Marsha Mellow
Stelle kündigen und das Angebot von Vanity Fair annehmen. Vor lauter Verliebtheit kann ich nicht mehr klar denken.«
Mein Herz klopft bis zum Hals. Am liebsten würde ich meinem Herzen nachgeben und mich in seine Arme werfen ... Aber, verflucht, das geht nicht - schließlich bin ich Profi.
»Um Gottes willen, quälen Sie mich nicht länger und sagen Sie endlich etwas«, fleht er. »Was denken Sie?«
»Na los, Amy, was denken Sie?«, fragt Lewis, während sich seine Augen verengen.
Ich schrecke aus meinem Tagtraum hoch und betrachte den Haufen, der um seinen Schreibtisch versammelt ist. Da ist zum einen Fiona, die für die Unterhaltung zuständig ist, obwohl sie im Grunde wenig Unterhaltsames zu sehen bekommt, sondern das miteinander verwurschtelt, was sie in anderen Zeitschriften entdeckt. Des Weiteren ist da noch Chris, seines Zeichens Journalist mit Schwerpunkt... keine Ahnung, mit welchem Schwerpunkt - wahrscheinlich bastelt er an seinem Lebenslauf.
Und dann gibt es noch Deedee, Lewis‘ Assistentin.
Deedee macht sich gerade Notizen, wobei sie mich immer wieder misstrauisch beäugt - sie hält Lewis nämlich für ihr persönliches Eigentum, und jedes Mal, wenn ich sein Büro betrete, vermittelt sie mir das Gefühl, ich hätte durch mein unbefugtes Eindringen die Todesstrafe verdient. Als Chefsekretärin denkt sie, dass sie über mir steht. Falsch, sie denkt, dass sie über allen anderen steht.
Das Meeting dauert schon zwanzig Minuten, wobei ich keine einzige Kritik beigetragen habe, weder sachlich fundiert noch sonst wie. Stattdessen schwelgte ich in meinem albernen Tagtraum. Wenigstens musste ich mich so nicht mit den widerlichen Aussichten befassen, die Mary mir am Telefon unterbreitet hat.
Aber jetzt fragt Lewis nach meiner Meinung.
Worüber eigentlich?
Mal wieder nicht aufgepasst, was?
»Ich denke ... äh ... es ist ziemlich ... gut«, sage ich in der Hoffnung, dass er mich danach in Ruhe lässt.
»Heißt das, Sie würden bereitwillig zu einer Zeitschrift greifen, wenn darin ein Artikel über einen Street Dance Workshop stünde? Komisch, ich hätte Sie gar nicht für so sportbegeistert gehalten«, entgegnet er, ohne mit der Wimper zu zucken.
Sofort laufe ich knallrot an, während Deedee mit einem versteckten Grinsen zu mir herübersieht - ohne Zweifel fühlt sie sich jetzt in ihrer Ansicht bestärkt, dass die zweitunwichtigste Person in dieser Firma (nach der Akne geschädigten Kopiergerätewärterin) bei einem Vorstandsmeeting nichts verloren hat. Und, auch wenn es mich schmerzt, es zugeben zu müssen, so hat sie in diesem Fall wirklich Recht. Was zum Teufel habe ich hier verloren? Bestimmt denkt Lewis gerade dasselbe.
»Jetzt hören Sie mir mal alle gut zu«, sagt er unvermittelt, »Amy ist sichtlich zu Tode gelangweilt...«
Ich spüre, dass ich noch stärker erröte - eine Fleischtomate unter einer mausgrauen Perücke.
»... und ich kann ihr deswegen keinen Vorwurf machen. Ich bin nämlich ebenfalls tödlich gelangweilt. Das können wir besser. Mal sehen, ob wir in der Tagespresse auf etwas Zündendes stoßen.«
Oh bitte, alles, bloß das nicht.
Meine stumme Bitte verhallt ungehört, und Lewis greift sich einen Stapel Zeitungen von seinem Schreibtisch und lässt ihn vor uns auf den Tisch plumpsen. Arsch. Natürlich liegt die beschissene Mail obenauf.
»Mann, die steht auf allen Titelseiten«, bemerkt Fiona und deutet auf das Phantombild der Frau mit derselben verdammten Frisur wie ich.
»Na ja, Sex verkauft sich nun einmal gut«, erwidert Lewis, »selbst dann, und das ist die Ironie dabei, wenn man ihn verdammt wie die Mail. Offenbar hat diese Frau den Nerv getroffen. Hat übrigens jemand das Buch schon gelesen?«
Warum sehen alle mich an? Das alles hier bilde ich mir bestimmt ein - wieder einer von diesen absurden Tagträumen. Nichtsdestotrotz weiß ich, dass dies keine Einbildung ist, zumal die Riverdance-Truppe mittlerweile Verstärkung bekommen hat in Form eines Cancan-Balletts und einer Conga-Band.
Offenbar amüsieren sie sich köstlich da drin, ich jedoch habe Schwierigkeiten zu atmen.
Nachdem Lewis auf seine Frage keine Antwort bekommt, meint er: »Ich habe mir vor ein paar Wochen das Buch von meiner Schwester geliehen ...«
OberverfluchteheiligeScheiße , das kann unmöglich wahr sein. Würde mir jetzt bitte jemand sagen, dass die bei Starbucks mir heute Morgen LSD in den Cappuccino gegeben haben?
»... und obwohl es deutlich die junge, weibliche Leserschaft anspricht, fand
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