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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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hat sie wieder eine Reise vor?« Dann lenkte Sylvia das Gespräch auf Hugos literarische Erfolge, und dadurch ward es auf ein weniger flaches Gebiet gebracht und auf einen persönlichen Ton gestimmt.
    »Sie sind nun ein anerkannter – man darf schon sagen ein berühmter Dichter geworden, Herr Bresser! Das muß doch ein stolzes, angenehmes Gefühl sein?«
    »Das Angenehmste beim Dichten liegt nicht in der Anerkennung, sondern in der Arbeit. Das Schaffen ist eine Befreiung ... eine Besitzergreifung von erträumten Schätzen. Alles, was einem das Leben und die Welt auch bringen mag an Enttäuschung, an Schmerz, an Zorn – das braucht einen nicht im Innern zu erdrücken und zu ersticken ... das packt man, gibt ihm eine Form und bekleidet es mit seiner ganzen ausgedrückten Leidenschaft – da steht es denn da, zuckend, lodernd, weinend – aber man ist es los. Und auch die Freuden, die Seligkeiten, die stolzen Siege, die einem das Leben nicht bietet – auch die reißt man aus dem Reich der Phantasie herunter und stellt sie vor sich hin, in den Prunk der Sprache gekleidet – und sie gehören einem – man ist ja ihr Schöpfer.«
    »Wie begeistert Sie von der Dichtkunst sprechen!«
    »Ich nehme meinen Beruf ernst, Gräfin, ich gehe in ihm auf. Seit jeher, Sie wissen es ja, habe ich darauf gerechnet, mit der Feder zu wirken. Die Journalistik war das Feld, auf dem ich kämpfen wollte –«
    »Ja, ich erinnere mich – jene Zeitung, in der auch Rudolf eine Stütze seiner parlamentarischen Aktion finden sollte –«
    »Die ist ins Wasser gefallen –«
    »Wie Rudolfs parlamentarische Laufbahn«, schaltete Sylvia ein.
    »Ich weiß ... für mich war's gut. Vielleicht auch für ihn?... Ich wurde in ein anderes Gebiet der schriftstellerischen Arbeit gedrängt und habe darin die unerwartetsten Erfolge erzielt.«
    »Gesegnet sei also jenes gescheiterte Journal!«
    »Nicht dieses Scheitern allein hat mich von der Journalistik zur Dichtkunst gebracht. Es war ein Erlebnis, das meine Seele aufgewühlt hatte – ein Sturm von Gefühlen, den ich nicht in Leitartikeln und Feuilletons hätte austoben lassen können.«
    »Sondern in Romanen und Dramen? Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich Ihre Werke noch nicht kenne – haben Sie denn dazu Ihre eigenen Erlebnisse als Stoff verwertet?«
    »Nein. Nur die tobenden Gedanken und Gefühle, die durch meine Erlebnisse erweckt wurden, habe ich in meine Versuche gelegt. Ich sage Versuche, wo Sie Werke sagen, Gräfin – denn obwohl ich ja als Anfänger Glück gehabt, so weiß ich doch am besten, daß mein bisher Geleistetes nur schwache Versuche sind ... Mein Werk, mein Kunstwerk – das werde ich erst schreiben. Nennen Sie das nicht unbescheiden, nicht Vermessenheit. Ich glaube, es kann gar keinen rechtschaffenen Künstler geben, der nicht in sich ein ganzes Chaos von brodelnden Stoffen und Kräften fühlte, das darnach strebt, eine Welt zu werden –«
    »Bitt' um Verzeihung ... Hab' ich mich verspätet?« Es war Delnitzky, der hereingetreten. »Grüß' Sie Gott, Bresser – na, ich gratuliere – Sie sind ja ein Tausendsassa geworden ... das muß hübsche Tantiemen absetzen, Ihr Theaterstück, was? Du«, wandte er sich zu seiner Frau, »ich soll Dir sagen: der Rudi kann heut' nicht kommen – die Beatrix ist krank.«
    »Ach, die Arme, schon wieder? Und meine Cousine hat auch abgesagt, so werden wir allein essen –«
    »Das wird ja recht gemütlich so«, sagte Delnitzky, »nur laß schnell anrichten – ich geh' heut in die Oper und von »Carmen« hör' ich gern den ersten Akt.«
    Während des kleinen Diners beschränkte sich die Unterhaltung auf Reminiszenzen aus der Zeit, welche Hugos Abreise und Sylvias Heirat vorangegangen war. Man sprach von den Tennis-Partien in Brunnhof, von Pater Protus, von der Taufe des kleinen Fritz, und ähnlichen Dingen. Von sich und seinen Arbeiten erzählte Hugo nichts, er wich sogar einigen darauf bezüglichen Fragen Delnitzkys aus. Wohl mochte er fühlen, daß er von dieser Seite kein Verständnis für sein Streben fände.
    Als man von Tische aufstand, sah Delnitzky auf die Uhr: »Gleich sieben – ich bitte um Verzeihung – auf den Kaffee will ich verzichten, sonst komm ich wirklich zu spät ... Ich lasse die Herrschaften ja beide in guter Gesellschaft ... Jugendfreunde ... Also, ich empfehl' mich ... hat mich sehr gefreut ... Sie bleiben doch noch eine Zeit in Wien? ... Schön – also auf Wiedersehen. Adieu.« Und fort war er.
    Sylvia ging mit Hugo

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