Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
Vom Netzwerk:
Marcello verschränkte seine Finger und legte die Hände auf den Schreibtisch. Er nickte zufrieden, wie ein Mann, der – nicht zum ersten Mal – beeindruckt war von seiner eigenen Brillanz.
    »Zwei Betten«, sagte Kat nur.
    Marcello wirkte überrascht, dass sie die Unverfrorenheit besaß zu sprechen. »Ich bitte um Verzeihung, Capitano?«
    »Sie sagten das Bett. Diese Frauen aber teilten nicht das Bett. In dem Hotelzimmer befanden sich zwei Einzelbetten, und beide waren benutzt worden. Eigentlich deutet nichts darauf hin, dass sie lesbisch gewesen sein könnten.«
    Der Staatsanwalt machte eine wegwerfende Handbewegung. »Betten kann man auch zusammenschieben.«
    Ein weiterer Kritikpunkt, den man immer wieder gegen das italienische Rechtssystem erhob, war der, dass es Staatsanwälte dazu ermutigte, die absurdesten und blutigsten Theorien zu ersinnen, da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht dazu angehalten sind, sie mit stichfesten Beweisen zu untermauern – tatsächlich war es so, dass es sogar umso besser war, je blutrünstiger ihre Fantastereien waren, da ihnen dies ermöglichte, die nächsten Schritte einzuleiten. Das Verhalten der Staatsanwälte bei dem Prozess gegen die amerikanische Studentin Amanda Knox, der man vorwarf, ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher zu gewaltsamen und tödlichen Sexspielen gezwungen zu haben, hatte genau für derlei Kritiken vonseiten der internationalen Medien gesorgt.
    »Außerdem«, fügte Marcello jetzt hinzu, »selbst wenn sie nicht beabsichtigt hatten, ein Bett zu teilen, so könnten sie es doch aus einer Laune heraus, rein aus Neugier getan haben. Frauen sind in solchen Dingen viel freizügiger als Männer, wie ich glaube. Vielleicht hat sie allein die Tatsache, dass sie sich in Venedig befanden, dazu verlockt, es auszuprobieren, möglicherweise zum allerersten Mal.«
    Kat starrte ihn an, völlig fassungslos angesichts dessen, was sie da hörte. Die Zornesröte kroch ihr über die Wangen. Ihr war klar, dass sie kurz davor war, ihre Karriere zu beenden, noch ehe sie so richtig begonnen hatte, wenn sie Avvocato Marcello gleich erklärte, was genau sie von seiner Theorie hielt.
    »Wenn es tatsächlich so war, wie Sie behaupten, dann hat sie es also geschafft, sich unter der Dusche die Kugel zu geben, dann zum Fenster zu laufen und sich noch einmal zu erschießen«, sagte Piola rasch. »Und dabei noch ein Kissen als Schalldämpfer zu benutzen. Ach ja, nebenbei hat sie ihren Leichnam noch mit einem Laptop als Gewicht beschwert, damit er auch ja nicht an die Oberfläche treibt.«
    »Es sollen schon seltsamere Dinge vorgekommen sein.«
    »Natürlich. Ich verstehe das also so, Avvocato, Sie hätten gern, dass wir den Kanal noch einmal durchwühlen, um zu sehen, ob wir die Waffe finden, da im Falle, dass diese Theorie stimmt, diese ja unterhalb des Fensters gefunden werden müsste?«
    Marcello hielt kurz inne. »Nicht zwangsläufig, Colonnello. Es ist nämlich durchaus möglich, dass das acqua alta die Waffe durch den Kanal hinaus ins Meer gespült hat. Trotzdem können Sie sich gern verstärkt um das Auffinden der Waffe bemühen. Aber nicht, und ich betone noch einmal, nicht um irgendwelche angeblichen Internetmachenschaften oder Verschwörungstheorien zu entlarven oder – Gott bewahre – um unautorisierte Vorwürfe gegen das US -Militär zu erheben.«
    Piola nickte. »Nun, das war wirklich deutlich. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Avvocato.«

28
    Der venezianische Dialekt ist reich an obszönen Beschimpfungen, und Kat gelang es, mindestens vier von ihnen zu verwenden, noch ehe sie wieder auf der Straße standen.
    Piola blieb da deutlich gelassener. »Das ist doch ein ganz hilfreicher Test. Wenn er wirklich denkt, sein lächerliches Sexspieleszenario sei plausibel, dann könnte auch die Jury das finden. Wir suchen nach dieser Waffe. Wenn es uns auch sonst nichts bringt, wenigstens können wir das Ganze dann ausschließen. Organisieren Sie doch bitte ein Briefing mit den Tauchern, ja?«
    Wieder zurück am Campo San Zaccaria, erwartete sie allerdings die Nachricht, dass jemand sie sprechen wolle. »Er will uns seinen Namen nicht verraten«, erklärte Francesco Lotti ihnen. »Er behauptet, er hätte schon einmal mit Ihnen gesprochen. Ich habe ihn im Verhörraum warten lassen.«
    In dem Verhörraum fanden sie den jungen Fischer aus Chioggia vor, der ihnen von den Lichtern auf Poveglia erzählt hatte. Er wirkte nervös.
    »Lucio, nicht wahr?«, begrüßte Piola ihn. »Wie

Weitere Kostenlose Bücher