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Masken der Lust (German Edition)

Masken der Lust (German Edition)

Titel: Masken der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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der Lesbierinnen bezeichnet. Aber sie zügelte sich. Im einundzwanzigsten Jahrhundert war er weniger flirtselig gewesen. Vielleicht hatte er so lange gebraucht, um sich davon zu entschlacken. Männer waren doch wirklich unmöglich. Sie schlug das Buch mit lautem Knall zu, worauf er sich umdrehte.
    «Hast du etwas Lesenswertes gefunden, Sarah?»
    «Ja.»
    «Gut. Ich werde es dir kaufen.»
    Das Angebot war liebenswürdig, aber es nagte dennoch an ihr, dass sie nicht selbst bezahlen konnte. Schweigend reichte sie es ihm, und er warf einen Blick hinein, um nach dem Preis zu sehen, kam aber nicht bis zu der anstößigen Stelle.
    Er holte eine Münze aus seiner Tasche und legte sie auf die Theke, damit der Buchhändler sie an sich nehmen konnte. Marco drehte sich zu dem alten Mann um, als dieser gerade den Fuß von der untersten Leitersprosse nahm.
    «Ich habe das Buch nicht, das Sie erwähnten, Signor, kenne es aber. Es wurde vor einiger Zeit veröffentlicht. Ein überaus eigenartiger kleiner Band. Den Behörden war ebenfalls am Erwerb eines Exemplars gelegen.»
    Sarah fühlte, wie sich ihr die Nackenhaare aufrichteten. Marco hörte nicht einmal zu. Er sah nach den Frauen, die so taten, als schauten sie sich die Bücher im Fenster an.
    «Aber natürlich ist alles für einen Preis zu haben. Ich werde irgendwo ein Exemplar beschaffen. Könnte ich Ihren Namen und Ihre Anschrift notieren? Ich werde einen Laufburschen damit vorbeischicken.»
    Ein ganz und gar nicht freundliches Lächeln breitete sich auf seinem alten Gesicht aus, und Sarah dachte unwillkürlich an den bocca di leone . Der Buchhändler war ein Spitzel, irgendwie war ihr das einfach klar. Der Laden war eine Falle, und die Bücher in seinen Regalen waren nicht mehr als Köder für die Unvorsichtigen. Als er um ein Buch mit Zaubersprüchen nachsuchte, hatte Marco Ärger heraufbeschworen.
    Für ihn sprach, dass er auf sie hörte. «Ah, ich verstehe, warum du nervös warst. Aber er ist kein Spitzel. Nur ein Möchtegern-Magier, der mit alten Büchern und allem Möglichen handelt, womit er die Leute in seinen abgelegenen Laden locken kann.»
    «Ich hatte das Gefühl, dass er dich hasste.»
    «Kein Ladenbesitzer kann Kunden leiden, die seine Zeit beanspruchen und nichts oder wenig kaufen.»
    Sarah sah ihn aus schmalen Augen an. «Dann habe ich mich getäuscht. Meine Ahnung hatte nichts zu bedeuten.»
    «Hoffentlich hast du dich getäuscht.» Es klang spöttelnd. «Auf alle Fälle bist du aufmerksam.»
    Gereizt schoss sie zurück: «Das kommt daher, dass ich mich nicht um die Röcke geschert habe.»
    «Meinst du damit die Frauen, die am Schaufenster vorbeigingen?»
    «Selbstverständlich.»
    «Ich habe nur hingesehen. Ist das eine Sünde?»
    Sie blickte ihn finster an. «Beinahe wärst du deswegen im Gefängnis gelandet.»
    «Hm. Vermutlich muss ich dir danken, dass du mich vor einem solchen Schicksal bewahrt hast.»
    «Gern geschehen.»
    «O Sarah –» er lehnte sich im Gondelsitz zurück –, «der Rat der Zehn schützt Venedig vor seinen Feinden. Seine Agenten jagen Spione und Mörder, aber doch nicht unsereins. Dieser alte Mann verkauft Zauberbücher, Erotika und Klatschblätter – kurz gesagt, Zerstreuungen. Wir sind durchaus noch auf der sicheren Seite.»
    «Woher willst du das so genau wissen?»
    «Was sollten sie wohl mit uns anfangen?» Sein Tonfall war zu beiläufig, um sie zu überzeugen. «Ohnehin müssten es zwei Spitzel sein. Der Buchhändler war ohne Zeugen, und sein Wort allein würde nicht genügen.»
    «Das finde ich nicht beruhigend.»
    «Weil du wie eine Amerikanerin denkst. Hier hat das Gesindel Angst vor der Regierung, und so sollte es auch sein. Venedig ist eine heitere Stadt. Unser Volk hat Speisen, Trank und Freuden genug für alle. Wo wir gerade davon sprechen, kann ich einen Kuss bekommen?»
    «Du bist unmöglich.» Doch sie gab ihm einen Kuss, der ihnen Glück bringen sollte, schmiegte sich an seine Seite und wünschte Gallensteine und Schlimmeres auf den Rat der Zehn und den Dogen herab.
    «Du denkst zu viel nach, Sarah.»
    «Einer von uns beiden muss das ja tun. Ich bleibe nicht im achtzehnten Jahrhundert.»
    Sie hatten das Buch nicht gefunden, das sie zurück in ihre eigene Zeit bringen würde, und sie waren noch immer in derselben Lage: Sie saßen fest.
    «Küss mich noch einmal», sagte er.
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Du weißt, wo wir dann landen werden.»
    Er zog sie in eine Umarmung, die den Gondoliere zu einem flinken

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