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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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einer der Wege, die zum Ge birgsmassiv von Sainte-Victoire führen, diesem Berg, der Cézanne so inspiriert hat. Wie oft hatte er diesen Spaziergang gemacht? Vielleicht war er sogar hier stehen geblieben, hatte seine Staffelei aufgebaut und ein weiteres Mal versucht, das Massiv in seinem ganzen Licht anzu - fangen.
    Ich stützte mich mit den Armen auf die Motorhaube und legte den Kopf darauf. Mit geschlossenen Augen. Leilas Lächeln. Ich spürte die Hitze nicht mehr. Kaltes Blut floss in meinen Adern. Ich war wie ausgetrocknet. So viel Gewalt. Wenn es Gott gäbe, hätte ich ihn auf der Stelle erwürgt. Ohne Zögern. Mit der Wut der Verdammten.
    Eine Hand berührte meine Schulter, fast schüchtern. Und Pérols Stimme: »Willst du noch warten?«
    »Worauf sollte ich warten. Niemand braucht uns. Weder hier noch sonst wo. Weißt du das, Pérol? Wir sind Bullen für nichts. Wir exis - tieren nicht. Komm, hauen wir ab.«
    Er setzte sich ans Steuer. Ich ließ mich in den Sitz sinken, zündete mir eine Zigarette an und schloss die Augen.
    »Wer ist an dem Fall?«
    »Loubet. Er hat gerade Bereitschaftsdienst. Das passt ganz gut.«
    »Ja. Er ist ein guter Mann.«
    Pérol nahm die Autobahnausfahrt Saint-Antoine. Als gewissenhafter Polizist hatte er den Polizeifunk eingestellt. Das Geknister erfüllte die Stille. Wir hatten kein Wort mehr gesprochen. Aber er hatte, ohne zu fragen, erraten, was ich vorhatte: vor den anderen zu Mouloud zu gehen. Auch wenn ich wusste, dass Loubet das mit Takt machen würde. Leila gehörte zur Familie. Pérol hatte das begriffen, und ich war gerührt. Ich hatte mich ihm nie anvertraut. Ich hatte ihn nach und nach kennen gelernt, seit er bei uns arbei t ete. Wir schätzten uns, aber das war auch alles. Selbst bei einem Gläschen hinderte eine übertriebene Vorsicht uns daran, darüber hinaus - zugehen. Freunde zu werden. Eins war sicher: Als Polizist hatte er nicht mehr Zukunft als ich.
    Was er gesehen hatte, ging ihm mit ebenso viel Schmerz und Hass im Kopf herum wie mir. Und ich wusste, warum.
    »Wie alt ist sie, deine Tochter?«
    »Zwanzig.«
    »Und ... wie gehts ihr?«
    »Sie hört die Doors, die Stones, Dylan. Es hätte schlimmer kommen können.« Er lächelte. »Ich meine, ich hätte sie lieber als Professorin oder Ärztin gesehen. Irgend so was, ich weiß auch nicht. Aber Kassiererin bei der Fnac, ich kann nicht behaupten, dass ich begeistert bin.«
    »Und sie, glaubst du, sie ist begeistert? Weißt du, es gibt hunderte von hoch begabten jungen Leuten, die Kassierer sind. Zukunft. Die Kinder haben keine mehr. Nehmen, was sie kriegen können, ist heute ihre einzige Chance.«
    »Wolltest du nie Kinder haben?«
    »Ich habe davon geträumt.«
    »Hast du die Kleine geliebt?«
    Er biss sich auf die Lippen, weil er es gewagt hatte, so direkt zu fragen. Seine Freundschaft lag nun offen zutage. Ich war aufs Neue gerührt. Aber ich hatte keine Lust zu antworten. Ich antworte nicht gern auf intime Fragen. Antworten sind meist ambivalent und kön - nen in alle Richtungen ausgelegt werden. Sogar von einem Nahe - stehenden. Er spürte das.
    »Du musst nicht darüber reden.«
    »Siehst du, Leila hat diese Chance gehabt, die nur eins von tausend Immigrantenkindern bekommt. Das war wohl zu viel. Das Leben hat ihr alles wieder weggenommen. Ich hätte sie heiraten sollen, Pérol.«
    »Das verhindert kein Unglück.«
    »Manchmal reicht eine Geste oder ein Wort, um das Leben eines Menschen zu ändern. Selbst wenn das Versprechen nicht ewig hält. Hast du an deine Tochter gedacht?«
    »Ich denke jedes Mal an sie, wenn sie ausgeht. Aber Dreckskerle wie die laufen nicht jeden Tag auf der Straße herum.«
    »Mag sein. Aber irgendwo laufen sie in diesem Augenblick herum.«
    Pérol schlug vor, im Auto auf mich zu warten. Ich erzählte Mou - loud alles. Mit Ausnahme der Ameisen und der Fliegen. Ich erklärte ihm, dass noch mehr Polizisten kommen würden, dass er die Leiche identifizieren müsste, bergeweise Formulare ausfüllen. Und wenn ich etwas für ihn tun könne, wäre ich natürlich da.
    Er hatte sich hingesetzt und hörte mir regungslos zu. Er sah mir in die Augen. Die Tränen kamen nicht. Er war versteinert, wie ich. Für immer. Er begann zu zittern, ohne es zu merken. Er hörte nicht mehr zu. Er alterte dort, vor meinen Augen. Die Jahre vergingen plötzlich schneller und holten ihn ein. Selbst die glücklichen Jahre bekamen in der Erinnerung einen bitteren Nachgeschmack. In den Augen - blicken des Unglücks wird

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