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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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blickte überrascht von seiner Zeitung zur Sprecherin auf:
    »Woher weißt Du? und warum freust Du Dich?«
    Beatrix, die mit ihrem Frühstück noch nicht fertig war und sich eben eine Buttersemmel strich, machte eine ärgerliche Kopfbewegung.
    »Woher ich's weiß? Von fremden Leuten – denn Du hast mich nicht wert gefunden, mir etwas so wichtiges mitzuteilen. Und ich freu' mich wegen der Ehre – in der Politik läßt sich ja zu hohen Stellungen gelangen ... Vielleicht wirst Du Minister...«
    »Das wäre mir nicht unlieb, denn in solcher Stellung könnte ich Einfluß üben, nach der Richtung, die ich träume ... Aber der Weg vom Abgeordneten zum Minister ist ein gar weiter. Und daß ich Dir nichts mitgeteilt?. Mein Gott, Trixi, Du interessierst Dich doch nicht für Politik?«
    »Nein, Gott sei Dank, ich interessiere mich garnicht dafür – das heißt, wenn Du einmal dabei bist, da wird's mich schon unterhalten.«
    »Unterhalten?«
    »Na ja, wenn's heißen wird: der Abgeordnete Graf Dotzky hat eine große Rede gehalten über ... von was redet man da? ... über Salzsteuer oder über neue Gewehre – das wird doch spaßig sein.«
    »Spaßig?«
    »Natürlich wirst Du unter die Konservativen gehen –«
    »Wie, Du kennst Dich in den Parteibildungen aus?«
    »Das hat Mama gesagt und Herr von Wegemann –«
    Rudolf lächelte: »Der »allerdings« – diesmal ist es aber »andrerseits«.«
    Beatrix fuhr fort: »Leute von unserem Rang – scheint's – gehören immer zu den Konservativen – überhaupt alle anständigen Leute.«
    »Ich staune –«
    »Du wirst mir doch einen guten Platz auf der Galerie verschaffen, wenn Du Deine erste Rede hältst – das wird mir lieber sein, als ein Theater.«
    »Ich bin noch nicht gewählt.«
    »Als Großgrundbesitzer – auch das weiß ich durch Herrn von Wegemann – bist Du ja berechtigt...«
    »Ja, wenn ich einer ihrer Parteien mich anschließe, was ich nicht tun will. Ich beabsichtige – – aber das verstehst Du wieder nicht; über meine Gesinnungen und Pläne wird Dich Minister »Allerdings« nicht unterrichtet haben, denn die liegen außerhalb der Sphäre seines politischen Denkens. Ich habe ihm einmal ein paar Andeutungen gemacht, da schaute er mich aber so verständnislos an, als hätte ich japanisch gesprochen. Wenn ich Dir nun erklären wollte –«
    »Nein, das brauchst Du nicht – mir ist auch alles japanisch, was in den hohen Häusern verhandelt wird. Lese niemals diese Rubrik in den Zeitungen ... das ist nichts für uns Frauen. Wenn man nicht lateinisch und griechisch gelernt hat – das bildet ja den Verstand und auch das können ja nur die Männer ... Und überhaupt, alles Politische, es ist so fad ... Vielleicht nicht für die Männer, aber die haben einen ganz andern Geist – –«
    »Du würdest in der Frauenfrage nicht auf seiten Deiner Geschlechtsgenossinnen stehen, wie ich sehe?«
    »Von Emanzipation – ausgenommen das Zigarettenrauchen – will ich nichts wissen ... Würdest Du Dir eine emanzipierte Frau wünschen?«
    »Was Du Dir darunter vorstellst – allerdings nicht. Überhaupt wünsche ich mir ja keine andere Frau – Du bist ein lieber Schatz ... Und ich bitte Dich – bleib Deiner Abneigung gegen Politik treu, auch für den Fall, daß ich mich hineinstürzen müßte: Versuche dann nicht, mir eine bestimmte Richtung zu suggerieren, wie vorhin mit dem Konservativsein der anständigen Leute ... Was macht unser Fritzi? Hat ihn das Mädchen in den Garten getragen?«
    »Ja, unter die Linde ... komm, gehen wir hin.« Und sie stand auf
    »Geh Du – ich habe zu arbeiten.«
    »Aha, da sieht man schon den Staatsmann,« sagte Beatrix lachend. Sie ging hinter Rudolfs Stuhl, legte ihm den Arm um den Hals und küßte ihn auf die Stirn. »Er muß arbeiten – Österreichs Geschicke lenken und vernachlässigt Weib und Kind – adieu denn, zerbrich Dir nicht den geliebten Schädel ... Gib mir ein Busserl.«
    Er legte die Zeitung aus der Hand und zog seine Frau zu sich herab.
    »Noch zwei, Trixi – auf jedes Deiner Wangengrübchen ... Adieu – ich lasse unsern Kronprinzen grüßen.«
    »Für den werd' ich ein neues Wiegenlied dichten:
»Schlaf, Kindchen, schlaf
Dein Vater ist ein Graf.«
     
    »Das ist nicht sehr neu...«
    »Warte nur:
Schlaf, Du kleiner Arier,
Dein Vater ist ein Parlamentarier«.
     
    Leichten Schrittes eilte sie durch die offene Fenstertür in den Garten hinaus. Dabei flatterte das weiße Spitzengewoge ihres Schlafrocks und die Strahlen der

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