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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Bisher hatte ich das Bein niemandem vorgeführt. Nicht als Ganzes. Sogar vor meinen Laborassistenten hatte ich es versteckt. »Ich bin noch in der Versuchsphase. Es ist noch viel zu tun. Aber ich würde gern Ihre Meinung hören. Als Frau vom Fach.«
    Lola musterte mich, dann blickte sie sich um. »Wo ist es?«
    Ich nahm sie mit ins Labor 4. Eine Begegnung mit meinen Assistenten war eher unwahrscheinlich. Katherine verbrachte die meiste Zeit mit ihren Ratten, und Jason klebte in der Glashalle an seinem Terminal. Wenn man ihn gelassen hätte, hätte sich Jason wahrscheinlich gar nicht mehr von diesem Platz wegbewegt. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten.
    »Wie weit unten sind wir eigentlich?« Sie fixierte die Stahlpfeiler an den Wänden.
    »Ungefähr zwanzig Meter.« Ich zog meine Ausweiskarte durch das Lesegerät. Die Tür klickte. »Sie müssen das auch machen mit Ihrem Schild.«
    »Warum sind wir denn zwanzig Meter unter der Erde?«
    »Für den Fall, dass was schiefgeht.« Ich schritt voran ins Labor 4. Das Bein lag unter einem weißen Tuch auf einer isolierten Bodenmatte. Umgeben von Werkbänken und Lampen. Das Tuch hatte ich darübergebreitet, weil ich nicht wollte, dass jemand es von der Glashalle her begutachtete und Vorschläge machte.
    Lola richtete den Blick auf mich. Nachdem ich genickt hatte, trat sie näher. Ich blickte auf: keine Spur von Jason. Gut. Lola berührte das Tuch. »Darf ich …?«
    Ich zog das Tuch weg, und Lola atmete ein. Ich schaute ihr ins Gesicht, um zu erkennen, ob es ein gutes Einatmen war oder nicht. Schwer zu sagen. Was für einen Eindruck machte das Bein auf jemanden, der es noch nie gesehen hatte? Irgendwie spinnenartig vermutlich. Der obere Teil war ein schwarzes Gitter aus ineinandergreifendem Stahl. Von dort mündeten zwei silberne Kolben in einen gespreizten Fuß mit acht Zehen. Darauf war ich besonders stolz gewesen, doch auf einmal kam es mir unheimlich vor.
    Lola lief dreimal um die Konstruktion herum. Schließlich stoppte sie in der Nähe der Zwinge. Sie war noch da. Maschinen dieses Formats wurden nicht ausrangiert, bloß weil sich ein Idiot darin ein Bein abgetrennt hatte.
    »Das haben Sie gebaut?«
    »Ja.«
    »Wie haben Sie … wie haben Sie das gemacht?«
    »Sie wissen schon.« Ich zuckte die Achseln. »Immer eins nach dem anderen.«
    »Sieht schwer aus.«
    »Ungefähr hundert Kilo.« Ich deutete auf Dellen im Boden. »Das sind seine Abdrücke.«
    »Und wie hebt man es an?«
    »Gar nicht. Es geht selbstständig.«
    Lola starrte mich an.
    »Natürlich ist es nicht ideal. Es muss in Berührung mit dem Boden bleiben. Aber mit Treppen kommt es klar. Die Zehen können bis zu fünfundzwanzig Zentimeter ausgefahren werden. Von außen ist das nicht zu erkennen, aber darunter sind zwei Orbitalräder an einer beweglichen multidimensionalen Achse. So kann das Bein je nach Gelände zwischen Zehen und Rädern wechseln.«
    Wieder umrundete sie die Prothese. »Was ist das?« Sie deutete auf eine Reihe angeschweißter schwarzer Aluminiumkästchen in der Nähe der Fassung.
    »Das Prozessorgehäuse. Mit der Position bin ich eigentlich nicht zufrieden.«
    »Wozu dient das?«
    »Systemsteuerung. Datenspeicherung, GPS, WLAN und so weiter.«
    »Ihr Bein hat WLAN?«
    »Muss es ja. Ansonsten könnte es nicht online mit dem Routenplaner kommunizieren.«
    Lola zog die Augenbrauen hoch.
    »Man sollte dem Bein nicht sagen müssen, wo es hintreten muss. Man sollte ihm nur das Ziel mitteilen und es ihm überlassen, wie es hinkommt. Das ist grundlegende Datenkapselung.«
    Erneut wandte sich Lola dem Bein zu. Ich glaube nicht, dass sie das Prinzip der Datenkapselung wirklich verstand. Sie kniete sich neben das Bein und strich mit den Fingern über das Metall.
    »Ich bringe es mal an.« Ich zog einen Bürostuhl heran und löste die Riemen des Exegesis, der scheppernd auf den Boden fiel. Dann drückte ich den Hebel, der das neue Bein in eine gebeugte Stellung bewegte. Die Hydraulik zischte. Ich setzte den Stumpf an die Fassung, und er glitt hinein. Das war nichts Besonderes. Einfach eine Stelle, wo ich meinen Schenkel platzieren konnte.
    »Gibt es keine Riemen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Im Grunde liege ich darin.« Ich ging in Position und stand in dem Bein auf. »Bereit?« Sie nickte. Ich schaltete den Strom ein. Fast lautlos sprang der Servoantrieb an. Es gab eine Reihe von primitiven Knöpfen für einfache Funktionen, und ich drückte einen für eine kurze Strecke nach vorn. Dann lehnte ich mich

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