Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Spiegelsaal vergessen. Wir müssten den Mächten danken, wenn zumindest ein paar von uns heil aus Laigdan herauskämen, und mit viel Glück wäre Rhys vielleicht unter den Überlebenden, die in der Wüste gegen die Truppen der Garde kämpfen dürften.«
Sie schwiegen betroffen.
»Ihr seht also, wo das Problem liegt?«, fragte Tamir in die Runde. »Wir sind nach Laigdan gekommen, um unser Volk zu befreien, und wir würden scheitern, weil wir das Leben eines Einzelnen über das Wohl von Tausenden stellen. Es ist hart und es ist schrecklich, doch es ist die Wahrheit: Wir können Rhys nicht retten. Es sei denn, unser Plan, die Masken zu zerstören, gelänge und wir könnten eine Änderung des Gesetzes bewirken. Dann sähe die Sache anders aus.«
»Das bedeutet«, sagte Jasta in die Stille hinein, »dass wir nicht länger warten dürfen. Wir müssen noch in dieser Nacht zum Spiegelsaal.«
»Sie hat recht«, nickte Akur. »Entweder gleich oder gar nicht. Rhys ist stark, aber es ist nicht gesagt, dass er die Befragung durchhält. Wenn der Gán nur eine winzige Spur wittert, stecken wir in der Klemme.«
Tamir schnalzte mit der Zunge. »Gut«, sagte er und wandte sich an den Rest der Gruppe. »Wir brechen auf. Heute Nacht holen wir uns die Freiheit zurück!«
34 Machtspiralen
L aquor nestelte unauffällig an seinem Kragen – es war viel zu stickig in dem Verhörraum. Die Kammer war winzig, fensterlos und bis auf den wackeligen Tisch völlig kahl. Er hatte die Öllampe auf Peltons Geheiß darauf abgestellt und den Docht hochgedreht. Sie brachte gnadenlos ans Licht, was Laquor am liebsten aus seinem Denken verbannt hätte: die Schleifspuren am festgestampften Lehmboden und die dunkelbraunen Flecken getrockneten Blutes. Die Tür zu seiner Rechten war ganz bewusst geschlossen. Der Gestank im angrenzenden Raum war nicht auszuhalten, und selbst wenn er leer war, hallten die Schreie der Gefolterten darin wider wie ein ewiges Echo, das sich in die Wände gefressen hatte. Laquor graute vor dieser Nacht.
»Und Sie sind sicher, Laquor? Kein Zweifel?« Mit wachsendem Interesse musterte der Gán den Gefangenen, der mit gesenktem Kopf zwischen den Gardisten hing. Seit sie ihn hereingeschleppt hatten, war ihm kein Ton über die Lippen gekommen, nicht einmal ein Stöhnen. Dabei war er verletzt.
»Todsicher, mein Gán«, beantwortete Laquor die Frage. »Er gehört zu den Rebellen. Er ist ihr Läufer, schnell wie der Blitz.«
»Ihr Läufer, soso.« Peltons Stimme war gefährlich leise geworden. Die funkelnden Augen schmal wie eine Raubkatze, die ihrer Beute auflauert, trat er näher und begutachtete den Blutfleck, der sich auf dem Hemd des Pheytaners ausgebreitet hatte. »Loslassen«, befahl er den Gardisten, und als sie nur zögerlich reagierten, wurde daraus ein Zischen: »Sofort! Oder wollen wir uns mit dem Thema Befehlsverweigerung beschäftigen?«
Die Gardisten rissen bestürzt die Augen auf, murmelten ein »Nein, mein Gán« und traten beiseite, worauf der Gefangene taumelte und Halt suchend ins Leere fasste. Er wäre gestürzt, hätte ihm der Gán nicht seinen Arm als Stütze dargeboten. Eine Geste, die dem Pheytaner ein überraschtes Keuchen entlockte.
»Lass dein Gesicht sehen«, sagte Pelton sanft.
Laquor schluckte. Er konnte die Bedrohung schon spüren, bevor sie für andere erfassbar wurde. Was der Gán hier veranstaltete, war der Auftakt zu einer seiner ekelhaften Machtdemonstrationen. Und er würde alles mit ansehen müssen.
Der Gefangene hob wie verlangt den Kopf, seine Augen aber blieben weiterhin auf den Boden geheftet. Dass er auf die Hilfe des Gán angewiesen war, machte ihm sichtlich zu schaffen.
Der Gán studierte sein Gegenüber in aller Ruhe. Betrachtete die schweißnasse Haut, die geblähten Nasenflügel, den Riss und die Male. Wie ein Vater auf den heimgekehrten Sohn schaute er auf den Mann herab, ein nachsichtiges Lächeln umspielte seinen Mund, Güte wärmte seinen Blick.
Jetzt fehlt nur noch, dass er ihm über das Haar streicht, dachte Laquor und hoffte darauf, dass sich etwas tat. Irgendetwas – die Warterei war zermürbend.
»Zeig mir deine Augen«, säuselte Pelton endlich.
Es dauerte lange, bis der Pheytaner dem Befehl nachkam. Und dann beließ er es bei einem Wimpernschlag, schon flatterten seine Lider wieder nach unten.
»Schön.« Pelton zeigte sich zufrieden. »Aber du kannst doch gewiss allein stehen. Wollen wir es gemeinsam versuchen?«
Langsam zog er seinen Arm weg, die Hände des
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