Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
neben sie und half ihr, sich aufzusetzen. »Du stehst unter Schock«, sagte er. »Hier, trink.«
Er hielt ihr einen Becher an die Lippen und flößte ihr ein paar Schlucke ein. Das Getränk schmeckte bitter, und sie suchte vergeblich nach der Bezeichnung für das Kraut, aus dem er die Medizin gebraut haben musste. Wie war nur der Name? Sie kannte alle Heilpflanzen, warum wollte es ihr nicht einfallen?
Was immer es war, es wirkte schnell. Wohltuende Wärme breitete sich in ihrem Magen aus. Die Übelkeit legte sich, der Knoten in ihrem Hals löste sich auf, der Atem strömte ungehemmt in ihre Lunge. Ihr Verstand klarte auf wie der Himmel nach einem Unwetter.
»Yengkraut«, seufzte sie.
Sobenio entwich ein Lächeln. »Richtig. Geht es dir besser?«
»Ja, etwas.« Sie tastete nach ihrer Nase. »Autsch.«
»Sie wird heilen«, sagte Sobenio.
»Hoffentlich bald. Tut verdammt weh.«
Ferin rappelte sich auf. Das Yengkraut wirkte Wunder – sie war endlich wieder Herr über ihren Körper und nahm ihre Umgebung in gewohnter Weise wahr.
Tamir und Akur starrten sie schweigend an, Jasta hockte auf dem Boden und schluchzte vor sich hin. Die Erinnerung an die Ereignisse in Laigdan kehrte mit aller Wucht in Ferins Gedächtnis zurück.
»Sie haben Rhys mitgenommen!«, stieß sie hervor. »Wir müssen los und ihn befreien. Er ist verletzt.«
Akur wandte sich ab und kickte mit einem zornigen Aufschrei einen Stein quer durch die Höhle, Tamir schluckte und schloss für einen Moment die Augen.
»Noch einmal von vorn, Ferin, und alles ganz genau«, forderte er dann.
Ferin berichtete von dem Besuch bei ihrem Vater, von den Gardisten und dem Gespräch in der Gasse, von ihrer Flucht durch die Stadt und von dem Kampf, den sie beobachtet hatte. Über ihren Rückweg wusste sie so gut wie nichts mehr, nur Bruchstücke des Erlebten zuckten in Bildern vor ihren Augen auf.
Als sie geendet hatte, blieb es still.
»Was ist?«, fragte sie und blickte zwischen Tamir und Akur hin und her, die beide mit gesenkten Köpfen vor ihr standen und sich nicht rührten. »Wir müssen sofort aufbrechen und ihn da rausholen.«
Jasta erhob sich und trat auf Ferin zu.
»Jasta!«, warnte Tamir.
»Schon gut. Ich habe mich im Griff.« Ihre Wangen waren hochrot und tränennass, doch sie wirkte nicht länger von ihrem Zorn beherrscht. »Wir können ihn da nicht rausholen. Verstehst du? Wir können nicht.«
»Aber wir müssen! Er hat Blut verloren, ich muss ihn heilen …« Sie stockte, die Gesichter der anderen bestätigten Jastas Worte. »Warum nicht?«
»Weil …« Die Erregung raubte Akur die Stimme, er räusperte sich und setzte noch einmal an: »Sie werden ihn in die Kaserne gebracht haben. Dort wimmelt es von Gardisten. Wir kommen niemals unentdeckt an ihn heran.«
»Sie werden ihn verhören«, erklärte Tamir, und Jasta keuchte auf.
»Verhören?« In Ferin krampfte sich alles zusammen. Sie wagte kaum zu fragen. »Wie?«
Tamirs Züge verhärteten sich. »Sie haben ihre Methoden.«
»Wenn er doch verletzt ist!«
»Darum wird sich niemand scheren.«
»Und was heißt das jetzt? Ihr wollt ihn opfern?«, rief Ferin ungläubig.
Akur schüttelte den Kopf. »Von wollen kann keine Rede sein. Glaub mir, es schmerzt mich ebenso wie dich. Er ist mein Freund. Unser Freund. Jastas Bruder. Ich würde alles dafür geben, ihn befreien zu können. Aber es ist nicht möglich. Wir würden alle dabei sterben. Das hätte Rhys nicht gewollt.«
»Das Risiko war ihm bewusst«, ergänzte Tamir. »Und er hat richtig gehandelt, dir zur Flucht zu verhelfen. Deine Kräfte sind wichtiger für uns.«
»Ständig erklärt mir einer, wie wichtig ich für euch bin!«, rief Ferin aufgebracht. »Ich bin keine Ware, und wir sind nicht auf dem Markt. Sein Leben ist genauso viel wert. Und ihr lasst ihn im Stich. Ihr lasst ihn einfach im Stich!«
»Gibt es nicht doch einen Weg?«, mischte sich Elmó ein. »Jetzt bei Nacht ist die Zahl der Wachposten geringer. Wenn wir gezielt zuschlagen, die Gardisten mit Gift oder Schlafmittel ausschalten …«
»Wir müssten schon die halbe Garde betäuben, um zu Rhys vordringen zu können«, schnaubte Tamir. »Und selbst wenn es uns gelänge – wie stellt ihr euch unsere Flucht aus der Stadt vor? Zu Fuß, mit einem Verletzten, den wir durch die Straßen tragen müssten, und mit einer Horde berittener Gardisten auf den Fersen? Und wenn wir uns für diese riskante Aktion entscheiden, dann … ja, dann können wir die Sache im
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