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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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Gedanken vertieft. Das Ergebnis ihres Nachsinnens war, daß sie ein Billet an Hugo schrieb, des Inhalts:
    »Ich wünsche, ich befehle, daß Sie mir acht Tage fernbleiben. Bald erhalten Sie Aufschluß.«
    Dann klingelte sie ihrer Jungfer, um sich in Straßentoilette zu werfen, ließ anspannen und fuhr zu ihrer Mutter.
    Baronin Tilling, welche wegen starker Erkältung das Zimmer hüten mußte, und daher gestern verhindert gewesen, der Burgtheateraufführung beizuwohnen, war eben auch damit beschäftigt, in den Blättern die Kritiken zu lesen; es interessierte sie lebhaft, zu erfahren, ob der Sohn ihres treuen alten Hausfreundes Erfolg geerntet hatte. Sie saß in einem zum knisternden Ofenfeuer geschobenen Fauteuil, ein Tischchen mit den Zeitungen neben sich. Ihre Tochter erblickend, rief sie erfreut:
    »Ah, Du bist's Sylvia – das ist schön von Dir ... Du kommst nachsehen, wie's mir geht? Nun, wie Du siehst: viel besser – ich habe da gerade über Bressers Stück gelesen ... Du warst ja drin – erzähle, wie war's? Aber was hast Du? – Du siehst so eigentümlich aus, so feierlich? ...«
    Sylvia hatte hastig Hut und Mantel abgelegt, sie war blaß und sichtbar erregt.
    »Was ich habe? Das wirst Du gleich erfahren ... Und wie das Stück war? Wundervoll. Hugo ist ein Genius. Ich bete ihn an.«
    »Kind, was redest Du?« »Soll man das nicht sagen dürfen? ... Seiner Mutter nicht? Seiner besten Freundin soll man's verschweigen, wenn ein großes Gefühl –«
    »Ein verbotenes Gefühl, Sylvia.«
    »Mutter, Mutter, ein solches – solches – Polizeiwort von Dir! Verbotene Gefühle kann es doch ebenso wenig – noch weniger geben als verbotene Meinungen! – Nur das Verkünden kann einem untersagt werden von irgend einem Büttel der offiziellen Ordnung und Moral – aber doch nicht von Martha Tilling!«
    »Also sag', was Du mir zu sagen hast, mein Kind.«
    Sylvia schob einen Schemel herbei und ließ sich zu Marthas Füßen nieder:
    »Ich will's machen wie in alter Zeit...«
    Mit dem Rücken an Marthas Knie gelehnt, das Gesicht dem Zimmer zugekehrt, begann die junge Frau zu reden, leise, langsam, eintönig, in längeren und kürzeren Absätzen.
    »Ich bete ihn an – und will die Seine werden.«
    Martha unterdrückte einen Ausruf.
    »Ich habe mir vorgenommen, Dich nicht zu unterbrechen«, sagte sie. »Sprich weiter.«
    »Anton hat mir die Treue gebrochen, ich bin frei ... »In Reinheit durchs Leben gehen«: Das habe ich Dir geschworen – und auch mir selber ... und ich will es halten.
    Mit keiner Lüge, keiner Falschheit werde ich mein Tun beschmutzen. Eine Larve vors Gesicht halten? Nein. Wessen hätte ich mich zu schämen? Im Gegenteil: stolz bin ich auf meine Liebe und stolz auf die seinige ... Sich verstecken, verschleiern? Nein. Im Gegenteil: ein Diadem setze ich mir auf.
    O, meine hiesige Welt, mit der werde ich brechen müssen, das weiß ich wohl. Die würde mir mein stolzes Lieben nicht verzeihen. Ja, wenn ich mich versteckte, wenn ich meinen Mann und sie alle zu betrügen trachtete, und sie durchschauten mich – dann wären sie voll Nachsicht ... etwas Geflüster, listiges Augenzwinkern – eine Nummer mehr auf der amüsanten Liste der chronique scandaleuse doch von der Besuchs- und Einladungsliste würden sie mich nicht streichen ...
    So aber, wenn ich es verschmähen werde zu lügen – werde ich verpönt sein: »Sie wissen schon? Die Sylvia Dotzky – mit dem jungen Dichter durchgegangen (sie werden es doch durchgegangen nennen), sollen in Italien leben – abscheulich!«
    Warum gerade in Italien? Das erzähle ich Dir später ... ich habe einen Traum geträumt – da war unserer Liebe solch' ein Schauplatz gegeben voll südlicher Renaissancepracht ... vielleicht finde ich das an irgend einem italienischen See oder Meeresstrand. Und wie er da arbeiten und schaffen wird – in seiner Seligkeit die Welt bereichern, mit den Gaben seines Genius ...
    Übrigens, zwei Menschen auf dem Gipfel des Glücks, ist das nichts auch schon eine Bereicherung der Welt ...
    Ich danke Dir, daß Du mich nicht unterbrichst – aber ich kann mir denken, was Du nun einwenden wolltest: »Wie lange soll der währen, dieser Glücksparoxysmus? Was dann, wenn der Rausch verflogen, die Jugend geschwunden ist... was dann? – –
    Nun, nach einem »Dann«, das hinter dem Ziele meiner und seiner Sehnsucht liegt, nach dem fragen wir wahrlich nicht. Sollte das Glück,, wie ich es mir denke, nur die Dauer eines einzigen Maimondes haben, das

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