Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
interessierte, die den Meeresboden zwischen den Inseln Riou und Maire bevölkern, war von einem Tauchgang nicht zurückgekehrt. Er hatte gehört, dass sich die Netze der Fischer aus Sanary regelmäßig in den Fischgründen des Plateau de Blauquières, zwanzig Kilometer von der Küste entfernt und in der Mitte zwischen Toulon und Marseille, festhakten. Das konnte ein vorstehender Felsen sein. Oder etwas anderes. Dominique kam nie wieder, um es zu erzählen.
Aber Dominique hatte den »richtigen Riecher« gehabt. Vor einigen Monaten hatten Henri Delauze und Popof, zwei Taucher einer Bergungsfirma, ganz zufällig genau an der Stelle in hundertzwanzig Metern Tiefe das intakte Wrack der Protée geortet. Das französische U-Boot, das 1943 zw ischen Algier und Marseille ver misst gemeldet wurde. Die Lokalpresse hatte die Entdeckung in höchsten Tönen gelobt und auch Dominique ein paar Zeilen gewidmet. Mittags war ich bei Félix aufgekreuzt. Die Entdeckung der Protée erweckte seinen Sohn nicht wieder zum Leben. Aber sie erhob ihn zum Pionier. Er ging in die Geschichte ein. Das haben wir gefeiert. Und vor Glück geheult.
»Prost!«
»Freut mich, wirklich.«
Seitdem war ich nicht mehr hergekommen. Vier Monate. Wenn man nichts zu tun hat, vergeht die Zeit wahnsinnig schnell. Das wurde mir plötzlich klar. Seit Loles Abreise hatte ich meine Hütte nicht mehr verlassen. Und die wenigen Freunde vernachlässigt, die mir blieben.
»Kannst du mir einen Gefallen tun?«
»Na klar«, nickte er. Ich konnte ihn um alles bitten, solange ich nicht verlangte, dass er Wasser trank.
»Ruf bitte Jo in der Bar de la Place an. Ein schwarzer Safrane parkt fast vor seiner Tür. Lass dem Fahrer einen Kaffee von dem Typ aus dem R 5 bringen.« Er nahm den Hörer ab. »Und sag ihnen, sie sollen sich den Kerl ansehen. Er klebt mir schon seit einer Stunde an den Fersen, wie ein Blutegel.«
»Die Idioten vermehren sich wie die Karnickel. Hast du ihm Hör - ner aufgesetzt?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
Jo hatte abends gern ein bisschen Spaß. Das wunderte mich nicht. Engatses, Scherereien, gehörten zum Stil des Hauses. Ich mied seine Bar übrigens. Etwas zu mia für meinen Geschmack. Z u spießig . Ich hatte andere Stammkneipen. Félix, natürlich. Etienne oben im Panier-Viertel an der Rue de Lorette. Und Ange an der Place des Treize-Coins, gleich hinter dem Polizeihauptquartier.
»Und nach dem Kaffee?«, fragte Jo. »Halten wir ihn fest? Wir sind zu acht hier.«
Félix hielt mir den Hörer hin und sah mich an. Ich schüttelte den Kopf. »Vergiss es«, antwortete Félix. »Der Kaffee genügt. Das ist nur ein frisch gehörnter Ehemann.«
Eine Viertelstunde später rief Jo zurück. Wir hatten schon einen Coteaux d'Aix geöffnet, einen Roten aus der Domaine des Béates. 1988.
»Oh! Félix! Wenn du dem Kerl Hörner aufgesetzt hast, solltest du besser aufpassen.«
»Wieso?«, fragte Félix.
»Er heißt Antoine Balducci.«
Félix warf mir einen fragenden Blick zu. Ich kannte niemanden mit diesem Namen. Und noch weniger seine Frau.
»Kenn ich nicht«, sagte Félix.
»Er ist Stammgast im Rivesalte, in Toulon. Der Typ verkehrt dort in der Unterwelt. Das sagt jedenfalls Jeannot. Ich hab ihn mitgenom - men, als ich den Kaffee rausgebracht hab. Dachte, wir hätten viel - leicht unseren Spaß haben können, du verstehst schon. Jeannot ist Kellner da unten gewesen. Da hat er Balducci kennen gelernt. Zum Glück war es dunkel, Teufel auch! Wenn er ihn erkannt hätte, dann wärs Essig gewesen ... Wo sie auch noch zu zweit waren, begreifst du.«
»Zwei?«, wiederholte Félix und sah mich fragend an.
»Wusstest du das nicht?«
»Nein.«
»Der andere«, sprach Jo weiter, »ich kann dir nicht mal sagen, was er für 'ne Visage hat. Hat sich nicht gerührt. Kein Wort gesagt. Hat nicht mal geatmet, det Typ. Also der ist ein Obergangster, wenn du mich fragst, Beziehung zu Balducci ... Sag mal, hast du Ärger, Félix?«
»Nein, nein ... Es ist ein ... Nur ein guter Kunde.«
»Na dann, sag ihm, er soll sich dünn machen. Wenn du meine Meinung hören willst ‒ die beiden haben es faustdick hinter den Ohren.«
»Ich werde deinen Rat weitergeben. Ach, Jo, bist du sicher, dass es dir keine Schwierigkeiten eingebrockt hat?«
»Aber nein, Balducci hat gelacht. Etwas verkrampft. Aber er hat gelacht. Diese Typen können einiges einstecken, weißt du.«
»Sind sie noch da?«
»Weg. › Der wurde mir ausgegeben? ‹ , hat er gefragt und auf den Kaffee gezeigt.
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