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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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er, sie zu beruhigen.
    Allegras zierlicher Körper bebte heftig, und ihre Zähne klapperten. „Kalt, es ist so kalt“, brachte sie mühsam hervor.
    Fürsorglich deckte Violet Allegra zu und setzte sich auf der anderen Seite des Bettes auf die Matratze. Sie strich ebenfalls über Allegras Kopf und sah Lucas an.
    „Einer ihrer Anfälle?“, vergewisserte sie sich. Ihre Kiefer mahlten, und sie musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen.
    Lucas nickte schroff. Violet überzeugte sich mit einem Blick, dass Allegras Anfall einen Moment ihrer Aufmerksamkeit entbehren konnte, und wandte sich Lucas vollends zu.
    „Wann hattet Ihr vor, mich über das genaue Ausmaß von Allegras Leiden in Kenntnis zu setzen?“ Aufgebracht starrte sie Lucas an. Sie lenkte ihre Fürsorge auf Allegra, und in Lucas keimten Schuldgefühle auf. Er hatte sich in Violet offensichtlich getäuscht. Sie kam sehr wohl mit Allegras Krankheit zurecht.
    Violet streichelte über Allegras Haar.
    Deren Zittern ließ nach, und Lucas sah an ihren Augen, die langsam wieder klar wurden, dass der labile Ausbruch überstanden war. Er beugte sich über sie. „Ally? Alles in Ordnung?“
    Sie blinzelte ein paarmal und schluckte. „Hatte ich …?“
    „Du hattest einen Zusammenbruch, Liebes.“ Violet wirkte besorgt und tröstend. Erleichtert nahm Lucas ihr Mitgefühl zur Kenntnis.
    Allegra fuhr herum. „Miss Delacroix, habt Ihr … wart Ihr …“ Panik glitt über die Züge seiner kleinen Schwester.
    Violet nickte. „Ich habe alles mitbekommen“, erklärte sie und streichelte Allegra über das Haar. „Brauchst du etwas? Einen Tee vielleicht?“
    Violet strahlte Wärme und Zuneigung aus, und erst jetzt merkte Lucas, wie sich der Knoten in seiner Brust löste. Fast erleichtert gestand er sich ein, dass die Entscheidung, Violet als Gesellschafterin zu wählen, eine seiner besten Ideen gewesen war. Wie hatte er nur je zweifeln können, dass sein Gespür für gutes Personal ihn im Stich lassen würde? So liebevoll Violet mit Allegra in dieser Situation auch umging – der Blick, den sie ihm zuwarf, verriet, dass sie ihm seine Geheimnistuerei übelnahm und ihn zu gegebener Zeit zur Rede stellen würde.
     
    Am Morgen deutete nichts mehr auf Allegras vorabendlichen Anfall hin. Sie erschien energiegeladen beim Frühstück, langte tüchtig beim Essen zu und schloss sich Violet bereitwillig an, als diese sie an die frische Luft lockte.
    Allegra und Violet flanierten über den Rasen von Halcyon Manor.
    „Seit wann suchen dich diese labilen Schübe heim?“, erkundigte sich Violet. Nachdem Allegra sicher eingeschlafen gewesen war, hatte sie sich in der Bibliothek nach medizinischen Ratgebern umgesehen und war in Gestalt eines dicken Wälzers fündig geworden. Die anfängliche Euphorie verlor sich rasch. Es schien, als seien derartige Leiden noch nie in Erscheinung getreten oder den Verfassern der Bücher unbekannt.
    Allegra stieß Luft hörbar aus. „Zwei, vielleicht drei Jahre. Lucas hielt es eingangs für kindliche Fantastereien. Dann schleppte er mich von einem Arzt zum nächsten, von denen jeder etwas anderes diagnostizierte.“ Sie warf Violet einen Seitenblick zu. „Lucas ist nicht der geduldigste Mann.“
    Violet nickte. Sie wollte nicht über Lucas reden. Sie wollte nicht einmal über ihn nachdenken. Die Vorstellung, dass er für ein paar Tage oder gar Wochen verreisen müsste, schien ihr im Moment verlockender als jede andere Fantasie.
    „Also hat er dich hierher gebracht und hält dich vor der Welt versteckt“, folgerte sie.
    Allegra zuckte mit den Achseln und bückte sich, um ein Unkrautbüschel auszuzupfen, das die schöne Symmetrie der Blumenrabatten störte.
    „Unser Cousin Neil drängt darauf, mich in einer Anstalt unterzubringen. Einem Ort, an dem Irre wie ich wohlverwahrt sind.“
    Empörung stieg in Violet auf. Schon der erste Eindruck hatte ihr verraten, dass Neil ein scheußlicher Zeitgenosse war. „Dein Bruder wird das nicht zulassen“, versprach Violet.
    „Natürlich nicht.“ Allegra klang abgeklärt. Sie warf das Unkraut unter einen Baum, der ihren Weg säumte. Sie sah sehnsüchtig zum Haus hinüber. „Mir steht der Sinn nach einer Tasse Tee. Miss Delacroix, was haltet Ihr davon?“
    Sie machten kehrt und schlenderten zum Haus zurück. Der Butler Jeremy kam ihnen händeringend entgegen.
    „Miss Allegra, Miss Delacroix, auf Euch wartet eine Besucherin.“
    Die beiden reichten ihm ihre Schuten und die Handschuhe. Violet konnte nicht

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