha« und sah zu, wie die
Bugspitze das graue Wasser vor sich leise und elegant in zwei sich nach achtern
ausbreitende Fächer teilte. Sein Blick hob sich. Er lächelte und deutete nach
vorn. »Weißt du
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