Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
Vom Netzwerk:
neben Karen ins Dixi-Klo und untersuchte die Türverriegelung. Mit einem kräftigen Ruck schob er den Riegel vor. »Geht doch.«
    »Na gut, dann kannst du mein Kleid gleich mal zumachen.« Karen wandte ihm den Rücken zu, zog sich das Kleid über den Kopf und ruckelte ein bisschen hin und her. Es glitt so weich und angenehm kühl über ihre Haut. Und passte perfekt. »Na?«
    Bernd griff nach dem winzigen Reißverschluss unterhalb von Karens Schulterblättern. Mit einem leisen Ratschen glitt der Reißverschluss zu. Karen drehte sich um. »Und?«
    »Perfekt.« Bernd nickte anerkennend. »Wie angegossen.«
    »Siehst du!« Sie grinste. In diesem Moment ging der Reißverschluss wieder auf, sie konnte es fühlen. Bernd hatte ihn nicht weit genug hochgezogen. Sie drehte leicht den Kopf nach hinten, als plötzlich jemand von außen testete, ob die Toilette frei war. Karen hielt erschrocken inne. Dann schnappte sie ihre Sachen und schob den Riegel auf. Die Tür blieb zu.
    Bernd drückte ebenfalls dagegen. Die Tür blieb immer noch zu.
    »Was hast du denn mit der Tür gemacht?«, fragte Karen.
    »Nichts. Den Riegel hab ich vorgeschoben. Und jetzt ist er auf.«
    »Und wieso geht das dann nicht?« Sie zog mit aller Kraft an dem Riegel.
    »Keine Ahnung.« Bernd warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür. Es rumste laut.
    » Hello? «, rief eine Stimme von draußen. »Alles in Ordnung?«
    » Yeah , alles klar«, antwortete Bernd. Er versuchte es erneut. Zerrte an dem Riegel, schlug gegen die Tür, stemmte sich dagegen.
    »Wieso geht das blöde Ding nicht auf?« Karen versuchte den Anflug von Panik in ihrer Stimme zu verbergen. Eingesperrt. In diesem Mief. Wie peinlich. Und was, wenn sie nicht mehr hinauskamen? Wenn sie die ersten Stunden in ihrem wundervollen teuren Kleid auf einem öffentlichen Klo verbringen musste?
    »Brauchen Sie Hilfe?«, rief die Stimme.
    » Yes «, rief Karen.
    »Scht.« Bernd flüsterte. »Sei lieber still. Dann geht er vielleicht weg.«
    »Und wie kommen wir dann hier raus?« Karen hämmerte an die Tür. » Help, please! «
    Die Person vor der Tür schwieg überrascht. Dann hörten sie ein Murmeln. »Die sind zu zweit da drin«, sagte einer. »Ein Mann und eine Frau.« Jemand lachte anzüglich. Offenbar standen jetzt mehrere Leute vor der Tür. »Nehmt euch ein Zimmer«, rief jemand anderes. Mehrstimmiges Gelächter war zu hören.
    » Help «, rief Karen kläglich und griff nach dem Riegel. Jetzt war schon alles egal. Und plötzlich wurde die Tür von außen mit einem solchen Ruck aufgerissen, dass Karen mitsamt ihrem spitzenverzierten 400 -Pfund-Kleid aus dem Dixi-Klo katapultiert wurde, der Reißverschluss am Rücken weit offen. Ein Mann mit Spitzbart fing sie auf. Jemand pfiff anerkennend, die meisten Leute lachten.
    Karen wäre am liebsten im Boden versunken. »Danke sehr«, sagte sie mit all der Würde, die sie noch aufbrachte. In einiger Entfernung konnte sie Mark erkennen, der mit offenem Mund zu ihnen herübersah.
    Karen raffte eilig T-Shirt und Rock zusammen, die ins Gras gefallen waren, und lief zu ihrer Familie. Bernd eilte hinterher, verfolgt von bedeutungsschwangerem Männergelächter.
    »Oh Gott.« Karen hielt schnaufend an und beugte sich vor, um Luft zu holen, die Hände auf den Knien. »Ich sterbe gleich.«
    »Mann.« Mark rollte mit den Augen. »Ist das furchtbar. Ihr seid so was von peinlich.«
    »Die Tür«, japste Karen, mehr brachte sie nicht heraus.
    Martha kam ihr zu Hilfe und zog den Reißverschluss fest zu. »Ich sehe, du hast dir meine Worte zu Herzen genommen«, flüsterte sie. Dann zwinkerte sie verschwörerisch. »Aber mal ehrlich, hättet ihr beiden nicht warten können, bis ihr wieder im Hotel seid?«

15 Zum Mittagessen bekam Bernd endlich seinen Haggis. Am Ende hatte seine Familie nachgegeben und war ihm in ein echt schottisches Pub gefolgt. Karen konnte irgendwie nicht nein sagen, denn immer wenn sich ihre und Bernds Blicke trafen, mussten sie beide grinsen. Vor allem, wenn Karen sich vorstellte, was Martha jetzt von ihnen dachte.
    Diese hatte auf einmal auch nichts mehr gegen rustikale Küche. Aber nur unter der Bedingung, dass sie sich anschließend den »Großen Lysander« ansehen würden. Irgendeine Zauber- oder Hypnoseshow, auf die Martha ganz versessen zu sein schien. Wahrscheinlich war so etwas in ihrer Jugend populär gewesen. Wahrscheinlich, dachte Karen, hatte sie den großen Lysander schon als Kind gesehen. Möglich war es durchaus, er sah auf dem

Weitere Kostenlose Bücher