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Masken der Lust (German Edition)

Masken der Lust (German Edition)

Titel: Masken der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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habe Marco halb Venedig eingeladen. Sie hörte Gondeln aneinanderrumpeln, trotz aller Bemühungen der Gondolieri, die sich gegenseitig lautstark beschimpften. Sarah sah aus einem hochgelegenen Fenster hinaus.
    Die älteren Gäste und eine Auswahl von Verwandten waren zuerst eingetroffen und musterten einander mit strengen Blicken. Sarah hatte zu ihnen herübergelugt und Federico aufgetragen, rasch den Champagner zu öffnen, ehe sie eine ausführliche Erörterung ihrer Beschwerden und Schmerzen aufnehmen würden.
    Dann hatte eine ganze Flotte von Gondeln, die inzwischen wieder abgezogen war, sämtliche Vettern abgeliefert, die nun miteinander plauderten. Sie blickte hinunter. Mehrere hübsche junge Frauen, die Sängerinnen von der Scuola, bemühten sich in den Gondeln um ihr Gleichgewicht, bevor sie auf die Marmortreppe des Palazzo hinübersteigen konnten. Die Ebbe war weit fortgeschritten, sodass sie über die glitschigen Stufen hinweggehoben werden mussten, die gewöhnlich unter Wasser standen.
    Marco und ein Freund machten die Honneurs und nahmen gleichzeitig die Dekolletés in Augenschein. Sie konnte es ihnen wirklich nicht verübeln, wenn die Frauen derart viel Busen zeigten. Doch Marco handelte sich eine Kopfnuss vom Konzertmeister der Scuola ein.
    «Das hat er nicht verdient, Foscari! Willst du sie etwa selbst herüberheben? Was gebt ihr diesen Mädchen zu essen? Aber hübsch drall sind sie», rief Marcos Kamerad dem Konzertmeister hinterher.
    Junge Männer drängelten sich als Nächste um die Stufen, sprangen aus den Booten und schlugen die helfenden Hände aus. Einer glitt aus und wurde durch Marcos raschen Griff am Kragen vor einem Tauchbad gerettet. «Grazie» , murmelte er und schaute verlegen drein.
    Auf die eine oder andere Weise gelangten alle hinein und drängten in den Salon im Erdgeschoss. Der Tumult erstarb, als Sarah eintrat – eher von ihrem Taftkleid getragen als umgekehrt –, und setzte sofort wieder ein, als die Speisen aufgetragen wurden.
    Federico hatte sie bei den Einkäufen unterstützt, und der Koch und seine Gehilfen hatten den Rest erledigt. Die kalten Platten mit den Leckereien wurden binnen Sekunden verwüstet, während der Füllstand der Weinflaschen zügig sank. So viel zum weltläufigen achtzehnten Jahrhundert. Noch nie, auch nicht in ihrer Collegezeit, war Sarah auf einem Fest gewesen, wo dermaßen viel Lärm herrschte. Nicht einmal hungrige Kunststudenten aßen und tranken so schnell.
    Jedoch waren diese Leute freundlich und warmherzig, anders als die steifen, verkniffenen Adligen auf dem herzoglichen Ball. Sie lächelte und nickte, verbeugte sich und tanzte ein wenig, bewältigte sogar ein Minuetto, das kollidierende Kehrseiten erforderlich zu machen schien. Sie wäre gern geselliger gewesen, doch die Stunden zogen sich hin, und die Gäste wurden zügellos. Marco nahm sie beiseite.
    «Das war kein guter Einfall. Es tut mir leid, Sarah», flüsterte er. «Ich wollte dich doch nur aufheitern.»
    Sie lächelte und schwor sich, dass es das letzte Lächeln dieses Abends sein würde. Vor lauter Lächeln drohte ihr der Mund abzufallen. «Ist schon in Ordnung. Sie vergnügen sich. Du hast mir reichlich Geld für das Essen und alles gegeben.» Noch immer fühlte sie sich ein wenig schuldig wegen dieser Dukaten. Es waren einige davon übrig geblieben.
    «Ich hatte heute Abend mit jemandem gerechnet, jemandem, der uns mit der Rückkehr in die Zukunft helfen könnte», sagte er. «Falls du immer noch zurückwillst – ah, ich wollte es dir gar nicht sagen.»
    Sie sah ihn aus schmalen Augen an. «Natürlich wolltest du das nicht. Mach mir bloß keine Hoffnungen.»
    Marco wandte den Kopf, als hinter ihm jemand aufkreischte. Der Konzertmeister hatte das letzte der Mädchen aus den Klauen eines männlichen Gastes gelöst und alle in einer Reihe aufgestellt.
    «Sie werden singen. Das wird dir gefallen.»
    Sie hatte keine großen Erwartungen. Der alte Mann ließ sie ihre Stimmen mit ein paar Trillern aufwärmen, während das Streichquartett seine Instrumente stimmte und hier und da über die heutzutage nachlassende Qualität von Katzendarmsaiten klagte. Sarah hoffte, dass Ombra nicht mithörte. Vom hypnotisch strengen Blick des Konzertmeisters fixiert, wurden die Gäste allmählich still. Er hob die Hand, und die jungen Frauen fingen an zu singen … wie Engel. Keine gefallenen. Nein, richtige Engel.
    Die Melodie stieg steil an und war von einem Gefühl erfüllt, das all die verborgenen

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