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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Als ich merkte, was Schwester Katie da machte, war es bereits zu spät. Entsetzt starrte ich die Plastikröhrchen an. »Können Sie die nicht drinlassen?«
    »Nein, wegen der Entzündungsgefahr.«
    Wie ein Schatten stand Carl hinter ihr. Eigentlich wollte ich das nicht in seiner Gegenwart erörtern, aber ich hing an diesen Kathetern. »Gibt es da keine Dauerlösung? Was machen Sie denn bei Gelähmten?«
    »Sie sind nicht gelähmt.« Katie warf die Schläuche in eine Plastiktüte mit der Aufschrift GEFÄHRLICHER BIOABFALL . »Sie können auf die Toilette gehen wie jeder normale Mensch.«
    Ich schwieg. Das stimmte. Ich konnte die Toilette aufsuchen. Aber warum sollte ich? Wir hatten die Technologie für ein überlegenes Abfallbeseitigungssystem, wollten sie aber nicht benutzen, weil wir es vorzogen, die Exkremente in eine offene Wasserschüssel fallen zu lassen und uns die Reste mit Baumpulpe vom Arsch zu wischen. Doch ich wusste, dass jede Diskussion darüber mit Katie zwecklos war. Bevor sie sie wegbrachte, schaute ich mir die Katheter noch einmal genau an, um mir ihre Funktionsweise einzuprägen.
    Ich fing an zu trainieren. Zuerst auf dem Rücken, dann auf dem Bauch hob ich nacheinander die Schenkel in die Luft. Jeweils drei Sätze mit zehn Wiederholungen. Diese Terminologie hatte ich irgendwie aufgeschnappt. Auch Liegestütze machte ich. Allerdings war das weniger beeindruckend, als es klang, weil ich auf meinen Stümpfen ruhte. In der Highschool hatten wir Mädchenliegestütze dazu gesagt. Es war ein gutes Gefühl, meinen Körper wieder zu bewegen, aber nur, weil mein Gehirn zur Ermunterung Endorphine freisetzte. Als würde man fürs Autowaschen bezahlt. Doch ich tat es, weil ich wusste, dass Lola mich dazu aufgefordert hätte.
    Vier Psychiater besuchten mich. Alle zusammen, wie bei einer Konferenz. Zwei Männer, zwei Frauen, einer der Männer ein Schwarzer. Sie wirkten wie einer Werbung für eine Immobilienanlage oder ein Lifestyle-Medikament entsprungen, die sich an die obere Mittelschicht wandte. Der Schwarze lehnte lässig an der Wand. Locker und ungezwungen lächelte er mich an, als würden wir uns kennen.
    Nachdem sich alle vorgestellt hatten, wurde ich gefragt, wie es mir im Krankenhaus gefiel. Eine der Frauen, eine Blondine mit spitzen Ohren, ließ sich über die Aussicht aus. Man hätte meinen können, dass sie bis jetzt unter der Erde gelebt hatte. Dann lenkten sie das Gespräch auf die Arbeit. Das war kein Problem für sie, weil ich nicht viel mehr sagte als H allo, Ja und Nein.
    »Wie ich höre, sind Sie eine Art Erfinder«, meinte der hellhäutige Mann. Er hatte sich auf den Stuhl gelümmelt, war aber trotzdem nicht so locker und ungezwungen wie der Schwarze. »Sie bauen Sachen.«
    »Beine«, warf die Frau mit den spitzen Ohren ein. Sie lächelte, als wollte sie sagen: Beine bauen, ist das nicht schlau?
    »Ja«, antwortete ich.
    »Ich würde gern mehr darüber erfahren.«
    Zum ersten Mal entstand eine Pause. »Na ja«, sagte ich. »Es sind eben Beine. Was soll ich da groß erzählen.« Ich schaute den Schwarzen an, in der Erwartung, dass er mir vielleicht locker und ungezwungen weiterhelfen würde. Aber das tat er nicht. Ich seufzte. »Ganz ehrlich, ich bin nicht scharf auf Schmerzen. Ich will mir keinen Schaden zufügen. Ich habe nicht vor …«
    »Natürlich. Das haben wir begriffen.« Der Mann lachte. »Sie müssen uns nicht von Ihrer geistigen Gesundheit überzeugen, Dr. Neumann.«
    Ich schaute von einem Gesicht zum anderen. »Was wollen Sie dann von mir?«
    »Diese Beine, die Sie konstruiert haben …« Die Frau stockte kurz. »Dem Vernehmen nach sind sie jeder anderen Prothese überlegen, die derzeit auf dem Markt ist.«
    »Ja. Soviel ich weiß.«
    »Sie sind sogar so hoch entwickelt, dass Sie … beschlossen haben, sich auch Ihr anderes Bein abzutrennen. Damit … Sie sich dafür eignen.«
    »Richtig.«
    »Sind sie stark?«, fragte der Schwarze an der Wand. »Das müssen sie doch sein.«
    »Sie sind okay.«
    »Nur okay?«
    »Sie sind noch nicht fertig.«
    »Aha.« Bedeutungsvoll blickte er die anderen an. »Wie sieht die weitere Arbeit aus?«
    »Er hat Ideen.« Diese Bemerkung kam von der Spitzohrigen. »Natürlich.«
    »Möchten Sie uns vielleicht etwas über diese Ideen erzählen?«, fragte der Mann auf dem Stuhl. »Wäre das möglich?«
    Ich stutzte. »Haben Sie sich nicht als Psychiater vorgestellt?«
    »Ich glaube nicht.« Er sah sich um. »Hat jemand etwas in dieser Richtung

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