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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
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empfangen hat. Eine häretische Priesterin vielleicht; möglicherweise sogar ein Gräuel, wie die Kirche das nennt. Man kann sie dafür exkommunizieren. Man kann sie vor ein kirchliches Gericht stellen und sie ihres Amtes entheben. Doch den wesentlichen Grundsätzen des Katholizismus nach trägt sie für alle Zeit das »unauslöschliche Mal« der Priesterschaft, und es gibt keinen Grund, weshalb von ihr gesprochene Sakramente und Gebete, auch wenn sie nicht ganz rechtens sind, weniger Wirkung haben sollten als die anderer Priester.
    Wollen Sie mir deshalb weder Ihren echten Namen noch Ihren Aufenthaltsort nennen?
    Exakt. Die Kirche weiß oder hat zumindest den Verdacht, dass wir existieren. Sie wendet hohe Summen darauf auf, uns ausfindig zu machen. Und wenn sie uns findet, verfolgt sie uns.
    Inwiefern?
    Das ist unterschiedlich. Es gab da beispielsweise eine Priesterin in Chicago, Janine Denomme war ihr Name. Erst nach ihrem Tod im Jahr 2010 fand die Diözese heraus, dass sie die Priesterweihe empfangen hatte. Man verweigerte ihr eine Bestattung auf dem katholischen Friedhof und wollte nicht zulassen, dass sie in geweihter Erde ihre letzte Ruhe findet.
    Warum haben Sie sich dann darauf eingelassen? Wenn man ein solch hohes Risiko dafür eingeht, meine ich?
    Wieder entstand eine längere Pause. Dann schrieb sie:
    Ich kann nicht für all die anderen sprechen. Doch wir Christen glauben fest, dass der Empfang des Sakraments der Weihe einen Menschen verändert – ein unauslöschliches Mal bleibt in der Seele zurück. Das bedeutet, dass man dieses Etwas im tiefsten Inneren des eigenen Wesens spürt. Wenn man zur Priesterschaft berufen ist, wie es bei mir der Fall war, dann fühlt man sich nicht als vollständiger Mensch ohne die Weihe.
    Und wie sieht die Kirche das?
    Die findet das falsch. Schon richtig, dem kanonischen Recht nach kann nur ein ordentlich ordinierter Mann Sakramente darreichen. Doch ist in richterlichen Kreisen längst anerkannt, dass die Bibel nicht ganz eindeutig ist. Dass man Frauen die Ordination verweigern will, ist reine Misogynie. Eine männliche Laune im Gewand göttlichen Willens.
    In Ihrer letzten E-Mail erwähnten Sie »Katakombenweihen«. Worum handelt es sich da?
    Ein Katakombenpriester ist einer, der im Geheimen geweiht wurde, ohne Zustimmung des Vatikans. Der Begriff bezog sich ursprünglich auf Priester im kommunistischen Osteuropa. Dort sah man die Dinge viel lockerer – es wurde beispielsweise geduldet, dass ein Katakombenpriester heiratete, um keinen Verdacht zu erregen. Es gab auch eine geringe Anzahl von Priesterinnen, ehe der Vatikan wachsam wurde ob der Kontroverse, die dies verursachen würde. Einige dieser Priesterinnen stiegen am Ende sogar zu Bischöfinnen auf und verliehen wiederum anderen Frauen die Weihe. Von ihnen geht die gegenwärtige »Linie« weiblicher Priester aus, auf ihnen gründet die apostolische Nachfolge.
    »Schon wieder Osteuropa«, kommentierte Kat. »Alles führt hinter den Eisernen Vorhang.«
    »Frag, ob sie etwas über Poveglia weiß«, forderte Piola sie auf.
    Haben Sie je von einer venezianischen Insel namens Poveglia gehört?
    Ja. Der Ort ist von historischer Bedeutung für unsere Bewegung.
    Überrascht tippte Kat weiter:
    Aus welchem Grund?
    Wegen Martina Duvnjak.
    Wer ist das?
    Martina Duvnjak war in den Fünfzigerjahren Katakombenpriesterin im damaligen kommunistischen Jugoslawien. Soweit wir wissen, war sie eine der ersten Frauen überhaupt, die zur Priesterin geweiht wurde. Martina ging ein immenses Risiko ein und ließ sich bewusst verhaften, damit sie sich der Frauen in den Gefängnissen des kommunistischen Regimes annehmen konnte – jenen gesetzlosen Orten, an denen es leider allzu oft geschah, dass man spurlos verschwand. Sie nahm Beichten ab, beging die Messe, praktizierte die Krankensalbung – sie erfüllte all jene Pflichten, die jeder Priester seinen Schäflein zuteilwerden lässt.
    Was wurde aus ihr?
    Anfangs verschloss der Vatikan die Augen vor ihrer Arbeit. Doch dann ließ man sie über ihren Bischof auffordern, damit aufzuhören. Duvnjak stellte diese Entscheidung infrage, und in den Sechzigerjahren lud der Vatikan sie schließlich nach Rom ein, um mit ihr über ihren Fall zu reden. Die Reise stellte sich selbstverständlich als äußerst schwierig heraus, da man dazu ja in den Westen fahren musste. Für eine verurteilte Kriminelle bestand keinerlei Hoffnung, dass sie ein Visum erhielt, daher schleuste man sie über Kroatien nach

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