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Marzipaneier (Junge Liebe)

Marzipaneier (Junge Liebe)

Titel: Marzipaneier (Junge Liebe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Maier
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dabei gewesen sein. Außerdem verabscheue ich nichts mehr als Krankenhäuser. Schon der Geruch ist scheußlich. Die Sterilität macht mir Angst. Irgendwie erweckt die gesamte Aura eines Hospitals Krankhaftes in mir. Mum beauftragt mich damit, Biankas Eltern zu informieren, um später selbst nachzukommen. Da können sie warten bis sie schwarz werden. Keine zehn Pferde bewegen mich dazu, ins Krankenhaus zu gehen.
    Mum, Oma, Bianka und Ben steigen ins Taxi und kämpfen sich fahrend durch die Menschenmenge. Ich verabschiede mich unter einem lächerlichen Vorwand. Soll Dad doch selbst mit dem Rest der Familie nachfahren. Ich schlendre am Mainufer entlang. Das mache ich zurzeit oft. Hier kann man in Ruhe nachdenken, alleine sein und eine gewisse Anonymität genießen – und andere schwule Pärchen verstohlen beobachten. Ich weiß nicht, wie lange ich unterwegs bin. Mir begegnen immer wieder Schwule, die sich nichts aus ihrer Veranlagung machen und ihre Liebe voll ausleben. Die Sehnsucht brennt in mir, auch so leben zu können und es zerreißt mir das Herz. Als ich kurz nach Mitternacht heim komme, bereite ich mich auf den allergrößten Stress vor, doch zum Glück ist noch keiner zu Hause. Gegen fünf Uhr kommen sie leicht übermüdet nach Hause. Ihr Geschrei ist unüberhörbar. Ich glaube, sie hatten den einen oder anderen Schnaps zuviel.
     
    Nachdem ich aufgestanden bin soll ich in die Klinik geschleppt werden.
    „Das musst du dir ansehen. Ein Junge und ein Mädchen. Sie sehen aus wie du als Baby ausgesehen hast.“
    Mum spricht voller Euphorie. Das kann auch nur aus dem Mund einer Mutter kommen, die obendrein selbst noch ein Baby haben zu wollen scheint. Ich bin sauer.
    „Du weißt genau, dass ich Krankenhäuser nicht ausstehen kann. Ich gehe da nicht hin. Vergiss es! Egal wie süß die Kinder sind.“
    Mir fällt der gestrige Abend ein, als ich durch die Stadt und am Ufer entlanggelaufen bin. Ich habe eine Stinkwut auf die blöden Babys. Sonntagskinder. Ich gebe ihnen die Schuld daran, dass ihr Vater bei Bianka geblieben ist und sie geheiratet hat… und ich ihn ignorieren muss. Ich bin eifersüchtig. Dadurch hat sie Ben noch stärker an sich gekettet. Gestern war ich stolz auf mich, wie ich mit Ben umgegangen bin. Ich habe ihn lediglich begrüßt und auf seine Fragen mit Ja oder Nein geantwortet. Kurz, aber meist prägnant. Als sie ins Krankenhaus gefahren sind, war ich am Boden zerstört. Im Nachhinein ist es mir unbeschreiblich schwer gefallen. Ich hätte, so wie ich ihn behandelt habe, heulen können. Es kam mir vor, als hätte ich hundertmal mit einem Messer auf Ben eingestochen und dabei immer wieder mein eigenes Herz getroffen; und darin eine bluttriefende Wunde verursacht. Die Wunde ist noch nicht abgeheilt und läuft größte Gefahr wieder aufzubrechen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon bereit dazu bin, Ben in so kurzen Abständen äußerst gelassen zu behandeln. Das ist eine echte Herausforderung für mich.
    Mum nörgelt weiter. Kann die niemals Ruhe geben? Letztendlich lasse ich mich doch breitschlagen. Es gibt Momente, in denen Mum erst aufhört aufdringlich zu sein, wenn sie ihren Willen durchgesetzt hat. Typisch Frau eben! Auf dem Weg ins Krankenhaus versuche ich mir einige Worte zurechtzulegen. Wie ich mich dafür hasse, mitgekommen zu sein! Hoffentlich ist Ben nicht da. Mit einem mulmigen Gefühl schreite ich durch die Eingangspforte. Vor dem Eingang hängt ein Schild ‚Besuchszeiten von 10.00-16.00 Uhr’. Das Gemäuer bröckelt hier und da. Packen wir’s an! Mum will zuerst bei den Babys vorbeischauen und danach zu Bianka aufs Zimmer gehen. Wir steigen mühevoll einige Treppen hoch. Können wir nicht wenigstens den Aufzug nehmen? Die Wände sind weiß gestrichen, bestückt mit einer Vielzahl von Babyfotos. Es riecht steril, charakteristisch für Krankenhäuser. Ein abscheulicher Geruch! Ich werde immer langsamer und ein Brechreiz in mir verlangt nach seiner Ausführung. Muss das sein? Wir betreten einen Balkon und marschieren im Freien weiter. Die Null-Bock-Generation macht sich in mir breit. Das Wetter passt zu meiner Stimmung. Es ist kalt, jedenfalls kälter, als in den Tagen und Wochen zuvor. Ein trüber Himmel lässt es nieseln. Besucherfenster ziehen an uns vorüber, ohne dass ich reinschauen kann, da meistens die Vorhänge zugezogen sind. Ungefähr die fünfte Scheibe ist nun erreicht und Mum schreit spitz auf. Wir müssen wohl angekommen sein. Sie wippt förmlich auf ihren

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