Maschinenmann: Roman (German Edition)
für das Ganze, wo doch die Teile insgesamt viel mehr wert waren.
Wir haben das Geld angelegt, und das Vermögen ist gewachsen. Als ich achtzehn wurde, waren es fast sechshunderttausend Dollar.
Ich hab dem Arzt gesagt, dass ich etwas möchte, das ewig hält. Etwas aus Stahl. Denn es war alles, was mir von Dad geblieben war, und ich wollte, dass er mein Leben lang in meinem Herzen wohnt.«
Ihr Gesicht zerknautschte sich, und ihre Finger bohrten sich in den Baumwollverband auf ihrer Brust. »Und die haben es einfach rausgeschnitten.«
Nachdem Lola eingeschlafen war, fuhr ich hinaus in den Korridor.
Cassandra Cautery trat aus einer Tür drei Meter weiter. »Was für eine Geschichte.«
»Ja.«
»Ich finde es immer interessant, aus welchen Gründen sich Menschen für einen bestimmten Beruf entscheiden. Das sind Dinge, die man nie erahnen würde.«
Ich blieb stumm.
»Sie kann das Herz haben. Wir haben es nicht weggeworfen. Wenn sie so sehr daran hängt … bekommt sie es wieder.«
»Ich richte es ihr aus.«
Schweigen entstand.
Schließlich sagte ich: »Ich möchte das Projekt fortsetzen.«
»Ja«, erwiderte Cassandra Cautery. »Das dachte ich mir schon.«
Am nächsten Tag rollte mich Carl durch die Gänge der Forschungsabteilung zu den Labors. Es wurde nicht viel geredet zwischen uns. Während wir auf den Aufzug warteten, räusperte er sich. »Es hat mich sehr gefreut zu hören, dass Ms. Shanks auf dem Weg der Besserung ist.« Ich ließ seine Bemerkung unkommentiert.
Er brachte mich zu einem Labor, das wir von einem anderen Projekt übernommen hatten. Vor der Tür stoppten wir. »Ich habe meinen Ausweis nicht.« Das war ein Vorwurf an Carls Adresse, weil mir der Ausweis erst fehlte, seit er auf Lola geschossen hatte. Während ich sediert war, hatte man ihn mir zusammen mit meiner Hand und den Beinen abgenommen.
Carl zog seine eigene Karte durch. Das Schlossdisplay blinkte grün. Ich war überrascht, denn meines Wissens hatten Wachleute keinen Zutritt zu Labors. Hinter der Tür wartete ein großer Raum mit vielen Regalen. Auf Platten aus glänzendem Stahl lag ein halbes Dutzend Beinpaare in verschiedenen Stadien der Vollendung. Auch die Contours waren da. Rechts befand sich ein Sammelsurium von Fingern. Daneben mehrere Hände. Bis zu diesem Augenblick hatte ich eigentlich nicht daran geglaubt, dass sie mir meine Extremitäten zurückgeben würden. Innerlich hatte ich mich darauf eingestellt, dass plötzlich Cassandra Cautery auftauchen und mir etwas von einem unvermuteten Problem erzählen würde. Doch so war es nicht.
»Soll ich Ihnen einen Pullover holen?«
Ich fuhr leicht zusammen, weil ich Carl völlig vergessen hatte. »Was?«
»Sie zittern.«
Das stimmte. »Ach. Nein.« Ich legte die Hände auf die Griffe und rollte mich zu den Contours. Carl hielt mich nicht auf. Er packte mich nicht am Arm, um mir zu eröffnen, dass ich mir etwas anderes aussuchen sollte. Ich strich über das Metall, um die Verbindungen zu überprüfen und mich zu vergewissern, dass alles noch da war.
»Sie mögen diese Dinger wirklich«, stellte Carl fest. »Wie viel stemmen die eigentlich? Eine Tonne?«
»Ungefähr.« In Wirklichkeit sogar vier Tonnen. Und offen gestanden war das nichts im Vergleich zu dem, wozu sie nach einigen Modifikationen imstande sein würden, die ich mir überlegt hatte. Doch das ließ ich unerwähnt, weil mich Carl in ein Gespräch verwickeln wollte und ich keine Lust darauf hatte.
»Kraft kann man nie genug haben«, meinte Carl. »Das steht fest.« Er legte eine Karte auf eine Bank: meinen Ausweis. »Dann lass ich Sie jetzt allein.« Das war das letzte Mal, dass ich ihn sah. Als Ganzes, meine ich.
Ich suchte mir einen Satz Metallfinger aus und klickte sie an eine Hand. Es war keine vollständige Hand. Eher ein Handschuh. Bei dem Unfall waren nur drei Finger zermalmt worden. Alles halb so wild. Der Handschuh war so konstruiert, dass die künstlichen Finger leicht einrasteten und sich die Nadeln für die Nervenschnittstellen zwischen meine Knöchel bohrten. Wie kaum anders zu erwarten, tat das ziemlich weh, aber nicht lange. Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass man sich an alles gewöhnen konnte. Ich hatte das Gefühl, mit etwas Großem, Kaltem, Fernem verbunden zu sein, und meine Synapsen surrten angenehm. Ich sah meine Metallfinger an, und sie bewegten sich.
Dann rollte ich wieder zu den Contours und drückte auf den Knopf, damit sie sich zusammenzogen. Als sie eine bequeme Höhe hatten, hob
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