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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Und Geflüster in der Ferne.
    Auf dem Damm saßen Familien im schwachen Licht der Campinggaslampen beim Abendessen. Die Angelruten hatten sie in den Felsen verkeilt. Ab und zu erklang ein Lachen. Dann ein »Pst«. Als wenn das Lachen die Fische verscheuchen würde. Ich fühlte mich weit weg. Weit entfernt vom Elend dieser Welt. Ich atmete Glück. Wellen. Die Stimmen in der Ferne. Den Salzgeruch. Und sogar Babette an meiner Seite.
    Ich spürte ihre Hand in meinem Haar. Sie zog mich sanft an ihre Schulter. Sie roch nach Meer. Sie streichelte mir zärtlich die Wange, dann den Hals. Ihre Hand wanderte wieder in meinen Nacken. Ganz sachte. Endlich begann ich zu schluchzen.

Sechstes Kapitel
    In dem die Morgend ä mmerung die Sch ö nheit der Welt nur vort ä uscht

    Kaffeeduft weckte mich. Ein vertrauter morgendlicher Geruch, schon weit vor der Zeit mit Rosa. Sie aus dem Bett zu kriegen, war keine leichte Angelegenheit. Sie aufstehen und Kaffee kochen zu sehen, grenzte an ein Wunder. Seit Carmen vielleicht? Ich wusste es nicht mehr. Ich roch den Toast und beschloss aufzustehen. Babette war nicht nach Hause gefahren. Sie hatte sich zu mir gelegt. Ich war in ihren Armen eingeschlafen, den Kopf an ihrer Schulter. Ohne ein weiteres Wort. Ich hatte alles gesagt. Von meiner Verzweiflung, meinem Hass, meiner Einsamkeit. Auf der Terrasse war das Früh - stück fertig. Bob Marley sang Stir It Up. Das passte gut zu diesem Tag. Blauer Himmel, spiegelglattes Meer. Die Sonne begrüßte uns schon. Babette hatte meinen Bademantel übergezogen. Sie strich Butter aufs Brot, eine Zigarette im Mundwinkel, und bewegte sich fast unmerklich zum Rhythmus der Musik. Für den Bruchteil einer Sekunde existierte das Glück.
    »Ich hätte dich heiraten sollen«, sagte ich.
    »Hör auf mit dem Quatsch!« Und statt der Lippen hielt sie mir die Wange hin. Sie führte neue Umgangsformen zwischen uns ein. Wir waren in eine Welt eingetreten, in der die Lüge nicht mehr existierte. Ich mochte Babette gern. Ich sagte es ihr.
    »Du bist vollkommen verrückt, Fabio. Du bist krank am Herzen. Ich bins am Hintern. Unsere Wege können sich nicht kreuzen.« Sie sah mich an, als sähe sie mich zum ersten Mal. »Letztendlich ist es mir lieber so. Denn ich hab dich auch gern.«
    Ihr Kaffee war hervorragend. Sie eröffnete mir, dass sie der Libération eine Untersuchung über Marseille vorschlagen wollte. Über die Wirtschaftskrise, die Mafia, Fußball. Es ging darum, sich ihre Informationen f ü r mich bezahlen zu lassen. Bevor sie ging, versprach sie mir, in zwei bis drei Tagen anzurufen.
    Ich blieb rauchend sitzen und sah aufs Meer. Babette hatte mich genau ins Bild gesetzt. Mit dem Marseiller Milieu war es aus. per Bandenkrieg der Bosse hatte es geschwächt, und niemand hatte heute mehr das Format für einen capi. Marseille war nur noch ein von der neapolitanischen Camorra beherrschter Umschlagplatz für Heroin und Kokain. Das Mailänder Wochenblatt Il Mondo hatte den Umsatz der Camorristen Carmine Alfieri und Lorenzo Nuvoletta 1991 auf sieben und sechs Milliarden Dollar geschätzt. Zwei Organi - sationen stritten sich seit zehn Jahren um Marseille. Die Neue Camor - ra unter Raffaele Cutolo und die Nuova Famiglia der Clans Volgro und Giuliano.
    Zucca hatte sich entschieden, für die Nuova Famiglia. Prostitution, Nachtbars und Glücksspiel hatte er anderen überlassen. Einen Teil der arabischen Mafia, den anderen den Marseiller Ganoven. Für Letztere verwaltete er diesen traurigen Rest des korsischen Impe - riums. Seine wirklichen Geschäfte machte er mit dem Camorristen Michèle Zaza, auch O Pazzo, der Verrückte, genannt. Zaza operierte auf der A chse Neapel-Marseille-Sint Maar tens, dem holländischen Teil der Insel Saint Martin in der Karibik. Für ihn brachte er den Erlös aus dem Drogengeschäft in Supermärkten, Restaurants und Immobilien in Umlauf. Der Boulevard Longchamp, einer der schönsten der Stadt, gehörte praktisch ihnen.
    Ich hatte Babette erzählt, dass Ugo Zucca niedergeschossen hatte. Um Manu zu rächen. Und dass ich mir nicht vorstellen konnte, wer ihm diese Idee in den Kopf gesetzt hatte und warum. Ich rief Batisti an.
    »Fabio Montale. Sagt dir das was?«
    »Der Bulle«, antwortete er nach einer kurzen Pause.
    »Der Freund von Manu und Ugo.« Ein kurzes, ironisches Lachen. »Ich will dich sehen.«
    »Ich bin im Moment sehr beschäftigt.«
    »Ich nicht. Ich habe sogar mittags Zeit. Und ich möchte gern, dass du mich an einen ruhigen Ort

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