Martin, Kat - Perlen Serie
vollkommen?", meinte nun auch die Schneiderin. „Ihre Gemahlin wird das Gespräch des Abends
werden."
Daran zweifelte Ethan keineswegs. In Londons besseren Kreisen wurde ohnehin schon eifrig über die Gründe für die übereilte Hochzeit spekuliert. Vielleicht hatten Cord und Victoria doch Recht damit gehabt, den Ball zu geben. Zumin- dest die Männer würden bei Grace' Anblick einfach glauben, dass er nicht mehr länger hatte warten können, sie zu seiner Frau zu machen. Sollten sie doch denken, dass seine Gründe rein körperlicher Natur waren!
Zunächst waren sie das ja auch gewesen. Nur mittlerweile empfand er etwas, das er weder verstehen noch benennen konnte. Er war sich nicht mehr sicher, wo das reine Begehren endete und etwas anderes - Wichtigeres - begann.
Und er wollte es auch nicht herausfinden.
Als Ethan sich vom Sofa erhob, war er dankbar, dass sein Gehrock lang genug war, seine immer noch anhaltende Er- regung zu verbergen. „Schicken Sie einfach eine Nachricht, wenn die Kleider für die letzte Anprobe bereit sind."
„Das Ballkleid und mindestens zwei der anderen Kleider sind Ende der Woche auf jeden Fall so weit."
Ethan wagte nicht zu fragen, wie viele Kleider sie noch meinte. Er wandte sich um und sah Grace auf sich zukommen, groß gewachsen und graziös. Vor seinem inneren Auge tauchte auf einmal ein Bild von ihr auf, wie ihr Körper sich mit dem Kind immer mehr rundete ... Manche Männer mochten dies wenig attraktiv finden, doch Ethan stellte fest, dass ihn die Vor- stellung faszinierte.
Erneut spürte er das heftige Pulsieren seiner Männlichkeit und verdrängte rasch die Erinnerung an ihre leidenschaftliche Begegnung in der Bibliothek. „Du musst müde sein. Ich bringe dich nach Hause."
„Madame Osgood sagt, dass am Ende der Straße ein Ge- schäft ist, das passende Accessoires verkauft. Ich verspreche dir, dass es nicht lange dauern wird."
Ihre Versicherung, dass es nicht lange dauern würde, amü- sierte ihn, denn er hatte diese Worte schon den ganzen Tag gehört. Dennoch bot er ihr seinen Arm und begleitete sie die Straße hinunter.
Vor einem kleinen Laden verlangsamten sich Grace' Schrit- te, und sie betrachtete gebannt die Auslage im Schaufenster. Ethan folgte ihrem Blick und sah winzige gestrickte Schüh-
chen, kleine, kunstvoll bestickte Decken in Blau und Rosa so- wie ein spitzenverziertes weißes Tauf kleid. Plötzlich schien es ihm, als ob auch sein Herz langsamer schlüge.
Grace war stehen geblieben und schien ihren Blick gar nicht mehr abwenden zu können von einem Paar blauer Stiefelchen. „Es könnte auch ein Mädchen werden", wandte Ethan ein und fuhr ihr mit dem Finger leicht über die Wange.
Sie wandte sich zu ihm um, und er bemerkte, dass Tränen in ihren Augen schimmerten. Tief in seiner Brust zog sich etwas zusammen. Grace lächelte nun, und die Tränen verschwanden. „Ich weiß", erwiderte sie. „Eine Tochter wäre auch schön, aber ich ... ich hoffe, dass es ein Sohn wird."
„Komm", sagte er mit sanfter Stimme und öffnete die Tür zum Laden. „Bevor wir noch länger hier draußen stehen, kön- nen wir uns auch drinnen umsehen."
Grace sah ihn an, als würde sie ihren Ohren nicht trauen. Ihr ungläubiger Blick rief ihm sein bisheriges Verhalten ihr ge- genüber ins Bewusstsein. Hatte er ihr mit der Heirat vielleicht noch weniger einen Gefallen getan als mit dem Verlust ihrer Unschuld?
Als sie nach einiger Zeit wieder aus dem Geschäft kamen, trug Ethan unzählige Schachteln und Pakete in seinen Armen. Er wollte gar nicht an die winzigen Sachen denken, die sie gerade für das Kind erworben hatten, dem er seinen Namen geben würde - das er aber eigentlich gar nicht haben wollte. Seine Stimmung fiel merklich ab. Während Grace in dem von Madame Osgood empfohlenen Geschäft ihre Einkäufe tätigte, wartete er draußen, und danach fuhren sie direkt nach Hau- se.
Dort angekommen, verzichtete er auf sein Abendessen, zog sich seine Abendgarderobe an und machte sich sofort auf den Weg in seinen Club. Er hoffte, dort weder Cord noch Rafe anzu- treffen, denn ihm war nicht danach, über Grace reden zu müs- sen.
Er blieb die ganze Nacht aus und kehrte erst in den frühen Morgenstunden nach Hause zurück, denn ihm graute vor sei- nem leeren Bett und der Versuchung, seiner Frau einen nächt- lichen Besuch abzustatten.
Er hatte Angst davor, was er fühlen würde, wenn er mit ihr in seinen Armen aufwachte.
Grace sah sich die Babykleider an, die sie heute mit
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