Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
Vom Netzwerk:
schweigen. Also: meine Christine hier ist auch glückliche Braut – Otto Weissenberg –«
    »Der älteste Sohn des Fürsten Franz Weissenberg? – o, ich gratuliere, das ist ja eine der glänzendsten Partien des Landes – und dabei ein lieber, hübscher Mensch – ich freue mich herzlich.« Und er schüttelte Christinens Hand. »Jetzt aber ist die Reihe an Ihnen, Gräfin Cajetane –«
    »O, an der wäre eigentlich zuerst die Reihe gewesen, da sie unsere älteste ist, aber sie ist ein eigensinniges Mädel.«
    Cajetane machte eine unwillige Bewegung und stand auf.
    Jetzt kamen einige andere Besucher. Es waren zumeist Leute, die Rudolf kannte. In den allgemeinen Gesprächen, die geführt wurden, vermieden sie jede Anspielung auf den stattgehabten Vortrag im Musikvereinssaale. Es war wie eine zarte Rücksicht. Von ihren » faux pas « erwähnt man doch den Leuten nichts. Allmählich landete die Unterhaltung wieder bei Jagdangelegenheiten und Gesellschaftstratsch; man versuchte gnädig, Rudolf hineinzuziehen, als ob man bei ihm das lebhafteste Interesse für diese salonfähigen Gesprächsstoffe voraussetzte. Wirklich, sie bauten ihm goldene Brücken. Wenn er nur seinen »Schritt vom Wege« bereuen wollte und wieder vernünftig werden – sie würden ihn ja wieder als ganz normal behandeln.
    Cajetane hatte sich an das andere Ende des Salons begeben, wo das Klavier stand. Sie machte sich dort mit Ordnen der Notenhefte zu schaffen.
    Rudolf ging zu ihr hin. Er hielt es in der Mitte der anderen nicht länger aus. Ein plötzlicher Entschluß war ihm gekommen: in diesem Kreise würde er sich nicht mehr als Besucher, als kameradschaftlicher Standeskollege bewegen. Streit und Kampf aufnehmen? Das ja – mit jedem und allerorts – aber höfliche Gemeinplätze austauschen, harmlos konversieren, als ob nichts vorgefallen wäre, als ob er sich nicht feierlich von den hier geltenden Anschauungen losgerissen hätte – sich noch mit einer gewissen Nachsicht patronisieren lassen? Nein, das nimmermehr. Dies sollte seine letzte Visite im Ranneggschen und ähnlichen Salons sein.
    Doch zu Cajetane zog es ihn. Der mußte er noch einmal die Hand drücken. Er ging zu ihr hin.
    »Was suchen Sie in diesen Noten?«
    Sie hatte ihn nicht kommen gesehen. Jetzt wandte sie sich rasch um; wie ein Schauer oder wie ein elektrischer Schlag durchschüttelte es ihre Gestalt.
    »Habe ich Sie erschreckt?«
    »Nein, ich ... ich ... o, Graf Rudolf –«
    »Was denn, Cajetane – was haben Sie? Ich wollte Ihnen nur Adieu sagen – ich gehe.«
    »Das begreife ich.«
    »Wie meinen Sie?«
    »Ich meine, daß Sie sich dort unmöglich wohl fühlen können.« Und sie deutete mit dem Kopf nach der Richtung, wo die Gesellschaft saß.
    »Sie haben recht – ich fühle mich dort nicht wohl. Obwohl es ja eigentlich mein von Geburt auf gewöhntes Milieu ist.«
    »Sie aber sind neugeboren – Sie haben sich ein neues Reich erwählt und das ist nicht von –« sie wiederholte die Kopfbewegung wie vorhin – »nicht von dieser Welt.«
    »Sie sind ein merkwürdiges Mädchen, Cajetane. Sollten Sie auch zu einer anderen Welt gehören?«
    »Gehören noch nicht, aber mich dahin sehnen – ja.«
    »Seit wann?«
    »Seit – seit – Ihrem Abschiedsfest in Brunnhof – und seit Ihren Vorträgen und Broschüren.«
    »Meine Broschüren haben Sie gelesen? Da möchte ich doch –«
    Das Gespräch wurde durch die Dazwischenkunft Christinens unterbrochen. Da empfahl sich Rudolf von der Hausfrau und den anderen und ging.

XXVII.
    Nach dem Burgtheaterabend verbrachte Sylvia eine ruhelose, aber süß ruhelose Nacht.
    Ihre Liebe hatte sich, das fühlte sie, zu einer mächtigen Leidenschaft entfaltet, zu etwas, gegen das es kein Ankämpfen mehr gab.
    Dem Geliebten hätte sie vielleicht noch entsagen können – aber ihrer Liebe nicht – ebenso wie man ja einen Trunk von sich weisen kann, nicht aber den Durst. Der brennt, ob man will oder nicht.
    Schon lange hatte das Delnitzkysche Paar kein gemeinschaftliches Schlafzimmer mehr, Sylvia war also allein. Gegen zwei Uhr, da sie durchaus keinen Schlaf finden konnte, machte sie Licht. Sie warf die Decke von sich und sprang vom Bette herab. Ein langes, spitzenbesetztes Nachtgewand fiel ihr bis zu den Knöcheln und die nackten Füßchen verschwanden in dem flockigen Fell, das vor dem Bette auf dem Teppich lag.
    Sie hüllte sich in einen warmen Schlafrock, nahm das Licht und ging in das Nebengemach – ihren kleinen Salon.
    Was sie dort suchte, war

Weitere Kostenlose Bücher