Martin, Kat - Perlen Serie
will."
Die Entscheidung des Earls war in seinen Kreisen ungewöhn- lich, und Rafe rechnete sie ihm hoch an. „Ich verstehe Sie und schätze Sie umso mehr, da Sie dem Wohlergehen Ihrer Tochter Vorrang einräumen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufrichtigkeit und wünsche Mary Rose alles Gute."
Wenngleich er eigentlich niedergeschlagen hätte sein müssen oder verärgert darüber, dass ihm bereits zum zweiten Mal sei- ne Zukunftspläne durchkreuzt worden waren, hatte Rafe nur eine große Erleichterung empfunden, als er das Haus des Earls verlassen hatte. Ihm war, als sei ihm eine große Last von den Schultern genommen worden.
Rafe sah nun wieder zu Max Bradley auf, der im Salon der Hotelsuite auf und ab ging. „Ich gebe zu, dass die Vorstellung, Danielle zu heiraten, ihren Reiz hat - aber sie hat auch einen Haken. Danielle mag mich nicht, und wenn ich um ihre Hand anhielte, würde sie mich mit großer Wahrscheinlichkeit zurück- weisen."
„Das müssen Sie selbst herausfinden. Und natürlich sollten Sie sich auch fragen, ob sie Ihnen überhaupt noch etwas be- deutet."
Bedeutete sie ihm etwas? Als er Danielle heute gesehen hat- te, meinte er, wieder die Danielle von vor fünf Jahren vor sich zu haben. Nicht mehr von seinem Hass geblendet, hatte er sie endlich wieder so wahrgenommen, wie sie wirklich war - eine schöne junge Frau, klug und warmherzig. Eine Frau, die keiner- lei Schuld an dem betrügerischen Vertrauensbruch hatte, des- sen er sie so lange bezichtigt hatte.
„Ich möchte, dass Danielle glücklich wird. Das bin ich ihr schuldig, und ich bin fest entschlossen, alles dafür zu tun."
Max schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Nun,
dann viel Glück. Mir scheint, dass Sie es brauchen werden." Max nahm einen letzten Schluck von seinem Brandy und stell- te das Glas dann auf den Mahagonitisch, der vor dem Sofa stand. „In der Zwischenzeit habe ich noch einige Dinge zu er- ledigen, und wenn sich meine Informationen als richtig erwei- sen, werde ich Ihre Hilfe brauchen."
„Lassen Sie es mich wissen, wenn es so weit ist", erwiderte Rafe.
Max nickte schweigend und war kurz darauf fast ebenso un- bemerkt verschwunden, wie er gekommen war. Rafes Gedan- ken kehrten sofort zu Danielle zurück.
Er war ihr das Glück schuldig, das er ihr einmal genommen hatte. Und zu diesem Zweck musste er mehr über den Mann wissen, den sie heiraten würde.
Rafe lächelte finster.
Dann stand er auf und ging zu dem silbernen Tablett, das auf dem Sheraton-Tisch neben der Eingangstür stand. Er nahm den gefalteten Briefbogen zur Hand, den er heute Morgen er- halten hatte - eine Einladung von Mrs. William Clemens zu ei- ner kleinen Abendgesellschaft, die heute Abend in ihrem Haus stattfinden sollte.
Manchmal zahlte es sich doch aus, ein Duke zu sein.
Rafe hatte bereits eine Antwort geschickt und seine Freude darüber ausgedrückt, ihr Gast sein zu dürfen.
Danielle fand bald heraus, dass das Essen im kleinen Kreise von Richards Familie eine Abendgesellschaft mit zwanzig, dem Anlass entsprechend elegant gekleideten Gästen im prachtvol- len Stadthaus von Richards Mutter in Society Hill sein wür- de.
Richard lebte in einem etwas kleineren, aber keineswegs we- niger vornehmen Backsteinbau, der einige Straßen entfernt lag. Außerdem besaß er ein Landhaus in Easton, wo er wohnte, wenn er dort geschäftlich zu tun hatte, was allem Anschein nach recht häufig der Fall war.
Den Nachmittag hatte Danielle mit Richards Mutter, Richards Sohn William und seiner Tochter Sophie verbracht. Es war das eiste Mal, dass sie alle längere Zeit zusammen waren. Richard hatte ihnen auch eine Weile Gesellschaft geleistet, doch die Kin- der begannen schnell, ihm auf die Nerven zu gehen, und er ent- schuldigte sich bald dafür, leider gehen zu müssen.
Danielle konnte es ihm nicht wirklich verübeln. William und Sophie hatten fast den ganzen Tag miteinander gezankt, sich gerauft und einen Koller nach dem anderen bekommen. Als Danielle sich endlich auf den Weg zu Tante Floras Haus ma- chen wollte, um ihr Tageskleid gegen eine elegante Abendrobe zu tauschen, stritten sich die beiden immer noch.
Und als Danielle und Tante Flora mit den ersten Gästen um sieben Uhr eintrafen, konnten sie schon wieder das Gezänk der Kinder hören.
„Gib mir mein Pferd zurück!" William war sieben Jahre alt, Sophie sechs. Beide waren blond, William hatte braune Augen und Sophie grüne. Sie ähnelten ihrem Vater sehr.
„Es ist mein Pferd", beharrte Sophie.
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