Marsha Mellow
Mannomann, der ist aber ganz schön moppelig geworden, was? Wir wären fast zusammen in der Drehtür stecken geblieben. Ich weiß, ich sollte nicht so große Töne spucken, aber selbst eine ganze Armada aus persönlichen Fitnesstrainern müsste harte Geschütze auffahren, bis er wieder als Achtundzwanzigjähriger durchgeht. Wirklich tragisch ...Jetzt aber Schluss damit. Meine Güte, ich bin heute nur am Quasseln. Begeben wir uns in unsere Suite und erwarten den Mann mit dem Scheckbuch.«
Als ich mich erhoben habe, mustert sie mich von oben bis unten und stößt hervor: »Gütiger Himmel, Amy, ich habe nicht damit gerechnet, dass du mich so wörtlich nimmst. Du siehst... außergewöhnlich aus.«
»Ich krieg kaum Luft, falls es dich interessiert.«
Ich versuche, den Saum meines Kleides auf eine anständigere Höhe herunterzuziehen, aber der Stoff umspannt meine Schenkel derart straff, dass jegliche Bewegung schwer fällt - jetzt macht sich zudem die abgeschnürte Blutbahn durch ein taubes Gefühl in den Füßen bemerkbar.
»Aber dafür siehst du echt umwerfend aus«, sagt Mary, während ich ihr an die Rezeption hinterherstöckele, »und wenn Jacobson die Zunge bis zum Boden hängt, ist das kein Wunder. Trotzdem hättest du dir keine neue Garderobe kaufen müssen.«
»Hab ich auch nicht. Das stammt alles von Lisa.«
Gestern Abend habe ich meine Schwester angerufen. Sie hat meine Angst vor den J-Männern nicht geteilt. Ganz im Gegenteil. Während es für mich ein Albtraum in Stereo ist, sieht sie darin die Chance, im großen Stil abzusahnen, und ihr erster Gedanke war die Kleiderfrage.
»Wenn du auf deinen Verleger Eindruck machen willst, dann musst du dich genauso scharf anziehen wie du Bücher schreibst«, begann sie.
»Von Büchern kann keine Rede sein«, korrigierte ich. »Ach, das nächste kommt bestimmt«, wischte sie meinen Einwand beiseite. »Und was bei deinem Verleger funktioniert, funktioniert auch bei Jake.«
»Jake wäre der Letzte, den ich auf diese Art beeindrucken möchte«, widersprach ich.
»Das meine ich auch nicht. Du sollst ihm doch einfach nur vorführen, was ihm entgeht. Hast du denn was Passendes?«
»Ahm ...«
»Dachte ich es mir doch. Ich bin in einer halben Stunde bei dir.«
Kurz darauf erschien sie mit einem Müllsack voller gewagter Klamotten. »Das kann ich nicht anziehen«, protestierte ich, als sie meine Möpse in die Perlencorsage des Kleides zwängte. »Das sieht aus, als hätte ich zwei Torpedos versteckt, die jeden Moment losfeuern.«
»Genau, perfekt. Es gibt nur drei Dinge, die Männer interessieren - Möpse, Fußball und Kampfwaffen. Nimm zwei davon, und der Erfolg ist dir gewiss. So, dazu habe ich auch noch die perfekten Schuhe«, meinte sie und kramte wieder in dem Müllsack. »Aber Vorsicht, in denen musst du aufpassen, dass du nicht mit dem Kopf gegen irgendwelche tief hängenden Kronleuchter stößt.«
In der Suite nehme ich auf einem der beiden Sofas Platz, wo ich als Erstes Lisas zehn Zentimeter hohe Hacken abstreife und meine malträtierten Füße massiere. Allmählich habe ich ernsthafte Schwierigkeiten, in diesem Kleid Luft zu bekommen, sodass ich versucht bin, es einfach auszuziehen und mich stattdessen in einen der hoteleigenen, flauschigen weißen Bademäntel im Bad zu hüllen - aber was würde das für einen Eindruck auf Jacobson machen?
Warum lasse ich mich immer wieder auf die Schnapsideen meiner Schwester ein? Gestern die Sache mit dem Amateurdetektiv und heute die Nummer mit dem kleinen Schwarzen sind die aktuellsten Beispiele. Aber die größte Schnapsidee von ihr war die, dafür zu sorgen, dass mein Buch veröffentlicht wird. Wäre Lisa nicht gewesen ... Tja, dann würde ich jetzt nicht in einem Fünf-Sterne-Hotel sitzen und eine chronische Körperdeformierung riskieren.
»Übrigens pfeifen es die Spatzen von den Dächern«, verkündet Mary, als sie wieder aus dem Bad kommt, »dass es nächste Woche eine neue Nummer eins in den Charts geben wird.«
Wen? Gareth Gates? S Club Preschool? Oder ist die neue von Robbie schon draußen? Ich wusste gar nicht, dass Mary sich für moderne Popmusik interessiert.
»Ringe schlägt ein wie eine Bombe.«
Ach du meine Güte, sie meint die Bestsellerliste. »Das ist unglaublich ... Nummer eins?«, bringe ich hervor. »Das kann nicht sein.«
»Mein Spion in dem größten Laden von Waterstone hat mir gesteckt, dass er seit dem letzten Harry Potter nichts Vergleichbares erlebt hat. Wenn Mrs. Rowling mit dir
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