Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
hätte sein kön nen, diese Möglichkeit einer Liebe, eines Lebens, der Freude, der Freuden, die über den Tod hinausgehen, für diesen Zug, der zum Meer fährt, Richtung Turchino, für diese Tage, die noch erfunden werden müssen, diese Stunden, das Vergnügen, unsere Körper, unser Begehren und noch mal unser Begehren und für dieses Lied, das ich gelernt hätte, für dich, das ich dir vorgesungen hätte, nur für das einfache Glück, dir zu sagen
se vuoi restiamo insieme anche stasera
und dir immer wieder zu sagen, wenn du willst, bleiben wir heute Abend zusammen.
Sonia.
Das werde ich tun. Für Enzos Lächeln.
Am Morgen hatte sich der Mistral völlig gelegt.
Ich hatte Nachrichten gehört, als ich mir den ersten Kaffee des Tages zubereitete. Das Feuer hatte sich noch weiter ausgebreitet, aber seit Tagesanbruch hatten die Löschflugzeuge es eindämmen können. Die Hoffnung, dieses Feuer schnell unter Kontrolle bringen zu können, schien wieder aufzuleben.
Meine Kaffeetasse in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand, ging ich bis ans Ende meiner Terrasse. Das Meer hatte sich beruhigt und lag wieder in tiefem Blau da. Ich sagte mir, dass dieses Meer, das Marseilles und Algiers Küsten leckte, nichts versprach, nichts verriet. Es begnügte sich damit, zu geben, aber in Hülle und Fülle. Ich sagte mir, dass die Anziehungskraft zwischen Hélène und mir vielleicht keine Liebe war. Sondern nur dieses gemeinsame Gefühl, klar zu sehen, das heißt, ohne Trost zu sein.
Und heute Abend würde ich Babette wiedersehen.
Neunzehntes Kapitel
In dem es n ö tig ist, zu wissen,
wie die Dinge gesehen werden
Das Blut gefror mir in den Adern. Die Fensterläden an Honorines Haus standen nicht offen. Im Sommer schlossen wir unsere Fensterläden nie. Wir hakten sie nur vor den offenen Fenstern ineinander, um ein wenig von der Kühle der Nacht und des frühen Morgens zu profitieren. Ich stellte meine Tasse ab und ging zu ihrer Terrasse hinüber. Die Tür selbst war verschlossen. Mit dem Schlüssel. Sogar wenn sie »in die Stadt hinunterging«, traf Honorine nie solche Vorsichtsmaßnahmen. Ich zog schnell eine Jeans und ein T-Shirt über und platzte, ohne mich auch nur zu kämmen, bei Fonfon herein. Er stand hinter seiner Theke und blätterte zerstreut in La Marseillaise.
»Wo ist sie?«, fragte ich.
»Du nimmst doch einen Kaffee?«
»Fonfon?«
»Verdammt noch mal!«, sagte er und stellte eine Untertasse vor mich hin.
In seinen Augen, roter als sonst, lag tiefe Trauer.
»Ich habe sie fortgebracht.«
»Was!«
»Heute Morgen. Alex hat uns gefahren. Ich habe eine Cousine in Caillols. Dort habe ich sie hingebracht. Da wird es ihr an nichts fehlen. Nur ein paar Tage ... Ich dachte ...«
Er hatte die gleichen Überlegungen angestellt wie ich für Mavros und dann für Bruno und seine Familie. Plötzlich ärgerte ich mich, dass ich es nicht selbst vorgeschlagen hatte. Wedel Honorine noch Fonfon. Nach der Diskussion, die wir miteinander hatten, er und ich, hätte es mir klar sein müssen. Diese Angst, dass Honorine etwas zustoßen könnte. Und Fonfon hatte es geschafft, sie zum Gehen zu überreden. Sie hatte es eingesehen. Sie hatten das gemeinsam ent - schieden. Ohne mir auch nur ein Wort zu sagen. Weil die Sache mich nichts mehr anging, sondern nur sie, sie beide. Die Ohrfeige von Hélène Pessayre war nichts dagegen.
»Ihr hättet mir Bescheid sagen können«, sagte ich barsch. »Mich wecken kommen meinetwegen ... Damit ich mich verabschieden kann!«
»So ist es nun mal, Fabio. Du hast kein Recht, beleidigt zu sein. Ich habe getan, was mir am besten schien.«
»Ich bin nicht beleidigt.«
Nein, beleidigt war nicht das richtige Wort. Davon abgesehen fand ich keine Worte. Mein Leben erlitt Schiffbruch, und nicht einmal Fonfon gab mir noch Kredit. Das war die Wahrheit.
»Hast du daran gedacht, dass dieser Abschaum dort vor der Tür euch folgen könnte?«
»Ja, ich hab daran gedacht!«, schrie er und stellte die Kaffeetasse auf den Unterteller. »Was denkst du denn, he? Dass ich blöd bin? Verkalkt? Zum Donnerwetter!«
»Gib mir einen Cognac.«
Er griff nervös die Flasche, ein Glas und schenkte mir ein. Wir ließen uns nicht aus den Augen.
»Fifi musste die Straße beobachten. Wenn ein Wagen, den wir nicht kannten, hinter uns losgefahren wäre, hätte er Alex auf seinem Handy im Taxi angerufen. Wir wären dann einfach umgekehrt.«
»Altes Schlitzohr!«, dachte ich bei mir.
Ich trank den Cognac in einem Zug. Ich
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