Marzipaneier (Junge Liebe)
Noten zu unternehmen. Du wirst dich auf der Stelle wieder ausziehen und dich nicht mit Bendix treffen. Das ist keine höfliche Bitte. Damit wir uns verstehen!“
Nein! Ich lass mir nicht vorschreiben mit wem ich ausgehen soll und mit wem nicht.
„Hör auf mit Sprüchen aus dem letzten Jahrtausend zu nerven. Bis heute Abend.“
Schnell bewege ich mich zur Tür, ehe sie mich zurückholen können. Es ist neu für mich, meine Meinung gegen meine Eltern durchzusetzen und zu vertreten. Ich habe vielleicht heftig reagiert, aber es bestärkt mich. Aller Anfang ist schwer.
„Dieses eine Mal noch. Aber dann ist Ende der Fahnenstange! Diese Sprache kannst du dir übrigens wieder abgewöhnen. Außerdem heißt dein Onkel Bendix, nicht Ben! Nenne ihn gefälligst auch so!“, ruft Dad mir hinterher.
Wen juckt’s?! Wenn es ihm so besser geht. Da steh ich drüber.
Das Wasser der Pfützen am Wegrand ist vereist. Ich muss aufpassen. Ich freue mich auf Ben. Wir treffen uns vor den Gläsernen Zwillingen. Ich hoffe, ihn bei der eisigen Kälte nicht allzu lange warten zu lassen. Ein unangenehmer Wind weht mir um die Nasenspitze. Es wird schon dunkel. Die Erinnerung an Silvester veranlasst ein vibrierendes Kribbeln in mir. Schließlich ist es unser erstes Treffen seit der Neujahrsnacht. Gespannt marschiere ich auf die Türme der Deutschen Bank zu. Von weitem sehe ich Ben bereits warten. Ich strahle von ganzem Herzen.
„Hi, Kleiner.“
„Tag, Ben!“
Ich bin nicht sicher, ob ich ihn vor seinem Arbeitsplatz umarmen soll. Man bekommt schnell ein Image verpasst, das im Alltag hinderlich ist. Das muss er nicht haben. Er legt seinen Arm um mich.
„Komm, lass uns ein Stück gehen. Bei euch geht’s heiß her, nicht?“
„Das kann man wohl sagen! Zu Hause ist dicke Luft. Ich kann nicht verstehen, was an deiner Entscheidung schlimm sein soll.“
„Das kann ich dir erklären. Das passt nicht ins Schema. Es gehört sich schlichtweg nicht und du weißt ja: Der Ruf ist das wichtigste neben den Normen und Pflichten in unserer Familie. Kann auch sein, dass es nur eine Trotzreaktion auf diese spießige Art zu leben ist. Ich weiß es nicht. Jedenfalls bin ich stolz, diese Grenzen zu sprengen.“
Diese Aussage hätte wortwörtlich von mir stammen können. Cool, dass er in diesem Fall dieselbe Meinung hat wie ich. Wir nähern uns der Zeil, damit später mein Heimweg nicht so weit ist. Die Straßen und Häuser sind hell erleuchtet. Schade eigentlich, denn ich verspüre das Verlangen danach Ben zu küssen. Die Gefahr dabei erwischt zu werden hat einen besonderen Reiz, andrerseits ist es besser unsere Liebschaft, solange es nur irgendwie geht, geheim zu halten.
„Tapetenwechsel würde uns nicht schaden. Was meinst du? Ich hab da ’nen Vorschlag. Lass uns an Karneval nach Mainz fahren, um ein bisschen abzufeiern. Da kennt uns keiner und wir können uns ungestörter verhalten.“
Ich bin begeistert.
„Sure, das wär echt krass. Du sprichst mir aus der Seele. Ich bin auf alle Fälle mit dabei. Nur wir beide?“
„Na klar. Was denkst du? Ich ... liebe ...dich. Du musst aber akzeptieren, dass ich meine Kinder auch liebe. Nur, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen“, spricht er leise, mit den Augen stets auf der Lauer nach ihm bekannten Gesichtern.
„Und was ist mit Bianka?“
„Na ja ... soviel Zeit habe ich jetzt nicht, dir das vollständig erklären zu können. Das holen wir nach. Sie ist die Mutter meiner Kinder ...!“
Das verstehe ich nur begrenzt. Liebt er sie noch oder liebt er sie nicht mehr? Egal. Denn ein Teil seines Herzens gehört definitiv mir. Das ist mehr, als ich mir je erträumt habe. Seine Liebeserklärung läuft mir runter wie Öl. Damit hat er mir einiges an Kraft gegeben und mir gezeigt, dass ich mich nicht für meine Gefühle schämen muss. Es ist so schön, geliebt zu werden. Beruhigt schlendern wir die Zeil entlang. Jeder scheint es heute Abend eilig zu haben. Winterschlussverkauf in den Läden überfüllt die Stadt, obwohl es schon dunkel, kalt und spät ist. Apropos spät! Ich sollte längst zu Hause sein und beim Abendbrot sitzen. Das gibt Ärger!
„Ben, es ist verdammt spät. Wann sehen wir uns?“
„Ich melde mich. Warte kurz.“ Er packt mich sanft am Arm und zieht mich in eine unbeleuchtete Nebengasse.
„Dafür muss noch Zeit sein.“ Seine Küsse versetzen mich in eine andere Dimension, in der es nur darum geht, zu genießen. Mein Hirn ist ausgeschaltet. Meine Hände arbeiten sich
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