Maschinenmann: Roman (German Edition)
würdet denken: ›Moment mal, will uns diese Tussi mit den hohen Wangenknochen ausbooten? Hey, ich hab mich mein ganzes Leben lang abgemüht, damit ich gut mit einem Computer umgehen kann, und jetzt braucht man dazu nur noch ein Metallplättchen? Das ist unfair.‹« Sie nickte. »Das ist wie ein Zusammenstoß unterschiedlicher Welten. Ja, irgendwie schon. Das soll jetzt nicht heißen, stopp. Auf keinen Fall. Genau so was haben die da oben sich ja erhofft. Nur dass es tausendmal besser ist. Ein Erfolg, aber in einem Ausmaß, dass es fast schon in eine andere Kategorie fällt. Verstehen Sie, was ich meine?« Sie strich sich eine Locke hinters Ohr. Beim Senken der Hand streifte sie ihren Kiefer. »Wissen Sie, wie oft ich ins Fitnessstudio gehe, Charlie? Jeden Tag.« Sie lachte. »Keine Ahnung, warum ich das jetzt erwähnt habe. Es hat gar nichts mit dem Ganzen zu tun. Also, in welcher Richtung forschen Sie als Nächstes?« Sie presste die Handflächen auf die Schreibtischkante. »Erzählen Sie.«
»Ähm … ja … Arme.«
Ihr Blick huschte zu meinen Metallfingern. »Über die Arme bin ich auf dem Laufenden. Das kommt gut an. Was ist mit Zähnen?«
»Zähne?«
»Ich möchte nur ein paar Ideen ins Spiel bringen. Brainstorming. Haben Sie schon was mit Zähnen vor?«
»Nein.«
Sie starrte mich an.
»Wenn Sie damit … eine Lösung für Ihr … Problem meinen …« Ich deutete auf meinen Kiefer.
»Nein, selbstverständlich nicht.«
»Wenn Ihr Zahnarzt gesagt hat, dass sich die Zähne wegen der Nähe zu den Nerven nicht versetzen lassen, dann stimmt das wahrscheinlich.«
»Das Diastema ist mir egal, Charlie. Okay? Ich möchte mich ganz deutlich ausdrücken. Hier geht es nicht um mich. Es geht darum, dass Sie sich Ihre verdammten Arme abhacken wollen.« Sie beachtete meine Verblüffung nicht weiter. »Und ich darf Ihnen ganz offen sagen, dass wir darüber noch ein ernstes Wort miteinander reden müssen, weil ich immer noch sauer bin wegen der Finger. Sie haben sich nicht an den Dienstweg gehalten. Sie haben sich auf eigene Faust die Hand zerquetscht, und ich habe erst hinterher davon erfahren. Ich habe die Sache geregelt und das Nötige veranlasst. Aber es hat mir nicht gefallen, dass ich nicht eingeweiht war. Wenn Sie zerstörende Prüfverfahren anwenden wollen, kommen Sie zuerst zu mir. Ist das klar? Ich bin für alles offen.« Sie breitete die Arme aus. »Ich will Ihnen doch nur helfen. Aber halten Sie mich auf dem Laufenden, Charlie. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Ich hustete. »Okay.«
»Jetzt zur Sache. Stellen Sie sich vor, wir bauen einen Körper.« Sie hob den Finger, als ich einwenden wollte, dass ich bereits an einem Körper baute. »Es ist ein wunderbarer Körper, und alle sind daran interessiert, ihn gut hinzubekommen. Die Ideen zu diesem Körper stammen zum größten Teil aus einem bestimmten Gehirn. Dieses Gehirn ist wichtig, finden Sie nicht? Entscheidend. Beim Bau dieses Körpers hat also eine Sache absolute Priorität: dass dieses Gehirn geschützt wird. Für mich, Charlie, ist dieser Körper nicht gleich den besseren Beinen, die Sie tragen. Es sind nicht die Teile. Die Prothesen. Es ist die Fähigkeit, sie herzustellen. Der Körper, den ich bauen soll, Charlie, ist eine Abteilung, die imstande ist, Bio-Enhancement-Produkte zu schaffen. Verstehen Sie?« Sie nickte. »Ich glaube schon. Und das Gehirn sind Sie. Sie sind der Teil, den ich schützen muss.« Auf ihrer Stirn bildeten sich Falten. »Was machen Sie da?«
Ich senkte den Blick. Ich rieb mit dem Handballen über meinen Titanschenkel. Wahrscheinlich, um ihn zu massieren und den Blutfluss zu einer schmerzenden Stelle wieder in Gang zu bringen. »Nichts.«
»Erzählen Sie mir nichts.«
»Phantomschmerzen. Nichts Ernstes.«
»Phantom…«
»Ganz normal. Unwichtig. Eine Bagatelle.«
Sie spannte den Kiefer an. »Genau davon rede ich. Wissen Sie, wie ich mich fühle, wenn ich so was höre über diese …« Sie deutete auf meine Beine. »Diese technischen Phantome? Am liebsten würde ich das Gehirn aus dem Körper pflücken und in ein Glas setzen. Genau. Das Gehirn irgendwo hinbringen, wo es in Sicherheit ist, damit es unbeschädigt bleibt, egal, was mit dem Körper passiert und was für Fehler gemacht werden. Begreifen Sie? Die Notwendigkeit, Gehirn und Körper zu trennen?«
»Aber ich bin der Körper. Ich bin das Gehirn und der Körper. Sie können nicht getrennt werden.«
»Stellen Sie es sich einfach vor.«
Ich schwieg. »Ich
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