Martin, Kat - Perlen Serie
bleiben."
Sie atmete tief durch. „Was kann ich für Sie tun?"
„In den Monaten seit meiner Flucht habe ich verschiedene Leute damit beauftragt, sich umzuhören. Einer meiner In- formanten hat jetzt den Jungen, Peter O'Daly, ausfindig ge- macht."
Grace' Herz machte einen Sprung. „Und was sagt er?"
„Zunächst schwieg der Junge. Erst als man ihm drohte, ihn den Behörden zu überstellen, gab er den Namen des Mannes preis, in dessen Auftrag er die Staatsgeheimnisse entwendet hatte."
„Wie ... wie heißt er?"
„Martin Tully, Earl of Collingwood."
Grace schwankte ein wenig auf ihrem Stuhl, und ihr Vater griff nach ihrem Arm.
„Kennst du ihn?"
„Ja. Ich habe ihn an Bord der Lady Anne kennen gelernt, während ich nach Norden zu Tante Matilda reiste. Er wirk- te wie der vollkommene Gentleman und war sehr an einer Freundschaft mit mir interessiert. Später hat er mich sogar in Scarborough besucht."
„Ich denke, dass Collingwood dahintergekommen ist, in welcher Beziehung wir beide zueinander stehen. Er wird sich große Sorgen machen, dass ich herausfinde, dass er der eigent- liche Verräter ist."
„Das war sicher auch der Grund seines Interesses an mir. Er muss gehofft haben, dass ich ihn zu Ihnen führen würde." „In der Tat. Der Earl möchte mich lieber tot als lebendig se- hen."
„O Vater!" Sie sah sich argwöhnisch um. „Was ist, wenn er mich beobachten lässt... wenn mir jemand gefolgt sein sollte? Ich war zwar vorsichtig, aber ..."
„Dich zu sehen ist das Risiko wert. Du warst von Anfang an meine große Hoffnung gewesen, Grace."
„Sicher wird doch auch Ihre Gattin ..."
„Meine Frau ist recht zart besaitet und nicht in der Lage, sich um eine solche Angelegenheit zu kümmern. Ich habe zwar noch ein paar gute Freunde, die an meine Unschuld glauben, aber die meisten haben sich von mir abgewandt."
„Wenn Lord Collingwood der wahre Schuldige ist, dann brauchen wir Beweise."
„Ganz genau. Und ich hatte gehofft, dass du in dieser Sache deinen Mann um Hilfe bitten könntest. Du hast bereits seine
Rachegefühle mir gegenüber erwähnt und dass er glaubt, ich sei für den Tod seiner Männer verantwortlich. Nur sehe ich auch, wie viel er dir bedeutet, und daraus schließe ich, dass er ein guter Mann sein muss. Erzähle ihm vom Earl of Colling- wood. Bitte ihn, der Sache nachzugehen. Ich bin mir sicher, dass er es für dich tun wird."
Ihr grauste davor, Ethan darauf anzusprechen. Ihr Vater hat- te ja gar keine Vorstellung davon, wie groß sein Hass wirklich war. „Warum hat der Earl den Franzosen überhaupt die Ge- heimnisse verraten?"
„Geld, meine Liebe. Es gibt Gerüchte, dass Lord Collingwood vor gar nicht langer Zeit noch in tiefen finanziellen Schwierig- keiten steckte. Derzeit scheint er jedoch wieder recht vermö- gend zu sein. Bitte deinen Mann um Hilfe. Wenn der Marquess erst einmal davon überzeugt ist, dass ich die Wahrheit sage, wird er vielleicht vom überzeugten Feind zum ebenso über- zeugten Fürsprecher."
In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und eine große, ihr nur allzu bekannt erscheinende Person betrat die Schänke. Grace stockte der Atem - es war Ethan.
„Gehen Sie!", drängte sie ihren Vater. „Ich werde ihn solange ablenken."
Der Viscount erhob sich rasch und versuchte, sich unauffäl- lig in den hinteren Teil des Raumes zurückzuziehen, wo er durch eine Seitentür entkommen konnte. Derweil ging Grace auf ihren Mann zu. Es erleichterte sie ein wenig, dass es in der Schänke so schummrig war.
Als sie vor ihm stand, lächelte sie. „Ethan! Was um alles in der Welt machst du hier?"
Mit finsterer Miene musterte er sie. „Diese Frage sollte ich lieber dir stellen." Er packte sie bei den Schultern und schaute sich suchend um. „Er ist hier, nicht wahr? Du bist hierher ge- kommen, um deinen verdammten Vater zu treffen." Ohne auf ihre Antwort zu warten, schob er sie beiseite und eilte in den hinteren Teil der Taverne. Grace lief ihm nach.
„Er ist nicht hier!" Sie bekam den Schoß seiner Jacke zu grei- fen. „Bevor du kamst, ist er schon wieder gegangen!"
Ethan schüttelte ihre Hand ab und ging unbeirrt weiter. Er trat durch die Hintertür ins Freie, kam wieder herein und rannte die Treppe hinauf. Danach ging er noch in den Keller und kam einige Minuten später fluchend zurück. Er packte
sie grob an den Schultern. „Ich will wissen, wo zum Teufel er ist!"
„Ich weiß es nicht. Und wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen!"
Durchdringend
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