Martin, Kat - Perlen Serie
übergab. Bislang befand sich das Schiff allerdings noch auf einem Kurs, der sie immer weiter von der Stadt entfernte.Viel- leicht bestand ja Hoffnung.
In den letzten zwei Tagen hatte sie den Captain nur selten zu Gesicht bekommen, wofür sie im Grunde dankbar war. Mit seiner Mischung aus leidenschaftlichen Blicken und kal- ter Verachtung war der Mann nicht unbedingt ein wünschens- werter Umgang für eine junge Dame. Wenngleich Freddie und Schooner ihr halfen, sich die Zeit zu vertreiben, so fühlte sie sich doch eingesperrt und begann unruhig zu werden. Sie ging in der Kabine auf und ab, und es kam ihr vor, als würden die Wände sich stetig enger um sie schließen.
Wenn sie den Captain das nächste Mal sah, würde sie ihn bitten, mit ihr an Deck zu gehen. Es fehlte ihr, sich an der frischen Luft zu bewegen. Tagsüber öffnete sie nun immer eines der kleinen Fenster über dem Bett, aber das war nur ein schwacher Ersatz dafür, draußen die salzige Gischt auf ihrem Gesicht zu spüren und die frische Meeresluft tief einatmen zu können. Einzig die Erinnerung an die schaurigen Gesellen, die sie am ersten Tag an Deck erblickt hatte, hielt sie davon ab, alleine hinaufzugehen.
Sie hörte es an der Tür klopfen und erkannte sofort, dass es Freddie war. Wie überrascht war sie, als sie die Tür öffnete und hinter ihm zwei kräftige Männer erblickte, die eine dampfende Kupferwanne trugen!
„Regenwasser für Ihr Bad, Miss", verkündete Freddie. „Wir
sind letzte Nacht in einen argen Sturm gekommen und konn- ten endlich den Wassertank auffüllen. Der Capt'n dachte, dass Sie vielleicht baden wollen."
Allein die Vorstellung an ein Bad hob sofort ihre Laune!
„Wo sollen wir es hinstellen, Miss?"
„Vor dem Kamin wäre schön." Sie eilte durch das Zimmer und sah zu, wie die Männer den schweren Zuber vor dem nied- rig brennenden Feuer abstellten.
„Da drüben sind Leinentücher." Freddie zeigte auf einen kleinen Wäscheschrank. „Soll ich Ihnen eins holen?"
„Ich mache das schon. Danke, Freddie." Nachdem der Junge mit den beiden Männern die Kabine verlassen hatte, runzelte Grace nachdenklich die Stirn. Zwar legte sie jeden Abend ihre Kleidung ab, um das Nachthemd anzuziehen, und tat morgens dasselbe in umgekehrter Reihenfolge, aber mitten in der Ka- bine des Captains nackt in einer Badewanne zu sitzen ... dazu brauchte es schon mehr Mut.
Grace fühlte die Wärme, die von dem Wasser aufstieg, und spürte den Dampf auf ihrem Gesicht. Ihr Entschluss stand fest, und eilig begann sie, die Knöpfe am Rücken ihres Kleides zu öffnen. Wenn das nur so einfach wäre!
„Verdammte Dinger", murmelte sie wütend und wünschte sich, dass Phoebe hier wäre, um ihr zu helfen. Sie musste sich sehr verrenken, um auch noch an die letzten Knöpfe zu gelan- gen.
„Sie sehen aus, als könnten Sie Hilfe gebrauchen." Die Stim- me des Captains drang vom anderen Ende des Zimmers zu ihr. Grace war so beschäftigt mit ihrem Kleid gewesen, dass sie ihn nicht hatte hereinkommen hören.
In seinen polierten, kniehohen Stiefeln kam er nun auf sie zu. Sie bemerkte, dass er jetzt ein Bein etwas nachzog. Das war ihr schon früher aufgefallen, vermutlich rührte es von einer alten Verletzung her. Meist gelang es ihm, sein Handicap zu ka- schieren, doch wenn er unruhig oder verärgert war, verstärkte es sich.
Er zog seinen Mantel aus, warf ihn auf das Bett und stand dann nur noch in seinen eng anliegenden schwarzen Hosen und einem langärmeligen Hemd vor ihr. Wirklich - er sah aus wie ein Pirat, wie Black Bart oder der berüchtigte Captain Kidd, und vielleicht war er ja auch einer.
Immerhin hatte er sie von Bord der Lady Anne entführt und
hielt sie hier gegen ihren Willen gefangen.
Sie spürte seine Finger an ihrem Kleid, und mit einem Ge- schick, das erkennen ließ, wie vertraut er mit weiblicher Gar- derobe war, öffnete er die restlichen Knöpfe. Sobald das Kleid von ihren Schultern fiel, trat sie einen Schritt beiseite und hielt das Oberteil mit einer Hand an ihren Körper gedrückt. „Vielen Dank", sagte sie förmlich. „Wenn Sie mich entschul- digen würden ... ich möchte nun gerne das Bad nehmen, das Sie mir freundlicherweise haben bringen lassen."
Er bedachte sie mit einem unverschämten Lächeln. „Ich werde Sie nicht davon abhalten."
Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe. „Sie wollen doch nicht etwa in der Kabine bleiben, während ich mich ent- kleide?"
Ein Blick in seine blauen Augen, die sie verlangend ansahen,
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