Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
Vom Netzwerk:
hatten.
    »Ach, warum eigentlich nicht«, sagte Martha auf einmal. »Warum nicht zu Nessie fahren. Habe das alte Mädchen schon ewig nicht mehr gesehen. Wenn man selbst alt wird, guckt man gern mal jemanden an, der noch runzliger ist als man selbst.«
    Das Taxi hupte erneut. Bernd fluchte leise und stieg in den Van. Er startete den Motor.
    Im Rückspiegel versuchte Karen, Tante Marthas Gesichtsausdruck zu entschlüsseln. Sie lächelte. Ihre Löckchen waren frisch gelegt, auf ihren Lippen glänzte es rosig. War das Lipgloss? Martha schien fröhlich zu sein. Voller Erwartung. Machte sie sich über sie lustig? Wollte sie Teresa einen Gefallen tun? Oder freute sie sich tatsächlich darauf, am Loch Ness auf dieses alberne Vieh zu warten?
    »Na gut«, sagte Bernd. Er fuhr vom Hotelparkplatz herunter. »Zu Nessie und dann zu Rob Roy. Von mir aus. Beim großen Zauberer Lysander waren wir ja schließlich auch.« Er zwinkerte Martha im Rückspiegel zu. »Und heute Abend ins Schlaraffenland.« Er stupste Karen an und grinste.
    »Was?«, fragte sie verständnislos.
    »Die Destillerie.«
    Karen verdrehte leicht die Augen.
    »Ich hab ihn gefunden«, rief Mark von hinten. »Lysander steht im Internet. Allerdings nicht seine Tricks, aber die finde ich auch noch.«
    »Lysander steht im Internet?«, fragte Karen überrascht.
    »Ja. Auf Wikipedia. Lysander Duncalf, geboren 1935 in Nottingham. Dann …«
    »Was sagst du da?« Karen spitzte die Ohren. »Der heißt wirklich so?«
    »Ja.«
    »Das ist sein richtiger Name? Kein Künstlername?«
    »Ja doch.«
    Nicht zu fassen! »Gib mir mal dein Handy«, Karen hielt ihre Hand nach hinten. Der Junge war viel zu viel im Internet. Das musste eingeschränkt werden.
    »Der Glencoe Pass. Hier haben die Schotten 1692 eine Niederlage erlitten. Durch einen Hinterhalt übrigens.« Bernd verlangsamte das Tempo. »Im Morgengrauen ist der ganze MacDonald-Clan niedergemetzelt worden. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser des River Coe.«
    »Bernd«, warnte Karen leise.
    Doch der ließ sich nicht beirren und zitierte weiter seine unsichtbare Quelle. »Den Clan-Chief haben sie gefangen genommen. Ein grausiges Ende erwartete ihn.«
    »Bernd!«
    »Wen?«, fragte Teresa.
    »Den Clan-Chief. So eine Art Häuptling.«
    Teresa gab sich noch nicht zufrieden. »Die hatten einen Häuptling? Wie hieß der?«
    »Der hieß …« Bernd hielt inne. Er sah hilflos zu Karen. Die guckte aus dem Fenster und betrachtete betont interessiert die gewaltigen Felsen, die sich rechts und links von der Straße in alle Richtungen auszubreiten schienen. Grüner Grasflaum wuchs an ihnen hoch, um urplötzlich aufzuhören. Die Felsspitzen verschwanden im Nebel. Steine und Geröll lagen am Fuß der Berge wie Munition, mit der die wilde Natur sich jeden Moment verteidigen konnte.
    »Wie hieß der Häuptling, Mama?« Teresa zappelte in ihrem Sitz.
    »Mike.« Es war der erste Name, der Karen in den Sinn kam. »Er hieß Mike.« Er hatte immer noch nicht angerufen.
    Bernd zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    »Mike?« Teresa klang enttäuscht. Martha gluckste leise.
    »Aber seine Freunde nannten ihn Rob Roy«, sagte Karen schnell. »Das war sein Künstlername.« Sie beobachtete Martha im Rückspiegel.
    Die schüttelte amüsiert den Kopf. »Rob Roy war jemand ganz anderes«, erklärte sie. »Die Mama verwechselt da was.«
    »Mike ist ein komischer Häuptlingsname«, sagte Teresa.
    »Deswegen hat er sich ja auch Rob Roy genannt. Das machen Leute manchmal. Vielleicht verrät uns ja unsere Tante Martha, wer der richtige Rob Roy war?«, fragte Karen schlau.
    Martha wandte sich Teresa zu. »Ein schottischer Held vom MacGregor-Clan. Der hat sich nicht unterkriegen lassen. Seine Schwester war übrigens bei dem Massaker mit dabei. Sie war mit einem der MacDonalds verheiratet.«
    »McDonald’s – Ich liebe es.« Mark machte hinten die euphorische Werbestimme nach. Er hatte sich das Handy bereits wieder zurückerkämpft.
    »Lass doch Tante Martha mal erzählen«, bat Karen.
    »Man hat ihm sein Land weggenommen und ihn ins Gefängnis geworfen. Das war ein schreckliches Loch damals. Nicht wie heute, mit Fernseher und Tischtennisplatten. Das war kalt und dunkel, und zu essen gab es nur steinhartes Brot und Wasser.«
    Teresa schauderte. »Warum musste er denn ins Gefängnis?«
    »Weil er seine Freunde vor Dieben geschützt hat. Das hat den Dieben nicht gefallen.«
    »Waren die Diebe auch im Gefängnis?« Teresa sah verwirrt aus.
    »Nein«, mischte Karen

Weitere Kostenlose Bücher