MASH
armseligen Straße wohnten und sich nicht genug für die Großzügigkeit der amerikanischen Ärzte bedanken konnten.
Hawkeye verabschiedete sich hastig. Er fand den Offiziersklub der Air Force und trank dort einige Gläser ausgezeichneten Whisky, der ihm in seiner bedrückten Stimmung aber nicht schmeckte. Er war überzeugt, Ho-Jon nie wiederzusehen. Er dachte an Crabapple Cove und verstand nicht, daß er sich dort arm vorgekommen war und gedacht hatte, wenig berufliche Chancen zu haben. Im Vergleich zu Ho-Jon hatte er wie ein Fürst gelebt.
Wie sich zeigte, sah Captain Pierce Ho-Jon doch wieder. Sechs Wochen später kehrte Ho-Jon in der Uniform eines koreanischen Soldaten zurück.
Die Uniform war blutverschmiert und tief in Ho-Jons Brust stak ein Granatsplitter.
Wie in jedem MASH wurden auch im Wunderkaff die Verletzungen zuerst in der Aufnahme rasch angesehen und dann wurden die Schwerverletzten zur Operation eingeteilt. Vorher wurde noch die Blutgruppe festgestellt, Schwestern und Sanitäter maßen den Blutdruck, begannen mit den Bluttransfusionen, führten Katheter in Harnblasen und Schläuche in Mägen ein und hingen vor jede Pritsche die Röntgenbilder des Patienten.
Als Hawkeye, Duke und Trapper John an jenem .Morgen zum Dienst kamen und die vielen Verwundeten sahen, gingen sie die Reihen ab, um ihre Einteilung zu treffen. Sie erreichten die letzte Pritsche und ein Sanitäter sagte: »Den da hat's arg erwischt.«
Hawkeye betrachtete das Röntgenbild. Er sah einen großen Granatsplitter im Brustkorb.
»Der gehört dir, Trapper«, entschied er. »Ich assistiere dir, und Duke kann den Bauch dort hinten übernehmen.«
Dann erst hatte Captain Pierce Augen für den Patienten.
»Allmächtiger, das ist ja Ho-Jon.« Trapper blickte auf.
»Na schön, dann ist es eben Ho-Jon. Den kriegen wir schon hin.«
Ho-Jon schlug die Augen auf. Er erblickte seine Freunde und lächelte.
»Wird schon werden, mein Junge«, sagte der Sanitäter.
»Ich weiß«, flüsterte Ho-Jon. »Captains Pierces und Captains McIntyres werden mir helfen.«
»Verlaß dich drauf, Ho-Jon«, sagte Captain Pierce. »Jetzt ruhst du dich ein Weilchen aus; bekommst noch einen halben Liter Blut und dann flicken wir dich wieder zusammen.«
Duke hatte eine knifflige Bauchoperation vor sich, deshalb beschlossen sie, ihm nichts von Ho-Jon zu erzählen. Sie traten zu einer kurzen Zigarettenpause vors Zelt.
»Er hat ziemlich viel Blut verloren«, sagte Trapper John. »Ich fürchte, der Splitter hat nicht nur die Lunge getroffen. Er steckt ganz tief drinnen.«
»Weißt du noch, Trapper, wie wir oft überlegt haben, was aus einem Burschen wie Ho-Jon werden könnte, wenn er eine vernünftige Ausbildung hätte?«
»Ja«, antwortete Trapper bedrückt.
»Wenn wir ihn durchkriegen, verschaffe ich ihm die Aufnahme ins Androscoggin College.«
»Wir werden ihn durchkriegen und nach Dartmouth bringen«, antwortete Trapper und zertrat seine Zigarette. »Und wenn er sich nichts weiter wünscht als Hummern zu fangen, kann er auch das dort lernen.«
Zwei grimmig entschlossene Chirurgen begannen, Ho-Jon zu operieren.
»Wir brauchen Platz«, sagte Trapper. »Die sechste Rippe muß weg.«
»Dann tu's und quatsch nicht, Papa.«
Sie durchtrennten das Brustfell, setzten den Rippenspreizer ein und saugten das Blut aus der Brusthöhle. Ho-Jons Puls und Blutdruck waren zufriedenstellend. Trapper tastete nach der unteren Vena cava, wo sie sich in den rechten Vorhof des Herzens entleerte. Er fühlte den Splitter.
»Ich hab' ihn«, sagte er. »Da, greif mal.«
Hawkeye griff hin.
»Ich spüre nichts.«
»O Gott«, stöhnte Trapper und versuchte es noch mal.
»Was ist?«
»Der verdammte Mist muß nach innen gerutscht sein. Ich spüre ihn nicht mehr.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Hawkeye nervös.
»Er muß in der Vene gesteckt und das Loch verstopft haben. Beim Anfassen habe ich ihn verschoben und er hat sich gelöst. Im Herzen fühle ich ihn nicht. In der rechten Pulmonalarterie auch nicht. Er muß in der linken stecken.«
»Was tun wir jetzt?«
»Zumachen, abermals röntgen und ein andermal operieren.«
»Okay«, sagte Hawkeye unglücklich.
Das Röntgenbild bestätigte Trappers Vermutung. Der Granatsplitter steckte in der linken Lungenarterie. Drei Tage später stand Ho-Jon bereits auf. Er war selig und ungemein stolz, daß zwei seiner drei Helden ihn operiert hatten. Daß er nochmals operiert werden mußte, bekümmerte ihn nicht, denn er hatte
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