Marter: Thriller (German Edition)
wachsames Auge auf Sie haben werden, während Sie an der Festplatte arbeiten.« Sie hielt abwehrend die Hand hoch, um jegliche Einwände seinerseits gleich vorab zu unterbinden. »Ich weiß, ich weiß – ich bin mir sicher, wenn Sie wollten, könnten Sie sich Daten von der Festplatte ziehen, ohne dass ich das mitbekomme. Der Punkt ist nur, allein indem ich Sie das Ding anfassen lasse, verstoße ich gegen die Regeln. Daher muss ich Schadensbegrenzung betreiben, sodass ich mich lediglich der sträflichen Vernachlässigung schuldig mache und nicht gleich einer völlig idiotischen Leichtgläubigkeit Ihnen gegenüber. Was mich zu meinem zweiten Punkt bringt. Soweit ich es sehe, weigern Sie sich ja auch weiterhin, in das Innere von Carnivia vorzudringen und uns zu sagen, was dort vor sich geht. Daher will ich Sie ein letztes Mal fragen, ohne dass irgendwelche Richter und Anwälte anwesend wären: Gibt es irgendetwas in Ihrer Macht Stehende, was Sie noch nicht unternommen haben, um diese Informationen aufzuspüren?«
Völlig ruhig begegnete er ihrem Blick. »Es gibt eine Möglichkeit.«
»Fahren Sie fort.«
»Als ich einer der Priesterinnen auf Carnivia gefolgt bin, da stieß ich auf eine Kiste mit einem ste ć ak -Symbol darauf, ganz ähnlich denen, die Sie auf Poveglia gefunden haben. Mir wurde klar, dass die Kiste eine Art Speicher sein musste – ein Weg, wie Einzelpersonen große Datenmengen austauschen können.«
»Und?«, hakte Kat nach.
»Ich fand heraus, dass mehrere Speicher dieser Art auf Carnivia nachträglich mit diesem Zeichen versehen wurden. Ganz offensichtlich wurden sie dazu benutzt, um Ordner zu einem speziellen Projekt zu übermitteln. Die wahrscheinlichste Hypothese, wie mir scheint, ist die, dass es etwas mit Ihren Morden zu tun hat, da in mindestens einem Fall derjenige, der auf die Informationen wartete, diese nicht abgeholt hat.«
»Wer war der Empfänger?«
»Ich weiß es nicht. Dazu benötige ich den Algorithmus, den Schlüssel zur Dechiffrierung, mit dem Barbara Holton sich normalerweise eingeloggt hat. Und der muss automatisch auf ihrer Festplatte gespeichert worden sein, zusammen mit ihren anderen persönlichen Daten. Wenn ich mir diese Informationen besorgen kann, dann weiß ich, für wen sie in Wirklichkeit gearbeitet hat. Aber ich würde fast wetten wollen, dass es nicht Bob Findlater war.«
49
Ein Auge auf Daniele zu haben, während er an der Festplatte herumtüftelte, stellte sich allerdings als weit komplizierter heraus, als Kat vermutet hatte. In ihrer Naivität hatte sie erwartet, er würde die Festplatte einfach an einen Computer anschließen und dann ein paar Testläufe darauf durchführen. Doch wie sich herausstellte, war das Erste, wonach er verlangte, ein sauberes Arbeitszimmer.
Und mit »sauberem Arbeitszimmer«, so wurde ihr nach und nach klar, war nicht gemeint, mal eben einen Raum zu staubsaugen.
»Um eine Festplatte zu restaurieren, muss ich sie auseinandernehmen und die Rückstände vom Meerwasser von Hand von den Festplatten entfernen«, erklärte er. Angesichts ihrer Unwissenheit entfuhr ihm ein Seufzen. »Computerfestplatten sind aus gutem Grund hermetisch abgedichtete Einheiten. Gewöhnliche Atemluft enthält mikroskopisch kleine Staubpartikel, die die Platten abschmirgeln würden wie Sandpapier. Ich benötige also einen abgeschlossenen Raum, in dem ausschließlich gefilterte Luft zirkuliert.«
Daniele machte sich also mithilfe von Material aus einem Baumarkt daran, eine abgeschlossene Kabine zu zimmern mit eigener Klimaanlage und ausgekleidet mit Kohlefaserplatten, um die Gefahr von elektrostatischen Ladungen zu verringern. Er erwies sich als methodischer und äußerst akribischer Handwerker, der keine Kompromisse zuließ und stets sicherging, dass alles perfekt passte, ehe er sich an den nächsten Schritt machte.
Als die Kabine fertig war, stattete er sie mit einer separaten Stromversorgung aus, um Überspannungen zu vermeiden, sowie mit einem Ionisator, um unerwünschte Ladungen abzuleiten. Die speziellen Werkzeuge mit Plastikgehäuse wurden vorab gereinigt und entmagnetisiert, ehe sie auf der mit Kohlefaser verkleideten Werkbank landeten. Erst dann zog er den weißen Schutzanzug aus Plastik über, wie ihn Gerichtsmediziner verwendeten, und betrat die Kabine mit der Festplatte.
Die Bude musste verschlossen bleiben, wenn er arbeitete, doch hatte er sich widerstrebend einverstanden erklärt, eine Videokamera zu installieren, damit ihn die beiden Frauen
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