Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Heilströme an ihn weiter, die sich ganz ohne ihr Zutun in ihr aufgebaut hatten. Schon bald entspannten sich seine verkrampften Muskeln, und er lächelte ihr dankbar zu.
»Es ist meine Schuld«, entschuldigte sie sich. »Ich hätte nie damit gerechnet, dass so etwas passiert.«
»Und ich hätte damit rechnen müssen. So ist es immer. Sie fürchten mich.«
»Nein, Martu. Nicht dich. Sie fürchten die Merdhuger.«
26 Verwandte Seelen
F ünf Tage später gab Ferin Martus Drängen nach und zeigte ihm jenen Ort, an den die Nita ihn gebracht hatte. Diesmal hielt er den Marsch gut durch, und so erreichten sie die Ruinen von Rhivar um die Mittagszeit. Lähmende Hitze lag über dem Platz. Martu ging in die Hocke und berührte den getrockneten Blutfleck, während Ferin in seinem Gesicht zu lesen versuchte, was ihn beschäftigte.
Über den Eklat am Dorfplatz hatten sie bisher nicht gesprochen. Die Rebellen behandelten Martu weiterhin mit höflicher Zurückhaltung, Dawid ging ihm ganz bewusst aus dem Weg, einzig Nolina und Tamir wechselten ab und zu ein paar nette Worte mit ihm. Ferin fragte sich, ob sie alle insgeheim nur darauf warteten, dass er so schnell und unauffällig wieder aus ihrem Leben verschwand, wie er aufgetaucht war. Sie fühlte, dass es bald so weit sein würde.
Ihrer Einschätzung nach war Martu vollständig genesen. Die Narben mussten nicht mehr behandelt werden, er wirkte gestärkt und erholt und hatte sogar ein wenig Farbe bekommen. Es gab also keinen Grund, noch zu bleiben.
Sie fürchtete sich davor, fürchtete den Tag des Abschieds, fürchtete, ihn niemals mehr wiederzusehen. Ihre Gefühle für ihn waren mit jeder Sekunde ihres Zusammenseins angewachsen. Sie hatte versucht, sie zu ignorieren, sie zu verdrängen, ihnen in ihrem Herzen keinen Platz einzuräumen. Es war zwecklos. Was immer ihr die Vernunft auch riet, so sehr sie sich auch dagegen sträubte, letztendlich musste sie sich eingestehen, dass sie sich längst an ihn verloren hatte. Sie liebte ihn. Aus tiefster Seele.
»Das war ein ordentliches Stück Weg bis zu Sobenios Haus.« Kopfschüttelnd richtete er sich auf. »Mich so weit zu tragen …«
Ferin lächelte. »Zum Glück war ich nicht allein.«
»Lass uns noch ein Stück gehen«, schlug er vor.
Sie schlenderten durch die verwaisten Straßen, begleitet von drückender Hitze und dem Gezeter der Vögel, die immer wieder in Schwärmen vor ihnen aufstoben und sich über das Eindringen in ihr Reich beschwerten.
»Warum wart ihr hier?«, fragte Martu. »Du und Sobenio. Kommt ihr öfter her?«
»Nein«, antwortete sie und erklärte, wie sie Rhivar entdeckt hatte. »Alle kannten die Stadt, bloß ich nicht.«
»So viel Zufall. Welche Fügung des Schicksals war es, die dafür sorgte, dass ich gerade hier landete? Zu einem Zeitpunkt, da du in der Nähe warst? Du, eine Heilerin. Es ist fast so, als hätte ich nicht sterben sollen.«
Sie sagte nichts. War es wirklich Zufall? Schicksal? Die Nita war ein seltsames Ding. Wer wusste schon, wie eng die Bindung an ihren Besitzer wirklich war. Und was sie zum Zeitpunkt der Flucht in Martus Unterbewusstsein aufgestöbert hatte.
Sie erreichten einen der steinernen Bogengänge und betrachteten die Wandmalereien.
»Es muss einst eine wunderschöne Stadt gewesen sein«, meinte Martu. »Reich und erfüllt von Leben.«
»Die Merdhuger nahmen uns dieses Leben. Mit der Konvention und …«
»Der Maske.«
Der alte Schmerz flammte auf. »Ja.«
»Willst du mir davon erzählen?«, fragte er behutsam. Als sie nickte, wies er auf eine Treppe, und sie hockten sich im Schatten eines Baums auf die oberste Stufe.
»Früher habe ich geglaubt, die Maske würde mich von allem befreien. Aber dann löste sie sich von meinem Gesicht, und meine Zukunft zerfiel buchstäblich zu Staub«, begann Ferin. Sie berichtete Martu von ihrem größten Traum, von der Maskierung, ihrer Verhaftung und den Erlebnissen in der Wüste bis hin zu ihrer Befreiung. »Seither lebe ich hier«, schloss sie.
»Und deine Familie? Vermisst du sie nicht?«
Ferin lächelte schwach. »Doch, ich vermisse meine Eltern und meine Schwester. Aber ich versuche, nicht an sie zu denken.«
»Sie sind maskiert, nicht wahr? Was bewirkt die Maske?«, forschte er weiter. »Bei meinem letzten Besuch in Laigdan habe ich versucht, etwas darüber herauszufinden, aber es gibt offenbar keinerlei Aufzeichnungen.«
»In erster Linie verdeckt sie unser Äußeres«, erklärte Ferin. »All die Male und den Riss. Sie
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