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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Aschenbecher.«
    Ein großer Glasaschenbecher, den ich mit Kippen gefüllt hatte, seit ich hier war. Toni war vor Schreck zu Boden gegangen und hatte sein Schießeisen fallen lassen. Yasmine hatte die Waffe mit einem Fußtritt unter den Schrank befördert. Da lag sie übrigens immer noch. Toni hatte sich auf den Bauch gedreht und versucht aufzu - stehen. Driss hatte sich auf ihn geworfen und ihm den Hals zugedrückt. »Arschloch! Arschloch!«, schrie er.
    »Mach ihn fertig!«, hatten Yasmine und Kader ihn angefeuert. Driss drückte mit aller Kraft, aber Toni wehrte sich noch. Karine schrie: »Er ist mein Bruder!« Sie weint e. Sie flehte. Sie zerrte Driss a m Arm, damit er losließ. Aber Driss war nicht mehr er selbst. Er ließ seiner Wut freien Lauf. Leila war nicht nur seine Schwester gewesen. Sie war seine Mutter. Sie hatte ihn aufgezogen, verwöhnt, geliebt. Das konnte man ihm nicht antun. Ihm seine zwei Mütter nehmen.
    Die vielen Stunden Training mit Mavros steckten in seinen Armen.
    Toni war stark bei Schwächeren. Bei Sanchez und den anderen. Der Stärkere, mit einer Waffe in der Hand. Hier war er verloren. Er wusste es in dem Augenblick, als Driss' Hände seinen Hals packten. Und zudrückten. Tonis Augen flehten um Gnade. Das hatten seine Kumpel ihm nicht beigebracht. Der Tod, der sich Zentimeter um Zentimeter in den Körper einschleicht. Atemnot. Panik. Angst. Ich hatte neulich, in der Nacht, eine Ahnung davon bekommen. Driss war so kräftig wie Monsieur Muskel. Nein, so wollte ich nicht ster - ben.
    Karine umklammerte Driss' Brust mit ihren schwachen Armen. Sie schrie nicht mehr. Sie weinte und wiederholte: »Nein, nein, nein.« Aber es war zu spät. Zu spät für Leila, die sie liebte. Zu spät für Toni, den sie liebte. Zu spät für Driss, den sie auch liebte. Mehr als Leila. Viel mehr als Toni. Driss hörte nichts mehr. Nicht einmal Yas - mine, die schrie: »Hör auf!« Er drückte noch immer, mit geschlos - senen Augen.
    Lächelte Leila Driss zu? Lachte sie? Wie an jenem Tag ... Wir waren zum Baden nach Sugitton gefahren. Den Wagen hatten wir auf einem flachen Stück am Gineste— Pass stehen lassen und wanderten auf einem Pfad durch das Puget-Massiv bis zum Col de la Gardiole. Leila wollte das Meer ganz oben von der Devenson-Felswand aus sehen. Sie war nie wieder hingekommen. Es war einer der erhabensten Orte der Welt.
    Leila ging vor mir. Sie trug kurze, ausgefranste Jeans und ein weißes Top. Ihre Haare hatte sie unter eine weiße Leinenkappe gesteckt. Schweißperlen rannen ihren Hals hinunter. Für kurze Momente glitzerten sie wie Diamanten. Meine Augen waren der Spur der Schweißtropfen unter ihrem Oberteil gefolgt. Am Kreuz entlang bis zur Taille. Bis zur Po-Ritze.
    Sie ging mit der ganzen Geschmeidigkeit ihrer Jugend. Ich sah, wie ihre Muskeln sich spannten, von den Knöcheln bis zu den Schenkeln. Sie kletterte ebenso anmutig in den Hügeln herum, w ie sie auf der Straße in hohen Hacken ging. Begehren überkam mich. Es war früh, aber in der Hitze rochen die Pinien schon stark nach Harz. Ich stellte mir den Harzduft zwischen Leilas Schenkeln vor. Seinen Geschmack auf meiner Zunge. In dem Moment wusste ich, dass ich meine Hände auf ihren Hintern legen würde. Dass ich sie an mich drücken würde. Ihre Brüste in meinen Händen. Dass ich sie streicheln und ihre Shorts aufknöpfen würde.
    Ich war stehen geblieben. Leila hatte sich umgedreht, ein Lächeln auf den Lippen.
    »Ich gehe vor«, hatte ich gesagt.
    Im Vorbeigehen hatte sie mir lachend einen Klaps auf den Hintern gegeben.
    »Worüber lachst du?«
    »Über dich.«
    Glück. Einen Tag lang. Zehntausend Jahre ist es her.
    Später, am Strand, hatte sie mich über mein Leben und die Frauen in meinem Leben ausgefragt. Ich habe nie über die Frauen sprechen können, die ich geliebt hatte. Ich wollte diese Liebesgeschichten für mich behalten. Darüber zu sprechen, brachte hässliche Worte, Tränen und knallende Türen zurück. Und die Nächte danach in Laken, so zerknittert wie das Herz. Ich wollte nicht. Ich wollte, dass meine Liebe weiterlebte. Mit der Schönheit des ersten Blicks. Der Leidenschaft der ersten Nacht. Der Zärtlichkeit des ersten Morgens. Ich hatte irgendetwas geantwortet, so vage wie möglich. Leila hatte mich seltsam angesehen. Dann hatte sie von ihren Liebhabern gesprochen. Sie konnte sie an einer Hand abzählen. Die Beschrei - bung ihres Traumprinzen, was sie von ihm erwartete, hatte die Züge eines Porträts. Ich mochte

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