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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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dass der Leistungsfähigkeit meiner künstlichen Finger Grenzen gesetzt waren, solange sie an einem biologischen Arm befestigt waren. Das alte Engpassproblem. Also probierte ich herum. Im Grunde war das die beste Arbeitsweise: ohne bestimmtes Ziel im Kopf. Dadurch konnte ich die interessantesten Ideen erforschen und nicht nur die, die am wahrscheinlichsten die Vorgaben erfüllten.
    Einen solchen Einfall hatte ich im Aufzug, nachdem ich Lolas Zimmer verlassen hatte. Ich fuhr hinunter ins Labor 3 und schloss mich ein. Dort holte ich meinen Ideennotizblock heraus und fing an zu kritzeln. Eigentlich nur ein Gedanke. Auf diesem Gebiet kannte ich mich schließlich nicht besonders gut aus. Ich hatte keine Ahnung, was möglich war. Trotzdem, irgendwie gefiel es mir. Die Idee war, für Lola ein Herz zu konstruieren.
    Lola zog in eine Wohnsuite im oberen Teil von Gebäude C. Um sie zu besuchen, musste ich aus dem Aufzug steigen und kam auf dem Weg um das Atrium am Foyer vorbei. Wenn ich mit surrenden Kolben und plonk-plonkenden Hufen über den Teppichboden stapfte, drehten sich die Köpfe nach mir um. Münder klappten auf. Leute in Anzügen und Kostümen wichen aus, und Leute in weißen Kitteln schoben sich heran. Sie stellten Fragen, wollten von verwandten Projekten erzählen und mit mir für Fotos posieren. Die Aufmerksamkeit machte mir nichts aus, aber ich war auf dem Weg zu Lola, und sie hielten mich auf. Daher suchte ich mir einen Schleichweg, um die stark frequentierten Bereiche zu vermeiden. Ein Teil dieses Wegs war gefliest und splitterte bei meinem ersten Schritt zu einem Netz von Sprüngen. Nach kurzem Zögern strebte ich weiter.
    »Sie sollten eine Präsentation halten.« Cassandra Cautery lehnte an der Wand vor Lolas Suite. Sie hatte auf mich gewartet. »Alle fragen nach Ihnen.«
    »Okay.« Ich fühlte mich überrumpelt. Eigentlich hatte ich gar keine Lust auf eine Präsentation.
    »Ich nehme Sie beim Wort.« Sie lachte auf. »Und wie geht es so? Sind Sie glücklich?«
    »Ja.«
    »Ich habe einen Bericht über diese … äh … Brillen gesehen.«
    »Z-Linsen.«
    »Klingt einfach wunderbar.« Sie lächelte. »Ich selbst habe nie eine Brille gebraucht. Ich hatte immer hundert Prozent Sehfähigkeit. Einfach Glück.«
    »Z-Linsen sind besser als hundert Prozent. Sie liegen eher bei tausend Prozent.« Ich bemerkte Cassandra Cauterys Verwirrung. »Hundert Prozent heißt nicht, dass die Sehfähigkeit perfekt ist. Das ist ein Missverständnis. Es bedeutet nur, dass man auf eine bestimmte Entfernung so gut sieht wie ein durchschnittlicher Mensch.«
    »Das war mir nicht klar.«
    »Wenn jemand gute Augen hat, könnte man sinngemäß zum Beispiel von hundertzehn Prozent Sehfähigkeit sprechen. Sehr gute Augen wären bei einem Menschen hundertfünfzig oder meinetwegen hundertachtzig Prozent. Aber da muss man schon Nachkomme eines Nomadenstamms sein.« Ich beäugte ihr blondes Haar. »Ich glaube nicht, dass es bei Ihnen hundertachtzig Prozent sind.«
    »Aha.«
    »Tausend Prozent entspricht ungefähr den Augen eines Falken.«
    »Oh«, machte sie. »Na ja.«
    »Und jetzt möchte ich zu Lola«, sagte ich. »Wenn Sie erlauben.«
    Cassandra Cautery nickte. Sie wirkte nachdenklich. Ich ließ sie im Korridor stehen und trat ein.
    In Lolas Suite gab es einen kleinen Tisch. Am Abend rollte eine Schwester einen Servierwagen hinein und brachte Nudeln oder nicht identifizierbare Fleischstücke zum Vorschein. Das Essen schmeckte nicht besonders, aber für mich war es die schönste Zeit des Tages. Ich schnitt die Sachen mit einer Klinge klein, die in meinen Finger eingebaut war, und Lola schaute mir dabei zu.
    Eines Abends wollte ich nach dem Salz greifen, doch Lola hatte es bereits auf ihre Seite des Tischs gestellt. Ich blickte sie an. Sie trank aus dem Glas Wasser, das ich ihr gerade gereicht hatte. »Salz«, sagte ich. Doch sie nickte nur und trank weiter. Sie leerte das halbe Glas.
    Nachdem sie es abgestellt hatte, langte sie nach der Serviette und tupfte sich die Lippen ab. Sie streute Salz in die Suppe, dann reichte sie es mir. Schließlich bemerkte sie meinen Blick. »Was ist?«
    »Nichts. Es … nichts.«
    »Also was?«
    Ich stellte das Salz ab. »Du hast das Salz blockiert. Durch eine Verrichtung, die damit gar nicht in Zusammenhang steht.«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Du meinst das Trinken?«
    »Ja.«
    »Kannst du nicht mal fünf Sekunden auf das Salz warten?«
    »Doch. Aber Salz ist eine Gemeinressource. Wenn du es sperrst,

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