Marsha Mellow
drangehen?«
Ich nicke.
Sie hebt ab und trällert los: »Sekretariat Ms. Bickerstaff. Was kann ich für Sie tun?« Gleich darauf legt sie die Hand über die Sprechmuschel und flüstert mir zu: »Die Frau mit der Chose. Willst du annehmen oder soll ich ihr sagen, sie soll sich die Chose in ihren Dingsbums stecken?«
Ich greife nach dem Hörer - ich glaube, damit kann ich umgehen.
»Manchmal habe ich das Gefühl, genauso wenig Ahnung zu haben wie deine arme Mutter«, legt Mary los, bevor ich zu Wort komme. »Du hast mir gar nicht erzählt, dass du neuerdings eine eigene Sekretärin hast.«
»Hab ich auch nicht, glaub mir... Was ist das für ein Geräusch?«
Es klingt wie ein lang gezogener Furz. Von einem riesigen Elefanten.
»Das Signalhorn von einem Frachter, der gerade vorbeifährt, Engelchen. Ich rufe nämlich von einem öffentlichen Telefon an der Uferstraße an.«
»Warum das denn?«
»Mein Geschäftsanschluss ist zu riskant. Bin mir nämlich ziemlich sicher, dass die von der Mail ihn angezapft haben. Hab meine Beschatterin gestern Abend dabei erwischt, wie sie in meinem Müll herumgewühlt hat. Zum Glück war ich einen Schritt schneller. Ich habe ihn nämlich heimlich mit einer geräucherten Makrele aus meinem Kühlschrank präpariert, deren Haltbarkeitsdatum schon länger überschritten war. Jetzt kann ich die blöde Kuh in ganz Soho wittern - war vielleicht doch nicht so schlau von mir. Egal. Aber zurück zum Geschäftlichen. Es haben sich da ein paar Dinge getan ...«
Das gefällt mir nicht.
»Wir treffen uns morgen Mittag mit Jacobson.«
Das gefällt mir ganz und gar nicht.
»Ich habe uns eine Suite im Langham Hilton reserviert.«
Mann, wozu das denn? Ist das ein Mittagessen oder ein flotter Dreier?
»Aber denk jetzt bitte nicht, das Ganze wird in eine Melloweske Orgie ausarten.«
Oh.
»Mir war aber klar, dass du nur zustimmen würdest, wenn das Treffen hinter verschlossener Tür stattfindet, weit weg von neugierigen Blicken ... Also, was meinst du?«
»Bin mir nicht sicher.«
»Was spricht denn gegen dieses Treffen? Hör ihn doch erst mal an. Danach kannst du dich immer noch entscheiden. Und ich verspreche, keinen Druck auf dich auszuüben, damit du unterschreibst. Das bleibt allein deine Entscheidung. Einzig und allein.«
»Ich weiß nicht.«
»Engelchen, du wirst es dir jahrelang nicht verzeihen können, wenn du das Treffen absagst.«
»Du hast versprochen, keinen Druck auszuüben«, fahre ich sie an.
»Ich sagte, ich übe keinen Druck aus, dass du unterschreibst.
Ich bin der vollen Überzeugung, dass es ein schwerer Fehler wäre, das Treffen abzusagen. Du wirst dich dein ganzes Leben lang fragen, was wohl gewesen wäre, wenn ... Und du wirst in eine schlimme Depression stürzen. Auf Prozac hängen bleiben, und das in so jungen Jahren. Mit einem Bein in der Klapsm...«
»Also gut, also gut, ich komme.«
»Hervorragend. Wunderbar. Glaub mir, es ist das Richtige ...«
Was genau dem entspricht, was Lisa über den Privatdetektiv gesagt hat.
»Übrigens möchte ich dir noch einen Rat geben, wenn du erlaubst. Putz dich raus.«
»Inwiefern?«
»Na, beispielsweise mit einem Kleid, Schätzchen. Irgendwas Raffiniertes. Ich will nicht respektlos sein, aber ich habe dich bislang lediglich in Jogginghosen beziehungsweise in bewundernswert braven Röcken gesehen. Wenn du in etwas schlüpfst, das einen kleinen Vorgeschmack auf dein Buch bietet, könnte das eventuell Jacobsons Hand beflügeln, mit der er den Scheck unterschreibt. Mag sein, dass er im Literaturbetrieb arbeitet, aber er ist auch nur ein Mann ... Und der ganz besonders. Wie kann ich das nur delikat ausdrücken? Er braucht ein wenig optische Stimulanz.«
»Verstehe«, sage ich bestürzt, »ich stimme einem stinknormalen Geschäftstreffen zu, und du willst, dass ich mich wie eine Nutte anziehe.«
»Ich entschuldige mich, Engelchen. Da bin ich wohl zu weit gegangen. Ich führe mich auf, als wäre ich dein Zuhälter - was ich auf eine schräge Art wahrscheinlich auch bin. Zieh an, was du willst. Mein Geld ist fast alle. Ich lass dich jetzt mit den besten Wünschen allein. Wir treffen uns morgen um eins. In der Lobby. Sollte ich mich ein wenig verspäten, mach dir keine Sorgen - dann versuche ich nämlich bestimmt gerade, meine Verfolgerin abzuhängen. Da, jetzt piept es. Ciaoi.«
Sie legt auf, während mir der Kopf schwirrt.
»Du überraschst mich immer wieder, Amy. Für wen sollst du dich wie eine Nutte anziehen?«, fragt
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