Mary Poppins
und wandte sich ab. Der andere Hund stand auf.
»Oh, er meint es wirklich«, schrie Miß Lark. »Ich sehe, daß er darauf besteht. Er will fortgehen.« Sie schluchzte einen Augenblick in ihr Taschentuch, dann putzte sie sich die Nase und sagte: »Also gut, Andy, ich gebe nach. Dieser – dieser ordinäre Hund mag bleiben. Unter der Bedingung natürlich, daß er im Kohlenkeller schläft.«
Erneutes Kläffen von Andy.
»Das lehnt er ab, Miß Lark. Ihr Vorschlag genügt ihm nicht. Sein Freund muß ebenso wie er ein seidenes Kissen bekommen und auch in Ihrem Zimmer schlafen dürfen. Sonst will er mit seinem Freund zusammen im Kohlenkeller schlafen«, sagte Mary Poppins.
»Andy, wie kannst du nur!« stöhnte Miß Lark. »Dazu werde ich nie meine Zustimmung geben.«
Andy sah drein, als ob er gleich weglaufen wollte. Ebenso der andere Hund.
»Oh, er verläßt mich!« jammerte Miß Lark. »Also gut, Andy. Ganz wie du willst. Soll er also mit in meinem Zimmer schlafen. Aber ich werde nie wieder ich selbst sein, nie mehr, nie mehr. Solch ein ordinärer Hund!«
Sie wischte sich über die nassen Augen und fuhr fort:
»Das hätte ich nie von dir gedacht, Andy. Aber ich werde nichts mehr sagen, ich behalte meine Gedanken für mich. Und dieses – hm – Tier werde ich Stromer oder Strupp nennen oder – «
Da blickte der andere Hund Miß Lark höchst entrüstet an, und Andy bellte laut.
»Sie sagen, daß Sie ihn Willibald nennen sollen und nicht anders«, sagte Mary Poppins. »Willibald sei sein Name.«
»Willibald! Was für ein Name! Das wird ja immer schöner!« rief Miß Lark verzweifelt. »Was will er denn jetzt?« Denn Andy bellte schon wieder.
»Er sagt, wenn er zurückkommen soll, dürfen Sie ihm nie wieder einen Mantel anziehen oder ihn zum Friseur bringen, das ist sein letztes Wort!«
Es entstand eine Pause.
»Einverstanden!« sagte Miß Lark schließlich. »Aber ich warne dich, Andy, mache mich nicht verantwortlich, wenn du dich erkältest und dir den Tod holst!«
Damit wandte sie sich um und schritt hoheitsvoll, die letzten Tränen verschluckend, die Treppe hinauf.
Andy nickte Willibald zu, als sagte er: Auf geht’s, und dann trotteten sie Seite an Seite langsam den Gartenweg hinauf, den Schwanz wie eine Fahne schwingend. So folgten sie Miß Lark ins Haus.
»Siehst du, er ist gar kein Dummerjan«, sagte Jane, während sie die Treppe zum Kinderzimmer hinaufgingen, um Tee zu trinken.
»Nein«, gab Michael zu. »Aber woher, glaubst du, wußte das Mary Poppins?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Jane. »Aber sie wird es uns nie und nimmer sagen. Das weiß ich ganz bestimmt.«
5. Kapitel
Die tanzende Kuh
Jane lag, den Kopf fest in Mary Poppins’ großes, buntes Taschentuch eingewickelt, mit Ohrenschmerzen im Bett.
»Was für ein Gefühl ist es?« wollte Michael wissen.
»Als ob in meinem Kopf drin Schüsse knallen!« antwortete Jane.
»Kanonen?«
»Nein, Knallbüchsen.«
»Ach«, sagte Michael. Er wünschte sich beinahe auch Ohrenschmerzen. Es klang so aufregend.
»Soll ich dir eine Geschichte vorlesen?« fragte Michael und ging zum Bücherbord.
»Nein, das kann ich nicht aushalten«, sagte Jane und hielt sich mit der Hand das Ohr zu.
»Oder soll ich mich ans Fenster setzen und dir erzählen, was draußen passiert?«
»Ja, bitte!« sagte Jane.
So saß Michael den ganzen Nachmittag auf der Fensterbank und berichtete ihr, was auf der Straße vorging. Manchmal war es langweilig, manchmal aber höchst aufregend.
»Da kommt Admiral Boom«, sagte Michael zum Beispiel. »Er ist gerade aus seinem Tor getreten und läuft die Straße hinunter. Da ist er. Seine Nase ist noch röter als sonst, und er hat einen Zylinderhut auf. Jetzt geht er am Nebenhaus vorüber…«
»Sagt er >verdammt noch mal!« wollte Jane wissen.
»Ich kann’s nicht hören. Ich nehme es an. Miß Larks zweites Hausmädchen ist im Nachbargarten. Und in unserem Garten ist Robertson Ay, kehrt die Blätter zusammen und guckt über den Zaun nach ihr hin. Jetzt setzt er sich und ruht aus.«
»Er hat ein schwaches Herz«, sagte Jane.
»Woher weißt du das?«
»Er hat mir’s erzählt. Er sagte, sein Doktor will, daß er so wenig wie möglich arbeitet. Und ich habe gehört, wie Pappi sagte, wenn Robertson Ay tut, was sein Doktor will, so wird er ihn entlassen. – Oh, wie das knallt und knallt!« jammerte Jane und griff sich wieder ans Ohr.
»Hallo!« rief Michael aufgeregt vom Fenster her.
»Was ist los?« rief Jane zurück und
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