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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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gegen sie alle. Nur eine Anklage gegen Mourrabed. Den Letzten auf der Liste. Einen Araber. Das geborene Opfer, wie üblich. Babette konnte nicht mal einen Artikel darüber schreiben. Sie hatte strikte Anweisungen: Fakten, nichts als Fakten. Damit hatte sie sich bei der Zeitung einen Namen gemacht.
    Ich wollte auch nicht den Arm der Gerechtigkeit spielen. Ich sah für mich überhaupt keine Rolle mehr. Nicht mal die des Bullen. Ich sah gar nichts mehr. Ich war durchgeknallt. Hass, Gewalt, Ganoven, Bullen, Politiker ... Und das Elend als Nährboden. Arbeitslosigkeit, Rassismus. Wir waren alle wie Insekten in einem Spinnennetz. Wir strampelten, aber am Ende würde die Spinne uns fressen.
    Aber ich musste noch mehr wissen. »Und was hatte Manu mit all dem zu tun?«
    »Er hat Bruneis Tresor nie geknackt. Er hat mit ihm verhandelt. Gegen Zucca. Er wollte noch mehr für sich herausschlagen. Sehr viel mehr. Er hat den Bogen überspannt, glaube ich. Zucca hat ihm das nicht verziehen. Als Ugo mich aus Paris anrief, begriff ich, dass ich meine Revanche bekommen würde.«
    Er hatte schnell gesprochen. Als schütte er sein Gewissen aus. Aber zu schnell.
    »Welche Revanche, Batisti?«
    »Was?«
    »Du hast von Revanche gesprochen.«
    Er sah zu mir auf. Zum ersten Mal war er ehrlich. Sein Blick trübte sich. Er verlor sich in Regionen, in denen ich nicht existierte.
    »Ich mochte Manu gern, weißt du«, stotterte er.
    »Aber Zucca nicht, oder?«
    Er antwortete nicht. Ich würde nichts mehr aus ihm herausholen. Ich hatte einen wunden Punkt getroffen. Ich stand auf.
    »Du lügst immer noch, Batisti.« Er hielt den Kopf gesenkt. Ich neigte mich zu ihm: »Ich werde weitermachen. Herumschnüffeln. Bis ich Bescheid weiß. Alles. Ihr kommt alle dran. Simone auch.«
    Es tat mir wahnsinnig gut, meinerseits zu drohen. Sie hatten mir nicht die Wahl der Waffen gelassen.
    Schließlich sah er mich an, ein bösartiges Grinsen auf den Lippen. »Du Schwachkopf«, sagte er.
    »Wenn du mich umlegen willst, mach schnell. Für mich bist du ein toter Mann, Batisti. Und die Idee gefällt mir. Weil du nur ein Stück Scheiße bist.«
    Ich ließ Batisti mit seiner Mandelmilch sitzen. Draußen knallte mir die Sonne voll ins Gesicht. Ich hatte den Eindruck, das Leben wieder gefunden zu haben. Das richtige Leben. Wo das Glück aus einer Ansammlung kleiner, unbedeutender Nichtigkeiten besteht. Ein Sonnenstrahl, ein Lächeln, Wäsche, die vor einem Fenster trocknet, ein Junge, der eine Konservendose vor sich herkickt, eine Melodie von Vincent Scotto, ein leichter Windstoß unter den Rock einer Frau ...

Dreizehntes Kapitel
    In dem Dinge passieren, die man nicht
durchgehen lassen kann

    Ich blieb ein paar Sekunden reglos vor Chez Félix stehen. Von der Sonne geblendet. Wenn mich jemand an dieser Stelle umgelegt hätte, ich hätte ihm glatt verziehen. Aber niemand lauerte mir an der Straßenecke auf. Das Treffen fand woanders statt. Ich hatte mir den Ort nicht ausgesucht, aber ich ging hin.
    Ich spazierte die Rue Caisserie hinauf und nahm die Abkürzung über die Place de Lenche. Immer wenn ich an der Bar Le Montmartre vorbeika m , konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Montmar - tre war hier so fehl am Platz. Ich nahm die Rue Sainte-Françoise und ging zu Ange ins Treize-Coins, zeigte auf die Flasche Cognac und trank ex. Er hatte sich mit der Flasche in der Hand vor mir aufge - baut. Ich bedeutete ihm, mir nachzuschenken, und trank wieder ex aus.
    »Wie gehts?«, fragte er leicht beunruhigt.
    »Bestens! Es ging mir nie besser!« Und hielt ihm mein Glas hin. Ich setzte mich auf die Terrasse, neben einen Tisch mit Arabern.
    »Aber wir sind Franzosen, du Idiot. Wir sind hier geboren. Ich kenne Algerien überhaupt nicht.«
    »Du Franzose, du. Wir sind die unfranzösischsten Franzosen, die es gibt. Ja, das sind wir.«
    »Und wenn die Franzosen nichts mehr von dir wissen wollen, was machst du dann? Drauf warten, dass sie dich abknallen. Ich hau ab.«
    »Was du nicht sagst. Und wohin, du Idiot? Hör auf zu spinnen.«
    »Die können mich mal. Ich bin Marseiller. Ich bleibe hier. P unkt. Und wenn sie mich suchen, finden sie mich.«
    Sie waren aus Marseille, mehr Marseiller als Araber. Mit derselben Überzeugung wie unsere Eltern. Wie Manu, Ugo und ich vor fünfzehn Jahren. Ugo hatte einmal gefragt: »Bei mir und Fabio zu Hause sprechen wir Neapolitanisch. Bei dir Spanisch. In der Schule lernen wir Französisch. Was sind wir denn eigentlich?«
    »Araber«, hatte Manu

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