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Martha Argerich

Martha Argerich

Titel: Martha Argerich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bellamy
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werden sollte. Der aus Riga stammende Jude Mischa Maisky war ein paar Jahre zuvor aus der UdSSR emigriert, nachdem er achtzehn Monate in Gorki in Haft hatte verbringen müssen. Er hatte das »Verbrechen« begangen, eine Unterrichtsstunde von Rostropowitsch, seinem Professor am Moskauer Konservatorium, mit einem Kassettenrekorder aufzunehmen, den er auf dem Schwarzmarkt gekauft hatte. Ohne Instrument und mit nur drei Rubeln in der Tasche kam er in Südfrankreich an. Frédéric Lodéon musste ihm sein Cello leihen, damit er das Trio Nr. 1 g-Moll von Mendelssohn mit Ivry Gitlis und Martha Argerich spielen konnte. Die Chemie zwischen Martha und Mischa stimmte auf Anhieb. Inzwischen haben die beiden auf der ganzen Welt zusammen Konzerte gegeben und eine Vielzahl von Platten für die Deutsche Grammophon eingespielt. Er ist sogar nach Brüssel gezogen – zweifellos, um in ihrer Nähe zu sein. 2008 feierten die Pianistin und der Cellist das dreißigjährige Jubiläum ihrer Partnerschaft (das mit Mischas sechzigstem Geburtstag zusammenfiel) mit einer großen Tournee, die sie nach Berlin, Hannover, Madrid, Saragossa, Paris, Wien und Zagreb führte und die in Hamburg endete.
    Anfang der Achtzigerjahre hatte Maisky Martha seinen Landsmann Gidon Kremer vorgestellt. Als der Geiger die Pianistin Bartóks Sonate für Klavier und Schumanns Fantasiestücke op. 12 spielen hörte, bat er sie sofort, sich die Sonate für Klavier und Violine Nr. 1 von Bartók anzueignen. Für ein Konzert, das sie mit Mischa Maisky in Paris gab, kam er extra angereist, um für sie die Noten umzublättern und seine Bitte zu erneuern. Inzwischen ist die Bartók-Sonate zu einer Art Kultstück in ihrem
beeindruckenden musikalischen Repertoire geworden.
    Gidon Kremer wurde 1947 als Sohn deutschstämmiger Juden im lettischen Riga geboren und verließ die Sowjetunion 1980, um mit seiner damaligen Frau, der heute mit Daniel Barenboim verheirateten Pianistin Elena Bashkirova, nach Deutschland zu ziehen. Der virtuose Geiger Kremer ist vor allem ein sehr
authentischer Musiker und stets auf der Suche nach den verschiedenen Gesichtern der musikalischen Wahrheit, der er mitunter sogar die klangliche Schönheit opfert. Seine regelmäßige und eifrige Beschäftigung mit neuen Kompositionen hat bei ihm zu einer Horizonterweiterung geführt, die selten ist unter seinesgleichen. Für Martha verkörpert Kremer das Erbe von
Joseph Szigeti, der ebenfalls ein sehr abenteuerlustiger Musiker war und immer nach neuen Klängen und unveröffentlichten Werken suchte. Gidon Kremer glaubt, dass sein Verhältnis zu Martha geprägt ist vom gegenseitigen Zuhören auf extrem hohem Niveau. »Er stimuliert mich sehr«, korrigiert sie ihn vorsichtig. Ein Journalist, der wohl den advocatus diaboli herauskehren wollte, fragte Gidon Kremer einmal, ob er keine Angst davor habe, mit einer Pianistin zusammenzuspielen, die »die Hände eines Mannes« habe. Der Geiger wusste ihm klug zu antworten: »Was macht das schon? Schließlich habe ich das Herz
einer Frau.« Vor einiger Zeit waren sie mit »ihrer« Bartók-Sonate gemeinsam auf Tournee – und spielten mit solch einem Feuer und einer so unvergleichlichen Fantasie, dass es scheint, als
wären sie mit ihrer Erforschung dieser großen Zauberei noch längst nicht am Ende angelangt.
    Im März 1989, mitten in der Perestroika und acht Monate vor dem Fall der Berliner Mauer, traten Martha, Gidon Kremer und Alexandre Rabinovitch zusammen in Moskau und Leningrad auf. Unzählige junge Pianisten fanden sich ein, um die
argentinische Ikone spielen zu hören. Endlich konnten sie diejenige live erleben und ihr nahe sein, die sie nur von Aufnahmen her kannten! Unter ihnen Evgeny Kissin, der damals achtzehn Jahre alt war. Nach dem Konzert in Moskau hielt er Martha sein Programmheft für ein Autogramm hin, die darauf notierte: »Dem außergewöhnlichsten Talent, dem ich seit Langem begegnet bin«. Seine Liveaufnahme der beiden Chopin-Konzerte aus dem großen Saal des Tschaikowsky-Konservatoriums, die aufgezeichnet wurden, als er gerade einmal dreizehn Jahre alt war, hatte sie zutiefst verstört. »Wie kann dieser Junge so viel über die Liebe und das Leiden wissen, ohne diese Gefühle je am eigenen Leib erlebt zu haben?«, fragte sie sich. Jahre später sollte Martin Engstroem, der Leiter des Verbier Festivals, sie und Evgeny Kissin mehrfach in einem Programm mit zwei Klavieren und vier Händen zusammenbringen: Mozarts Andante mit 5 Variationen , Milhauds

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