Marzipaneier (Junge Liebe)
Frankfurts. Ursprünglich war die Hauptwache ein militärisches Wachgebäude und Gefängnis. Heute ein Cafè. Die Besonderheit daran ist, dass jeder einzelne Stein vor dem Bau der U-Bahn nummeriert und abgetragen wurde, um die Hauptwache nach Fertigstellung der Bahn an Ort und Stelle originalgetreu wieder aufzubauen. Im Untergeschoss befindet sich nun eine Haltestelle. Oben ist sie zum Treffpunkt der Skater geworden. Manchmal ist sie trotzdem noch wie ein Wachgebäude und ein Gefängnis. Für mich zumindest. Wenn man sich den Anforderungen der Clique nicht beugt, kann das mit folterähnlichen Methoden enden, die meist auf kommunikativer Basis, unter Verwendung ausreichender Vulgärsprache, unter den Beteiligten ausgetragen wird. Wobei der Schwächere immer zu verlieren scheint. Dem wachsamen Auge der Intriganten entgeht man nur, wenn man sich ihrem meist niederen Niveau anpasst oder unauffällig bleibt. Außerdem wird jeder Schritt, den man tut und jedes Denken, das man an den Tag legt, kritisch beäugt und beobachtet. Man darf keinen Fehler machen.
Zurückschreiben werde ich Ben nicht. Will ihn auf die Folter spannen. Aus welchem Grund er mich auch immer sehen möchte. Unerklärlich. Jetzt kann ich zumindest einschlafen. Er wünscht mir eine Gute Nacht. Ach wäre Ben doch nur mein Freund. Ich denke an ihn und schlafe ein.
Mein erster Schultag im neuen Schuljahr verläuft genauso, vielleicht noch schlimmer, wie ich es mir vorgestellt habe. An unserer Schule gibt es sicherlich wenig schlechte Lehrer, nur genau die habe ich allesamt erwischt. Abgesehen vom ganzen Trouble mit den Lehrern ist es toll, alle nach sechs Wochen wieder gesund beisammen zu sehen.
Eigentlich lässt sich unsere Klasse in drei Gruppen einteilen. Da gibt es natürlich die Elite, zu der man zum Beispiel Mark, Ivo und mich, sowie eine Hand voll attraktiver Mädels zählen kann. Bei uns ist vor allem das Image, Feiern, Mode und wie man sich gibt wichtig. Manche von uns sind sogar schulisch ziemlich erfolgreich wie Ivo oder Mia. Das trifft jedoch bei weitem nicht auf die Mehrheit von uns zu.
Hauptsächlich besteht unsere Klasse aus den Ruhigen. Mit ihnen kann man im Großen und Ganzen auskommen. Bei ihnen weiß man nicht genau, was man von ihnen halten soll, da sie aufgrund ihrer Schweigsamkeit sehr schwierig einzuschätzen sind. Aber sie lassen uns zumindest ihre Hausaufgaben abschreiben und haben ab und an mal einen ganz coolen Spruch auf Lager. Im Gegensatz zu den Bekloppten. Das ist ein elender Haufen von absoluten Oberstrebern und Vollidioten, die sich keinerlei Gedanken um ihr Image, das Leben und ihr Aussehen machen. Sie sind einfach anders, nicht wie wir, und nur auf ihre guten Noten fixiert. In dieser Gruppierung befindet sich auch, oh welch Wunder, Verena.
Der Morgen vergeht wie im Flug und ich hoffe, dass das ganze Schuljahr so rasch vergehen möge. Wir, die Elite, und einige aus den Stufen unter uns oder coole Schüler von anderen Schulen, versammeln uns an der Hauptwache. Jay ist schon da. Auf dem Board ist er der absolute King. Seine Kunststücke reißen echt jeden vom Hocker. Touris haben ihn des öfteren schon bewundert. Er hofft, einmal entdeckt zu werden. Ich rechne damit, dass Lena auch schon hier ist.
Tatsächlich, sie sitzt etwas abseits, vielleicht macht ihr die starke Hitze wieder zu schaffen. So ein kurzer Sommerregen wäre jetzt genau das Richtige. Was ist bloß mit Lena los? Sie sitzt da, einsam und verlassen und wirkt, als ob sie geistig abwesend ist. Ihr Blick ist verbittert. Irgendwie tut sie mir Leid. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich sollte mal wieder nett zu ihr sein. Ich gehe zu ihr. Sie lehnt an einem Blumenkasten und scheint mich nicht im Geringsten wahrzunehmen. Mit versteinerter Miene mustert sie den trockenen Boden.
„Lena? Alles okay?“ Sie erhebt sich, versucht mir mit einem fingierten Lächeln etwas vorzuspielen und fällt mir in die Arme und beginnt zu weinen. Ich wusste, dass was nicht stimmt!
„Oh, Dennis. Es ist alles so sinnlos und schrecklich zugleich. Gestern Abend hat mein dummes Handy nicht funktioniert. Endlich bist du da!“ So aufgelöst habe ich sie noch nie erlebt. Immerhin habe ich nun eine Aufgabe, um dich ich mich kümmern kann und die mich meinen lieben Ben vergessen lässt.
„Sollen wir wohin gehen, wo wir alleine sind und unter uns reden können?“ Ich weiß mir nicht zu helfen.
„Nee. Nicht nötig. Hauptsache, du bist jetzt da.“
Sie tut mir leid. Sie
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