Marzipaneier (Junge Liebe)
auf der Hand. Sie würden mich, allen voran Mark, als Aussätzigen behandeln. Als hätte ich Lepra. Bloß nicht berühren! Ich will den Kontakt zur Clique nicht verlieren. Vorerst wird es auf eine außergewöhnliche Affäre hinauslaufen. Aber was mache ich mir über ungelegte Eier Gedanken? Ich werde alles auf mich zukommen lassen und dann weitersehen. Im Moment habe ich eh nur Baumschmücken im Kopf.
Im Handumdrehen ist die erste Etappe der Feiertage geschafft. Schade, dass Weihnachten immer wie im Flug vergeht. Vorfreude auf morgen kommt in mir auf. Bei Oma und Opa wird sich die ganze Familie versammeln. Eigentlich verabscheue ich nichts mehr als Familientreffs. Besonders das falsche Gesülze geht mir auf den Wecker. Jeder ist neidisch auf den anderen, versucht das aber anhand miserabler Schauspielkunst gekonnt zu überspielen. Diese Heuchelei ist peinlich, erst recht wegen der nach außen hin starken religiösen Verankerung unserer Sippe. Mir fällt dazu nur ein Begriff ein: Scheinheiligkeit. Wer so etwas als christlich bezeichnet, tut mir Leid. Ben sieht das genauso. Natürlich ist nur er der Grund, weshalb ich scharf auf morgen bin. Auch wenn Bianka dort sein wird. Besser als nichts. Ich bin aufgeregt, sodass ich nicht einschlafen kann. Wie wird Ben auf mich reagieren? Wird er mich überhaupt eines Blickes würdigen? Bestimmt! Alles andere wäre mehr als eine herbe Enttäuschung für mich. Unruhig wälze ich mich hin und her und kann nicht einschlafen. Ich kann’s kaum erwarten. Ich habe Lust auf seine Zunge, seinen Duft und seine Hände – und seinen Schwanz. Einfach auf alles. Ich wünschte die Zeit bis morgen vordrehen zu können. Hoffentlich finden wir ein paar ruhige Minuten in einer verlassenen Ecke nur für uns.
Nebenan stöhnen Cora und Felipe. Nicht schlecht! Das würde nicht einmal eine taube Oma überhören. Ein weiteres Hindernis, das mir das Einschlafen nicht unbedingt erleichtert, wenn die Schwester ihren Freund poppt, besser gesagt, von ihrem Freund gepoppt wird. Da kann man ja nicht auf keusche Gedanken kommen. Ich möchte wissen, wie Felipe nackt aussieht. Sein südländischer Touch hat was Erotisches, dennoch fehlt ihm das gewisse Etwas. Ich denke wieder an Schwänze. Mein kleiner Freund da unten ist plötzlich hellwach. Das stört mich. Könnte man das auf Knopfdruck doch einfach abstellen! Geht leider nicht. Das ist lästig. Ich denke an die Toilettenszene mit Ben. Erstaunlich wie präzise ich mich daran erinnern kann, obwohl ich nicht einmal Plan davon habe, was zurzeit unser Thema in Mathematik ist. Aber seinen Schwanz kenne ich genau. Der hat mich damals schon fasziniert. Ach Ben, ich brauche dich jetzt hier bei mir.
Wann ich eingeschlafen bin, weiß ich nicht mehr. Es ist kurz nach Acht. Cora und Felipe sind schon wieder aktiv. Die Ausdauer der beiden ist wirklich imponierend. Ich muss die Zeit bis zwölf Uhr totschlagen. Ich kann nicht anders als andauernd an Ben zu denken. Ich weiß mir nicht zu helfen. Unvorstellbar, dass Liebe so krank machen kann.
Die Fahrt zieht sich ins Unermessliche. Alle Sonntagsfahrer scheinen genau jetzt auf den Straßen Frankfurts zu sein. Haben die nichts Besseres zu tun, als mir meine kostbare Zeit zu rauben? Stundenlang habe ich im Bad verbracht, um meinen Style aufzupolieren. Zugegeben, ich habe der Natur ein wenig nachgeholfen und mir ein bisschen Farbe ins Gesicht geschmiert. Aber wirklich nur ein bisschen, bin ja keine Tunte. Kann trotzdem nicht schaden. Wo steht bitte geschrieben, dass sich Jungs und Männer nicht auch schminken dürfen? Und was für Frauen nützlich ist, kann Männern doch nicht schaden! Ich fühle mich auf einmal wohl in meiner Haut. Dennoch bin ich aufgeregt. Mum bemerkt meine Nervosität. Sie sagt nichts. Wahrscheinlich unerklärlich für sie. Ihr verwirrter Blick sagt soviel wie: Früher war er nie so wild auf die Geschenke, was ist nur mit dem Jungen los? Genau das ist das Problem. Sie sieht in mir immer noch den kleinen, braven, verspielten Jungen. Gut, manchmal kann das von Vorteil sein. Jetzt zum Beispiel ist es die ideale Tarnung. Aber meistens geht mir das total auf die Nerven. Ich bin kein Kind mehr!
Erleichtert nehme ich zur Kenntnis, dass Bens Auto noch nicht vor Omas Haus parkt. Ich habe noch Zeit, mich auf den Augenblick des Tages vorzubereiten. Er ist noch nicht da. Im Sitzen ist es leichter ihm zu begegnen, weil ich dann mit der Stuhllehne etwas habe, woran ich mich festhalten kann. Opa bittet uns herein. Der
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