Masken der Lust (German Edition)
Seitenschritt veranlasste, um das Boot im Gleichgewicht zu halten. «Ja. Sieh mal, wir sind fast zu Hause.»
Sie stieß ihn fort. «Ich – ich will bloß nicht schon wieder nach Hause kommen.»
Sarah wurde das Gefühl nicht los, dass der unheimliche alte Mann aus dem Buchladen sie verfolgen lassen könnte. Nein, ihr war niemand aufgefallen, aber eine Gondel ließ sich auch schwer von der anderen unterscheiden, wenn alle Boote schwarz waren.
«Warum nicht?»
«Lass uns woanders hinfahren», flehte sie. «Raus aus der Stadt.»
«Wohin?»
«Zu-zum Lido. Da war ich noch nicht.»
Marcos Stimme war besänftigend, aber nicht besänftigend genug. Sie blickte sich in die Richtung um, aus der sie gekommen waren, und sah die ersten verstohlenen Nebelschlieren in die Kanäle vordringen.
«Wir sollten ein Fest geben, meine Freunde aus dem Ridotto und Musikanten aus der Scuola einladen. Gib so viel Geld aus, wie du willst. Hier.»
Er lehnte sich ein wenig umständlich zur Seite und brachte den kleinen Geldbeutel zum Vorschein.
Sarahs Laune hellte sich auf. Nun, damit konnte sie durchaus etwas anfangen. «Danke», sagte sie, nahm das Geld an sich und stopfte es tief in ihr Mieder. «Okay. Geben wir ein Fest.»
Sarah ging nach oben in den Salon, in dem ihr das Ballkleid angepasst worden war. Sie trug eine weitgeschnittene Robe aus einfacher, hellfarbener Seide. Ihr Haar war offen.
Langsam öffnete sie die Tür, um kein Knarren hervorzurufen, und stellte erfreut fest, dass sich kein Dienstbote auf ein Nickerchen in diesen stillen Raum zurückgezogen hatte. Sie würde allein sein.
Sarah klappte den Deckel des Pults auf und sah auf die Schreibwerkzeuge und das Papier. Es war alles da, was sie brauchte.
Sie zog einen Stuhl heran und untersuchte dann ein Tintenfass aus Kristallglas. Der Inhalt war noch flüssig. Sie konnte loslegen. Sie tunkte einen Federkiel in das Kristallfass und fing an, aufzuschreiben, was sie am meisten vermisste, nämlich das grässliche amerikanische Essen. Cheeseburger. Makkaroni mit Käse. Partyhäppchen aus einer Kugel Cheddarkäse mit Mandelsplittern in einem Nest aus Petersilie. Immer wenn sie unglücklich war, bekam sie Heißhunger auf Käse. Er hatte eine beruhigende Wirkung.
Natürlich würden venezianische Leckereien gereicht werden, wie beispielsweise Tintenfisch. Warum auch nicht. Solange es billig war und sie genug Geld zurückbehalten konnte, um einen Detektiv anzuheuern oder wie auch immer sie in dieser Epoche genannt wurden, der ihr bei der Suche nach dem Buch helfen konnte.
Sarah dachte einen Augenblick lang nach. Es mochte einfacher sein, Federico ein paar Dukaten zuzustecken und sich von ihm zu den Buchläden führen zu lassen. Aber er war Marco treu verbunden und würde ihm erzählen, was sie im Schilde führte.
Darin lag die andere Schwierigkeit – er schien sich viel zu wohl in dieser Zeit zu fühlen. Gewiss, ihm bot sich die Stadt nicht sonderlich verändert dar, sodass er sich gleich wie zu Hause fühlte. Wahrscheinlich gefiel ihm der Umstand, dass die neun Millionen Touristen erst Jahrhunderte später kommen würden, dass sich die Tauben noch gut benahmen und er ein fürstliches Leben führen konnte.
Würde er jemals zurückkehren wollen? Sobald sie die Frage aufwarf, tat er sein Bestes, um sie zu besänftigen und zu beruhigen und mit überwältigendem Sex um den Verstand zu bringen. Die Technik funktionierte, aber nur, solange sie tatsächlich Sex hatten. Sie wollte zurückkehren und würde zurückkehren – ob mit oder ohne Marco –, sobald sie dieses Buch der Zaubersprüche in die Finger bekäme.
Allein im Obergeschoss des Palazzo und von den geschäftigen Dienstboten, die ohnehin nie mit ihr sprachen, sich selbst überlassen, fuhr Sarah fort zu überlegen, was sie als Nächstes tun sollte.
Marcos Vorschlag war eine gute Idee. Wenn einem das Leben Kummer machte, war es ein guter Einfall, eine Party zu schmeißen. Oder eine zu besuchen. So hatte sie es auch auf dem College gehalten. Und prompt waren alle aus dem Wohnheim in ihr Zimmer geströmt, um nachzuschauen, wo die Musik herkam, und sich an den Chips und dem Dip zu bedienen. Drei Jahre hintereinander war sie auf ihrem Flur zur Guacamole-Königin gewählt worden – eine fragwürdige Ehrung, die ihr aber eine Menge verlotterte Freunde eingebracht hatte. Wenn die mich jetzt sehen könnten, dachte sie. Sarah sah an sich hinab. Für das Fest würde sie ihr einfaches Kleid durch eine hinreißende Schöpfung aus
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