Marshall McLuhan
nur schwarze Rollkragenpullover tragen würde. Ihm zufolge waren Marshalls Ideen brillant, aber häufig erschreckend bilderstürmerisch.
Der klassische Theoretiker griechischer Philosophie Eric Havelock .
Feinde
Der schon fast klischeehaft pingelige Junggeselle A. S. P. Woodhouse , Leiter des Fachbereichs Englisch. Er hasste, hasste,
hasste
Marshall und sah in ihm den New Criticism und das Ende der Dynastie, der er seit Ewigkeiten vorstand.
Die meisten von Marshalls Kollegen . In ihren Augen war er ein Spinner mit einer seltsamen sozialen Inkompetenz. Seine hochtrabende, streitlustige Art empfanden sie als Bedrohung und seine Ignoranz gegenüber herkömmlichen Unterrichtsmethoden als Beleidigung.
Der Literaturkritiker Northrop Frye, Dozent am Victoria College, das ebenfalls zur U of T gehörte. Die beiden konnten sich nicht ausstehen und trugen eine regelrechte Fehde aus, die den gesamten Campus auf Trab hielt. Man vermutet, dass zur allgemeinen Unterhaltung auf beiden Seiten das Feuer geschürt wurde.
Jehoshaphat!
1947 wurde Marshall und Corinne eine dritte Tochter geboren. Marshall stellte fest, dass eine Familie Geld kostete. Er war bald vierzig und in finanzieller und akademischer Hinsicht allmählich frustriert, in einem katholischen College festzustecken. Um Elsies Goldjunge zu werden, würde er sich ziemlich bald etwas einfallen lassen müssen, und was das betraf, war am Fachbereich Englisch der Universität von Toronto definitiv nichts zu holen.
1948 fuhr Marshall mit seinem Freund Hugh Kenner nach Washington, D. C., Sie wollten Ezra Pound besuchen, einen in Idaho geborenen amerikanischen Dichter, Kritiker und Intellektuellen und einer der bedeutendsten Vertreter der Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Kenner wurde schließlich
der
Biograph und Experte für Pound.
Als begeisterter Anhänger von Mussolini war Pound 1939 nach Italien gegangen und zu einem wichtigen Propagandisten der Achsenmächte im italienischen Radio geworden. 1943 wurde er von der US-amerikanischen Regierung in absentia des Landesverrats angeklagt und später zurück in die USA gebracht. Um das Land davon abzuhalten, einen seiner größten Dichter hinzurichten, wurde Pound für unzurechnungsfähig erklärt und landete im St. Elizabeth’s Krankenhaus in Washington, D. C., wo er zwölf Jahre von 1946 bis 1958 verbrachte. Er stirbt 1972.
Für Marshall verkörperte Pound all das, was die moderne Literatur des frühen 20. Jahrhunderts ausmacht – Intelligenz, Verrücktheit und eine knisternde Seltsamkeit –, und seine Fangemeinde war vergleichbar mit der eines Rockstars. Über das Verhältnis zwischen den beiden ist nicht viel bekannt, außer, dass es vor allem von Marshalls Seite ausging. Pound konnte mit Marshalls Ideen und Artikeln, die er in sein Washingtoner Irrenhaus geschickt bekam, nicht viel anfangen.
Die Verbissenheit, mit der Marshall sowohl Pound als auchWyndham Lewis hofierte, zeugt nicht zuletzt von dem tiefen Respekt dafür, dass die Modernisten der Literatur des 19. Jahrhunderts den Garaus gemacht hatten, und bringt vielleicht zum Ausdruck, wie gern er selbst dabei gewesen wäre.
Im selben Zug begeisterte sich Marshall 1950 für James Joyces Roman
Finnegans Wake
(1939), eine freie Assoziationsorgie mehrsprachiger Wortspiele und Kofferwörter (Kunstwörter, die aus miteinander verschmolzenen Wortsegmenten entstehen). Wortspiele, sagten Sie? Ein Traum für Marshall, dessen Faszination dafür schon krankhaft war. Kaum war seine Leidenschaft für das Buch entbrannt, verfiel er in einen tiefen irischen Akzent und las seinen Freunden und Studenten Passagen daraus vor.
Jehoshaphat, what doom is there here!
Dass der Schreibstil, die literarischen Anspielungen, die Traumassoziationen und der Verzicht auf Konventionen wie Plot und Charakterentwicklung die Rezeption durch ein breiteres Publikum weitgehend verhindert hatten, machte das Buch für Marshall noch verlockender. Er sah in ihm einen potenziellen Stein von Rosette – eine vereinheitlichte Kulturtheorie, die eine optimale Balance zwischen einem hörenden und einem sehenden Verständnis der Welt vorgab. Außerdem verkörperte das Buch für Marshall den Sündenfall des Menschen im 20. Jahrhundert, in eine Welt, in der ein gesundes seelisches Ökosystem durch das Aufkommen elektronischer Medien und einer Störung des Gleichgewichts unserer Sinne extremen Schaden nimmt.
Finnegans Wake
blieb ein Prüfstein, an dem er nahezu seine gesamte spätere
Weitere Kostenlose Bücher