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Marschfeuer - Kriminalroman

Marschfeuer - Kriminalroman

Titel: Marschfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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Montagabend. Lindmeir hat
ihn überzeugt oder bekniet, die Aussprache auf den Tag von Jacobsens Rückkehr,
nämlich Donnerstagabend, zu verschieben.«
    Sie stand auf und lehnte
sich an die Fensterbank. »Und Jacobsen hat geschwiegen, hat seiner Frau noch
nichts davon erzählt, weil er wahrscheinlich selbst noch nicht glauben konnte,
dass das wahr ist. Er wollte erst mit Lindmeir sprechen. Er ist zu ihm
gegangen, wie jeden Donnerstagabend. Tja, und dann hat sein langjähriger
Freund, Zögling und Geschäftspartner ihm den Schädel eingeschlagen. Die
Spurensicherung wird in Lindmeirs Haus Polka tanzen, weil es vermutlich selten
mehr Spuren gegeben hat.«
    »Und Hühner-Waldi war
das Bauernopfer oder, besser gesagt, das Brandopfer«, ergänzte Hendrik.
»Lindmeir hat ihn, wie auch immer, in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch
umgebracht, zur Jacobsen-Werft geschafft und– vielleicht– in dem Tank
versenkt.« Er sah Wilfried Knebel an. »Wir brauchen einen Leichenspürhund. In
Lindmeirs Wagen werden wir mit Sicherheit fündig werden. Schließlich musste er
Jacobsen nach der Ermordung nach Wewelsfleth in die Hütte schaffen.«
    »Meier wird jeden Moment
hier auftauchen«, unterbrach Wilfried Knebel den Redefluss seiner Mitarbeiter.
»Dann setzen wir auch die Kriminaltechniker in Marsch. Vorerst werden wir uns
mit Dora Lindmeir unterhalten. Ich habe sie hierherbeordert.« Er sah auf seine
Armbanduhr.
    Lyn schürzte die Lippen.
»Keinen Ton wird sie sagen.«
    » …das sind also die
Fakten, Frau Lindmeir.« Wilfried Knebel fixierte Dora Lindmeir mit seinem
Blick. Lyn saß ein Stück hinter ihm. Sie hatte ihren Chef nicht lange bitten
müssen, an dem Gespräch teilnehmen zu dürfen.
    Wilfried griff nach dem
bereitgelegten Vernehmungsprotokoll. »Frau Lindmeir, Sie sind mit Paul
Ambrosius Lindmeir in gerader Linie verwandt. Aus diesem Grunde weise ich Sie
hiermit ausdrücklich darauf hin, dass es Ihnen zusteht, das Zeugnis zu
verweigern. Sie haben gehört, welcher Taten Ihr Sohn verdächtigt wird. Wenn Sie
also schweigen möchten …«
    Dora Lindmeir saß
kerzengerade im Stuhl. Ihr Gesicht sah blass und angespannt aus, und Lyn wurde
zum ersten Mal bewusst, wie ähnlich sie ihrem Sohn sah. Einem Sohn, der einmal
ihre Tochter gewesen war.
    Paul Lindmeirs Mutter
befeuchtete ihre Lippen. »Schweigen … Ja, das könnte ich. Aber es ist viel zu
viel geschwiegen worden. In all dieser Zeit, diesen Jahren. Mit Offenheit wäre
all das nicht passiert. All das.«
    Lyn und Wilfried sahen
sich überrascht an. Dora Lindmeir schien– entgegen ihrer Annahme– nicht
vorzuhaben, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
    »Mit ›all das‹ meinen
Sie den Mord an Hinrich Jacobsen?«, fragte der Hauptkommissar.
    Dora Lindmeir beantwortete
die Frage nicht. Sie schüttelte nur den Kopf. »Warum hat nicht alles so bleiben
können, wie es war? Warum musste Hinrich es herausfinden? Alle waren doch
glücklich und zufrieden. Paul … Er hat sein Leben lang so sehr gekämpft … Für
das, was er ist, was er immer sein wollte. Ein Schiffbauer … Und vor allem ein
Mann. Einfach nur ein Mann. So wie Sie.« Sie blickte Wilfried an. Tränen
blitzten in ihren Augen, aber sie blinzelte sie weg.
    »Mögen Sie uns von Paula
erzählen?«, fragte Lyn. »Von Paula und wie sie zu Paul wurde?«
    Dora Lindmeir faltete
ihre Hände im Schoß. Sie starrte an Lyn vorbei Richtung Wand. »Paul war
eigentlich nie Paula. Rein körperlich natürlich schon. Aber in der Seele war er
immer ein Junge. Paula … ich habe diesen Namen nicht mehr in meinem Kopf …
Paula hat ihren Barbiepuppen keine Ballkleider angezogen, sondern die Sachen
von der Ken-Puppe. Vorher hat sie ihnen einen Kurzhaarschnitt verpasst. Genau
wie sich selbst. Sie wollte schon seit frühester Kindheit kurze Haare und
Jungenkleidung. Das letzte Kleid trug sie bei ihrer Einschulung. Weil ich sie
dazu gezwungen habe.«
    Sie sah Lyn an.
»Natürlich gibt es andere Mädchen, die genauso sind und die sich normal
entwickeln, aber … ich habe es früh gewusst, vielleicht sogar früher als Paul
selbst. Vielleicht konnte ich es darum akzeptieren, als Paula am Tag der
Beerdigung meines Mannes– sie war vierzehn– vor mir stand und sagte, dass ich
sie ab sofort Paul nennen soll. Sie sagte: ›Wenn du es nicht tust, werde ich
weglaufen. Immer wieder.‹«
    Dora Lindmeir blickte
von Lyn zu Wilfried. »Sie dürfen das nicht missverstehen«, sagte sie, »es war
keineswegs so, dass sie die Rolle ihres

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