Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
wirst es aus dem Berg holen. Du wirst auf den Knien rutschen, mit einem Pickel in der Hand, in so niedrigen Gängen, dass du nicht aufstehen kannst. Den ganzen Tag im Finstern, in glühender Hitze, denn die Sonne draußen heizt das Gestein auf. Ohne Wasser. Und ohne frische Luft.« Jastas Stimme war leiser und leiser geworden und glich nun dem bösartigen Zischeln einer Schlange. »Du wirst im Staub wühlen. Und nach einiger Zeit wirst du husten, weil sich der Staub in deine Lunge frisst und sie zersetzt, bis nichts mehr von ihr übrig ist und du erstickst.«
Ferin schluckte beklommen. Das Szenario vor ihren Augen war lebendig. Sie hatte das Gefühl, jetzt schon zu ersticken. »Woher weißt du das so genau?«
»Das spielt keine Rolle.«
Stille. Jasta blickte finster vor sich hin. Ferin lehnte sich an die Planken und schloss die Augen. Das Rattern des Wagens dämpfte das Wirbeln ihrer Gedanken, und wie früher wurde Zeit wieder zu jener Komponente ihres Lebens, die sie absitzen musste.
»Mein Vater war dort«, sagte Jasta später, als der glühend rote Feuerball hinter dem Wagen allmählich immer tiefer sank.
Ferin schaute auf. »Er war dort? Und jetzt?«
»Jetzt ist er tot. Ein Haufen Staub.«
6 Vergänglich wie ein Augenblick
H alt!« Der Gardist auf dem Kutschbock zog an den Zügeln. Die Pferde fielen in den Schritt, der Wagen hielt ruckelnd an, und Jasta verstummte endlich.
Die plötzliche Stille war beinahe unnatürlich. Es war, als könnte man das ersterbende Sonnenfeuer hören. Oder die Hitze, die in den Steinen sang. Den eigenen Herzschlag, das Rauschen des Blutes in den Adern – ungläubig nahm Ferin die Hände von den Ohren. Jastas Geschrei hatte die Fahrt nun schon so lange begleitet, dass sie gar nicht mehr mit einem Ende gerechnet hatte.
Gamón seufzte auf. »Nicht zu glauben. Sie kann auch schweigen. Ich dachte schon, wir müssten das die ganze Nacht ertragen. Wenn sie das noch einmal macht, werfe ich sie eigenhändig vom Wagen.«
Leutnant Hanish trabte heran und brachte sein Pferd vor dem Karren zum Stehen. Seit der Hauptmann vor einiger Zeit vorausgeritten war, um nach einem geeigneten Nachtlager zu suchen, oblag ihm das Kommando. Und offenbar hatte er vor, seiner neuen Rolle gerecht zu werden.
Er entledigte sich seiner Kopfbedeckung und schleuderte sie von sich. Aufgebracht stierte er Jasta an. »Du!«, stieß er hervor, bemüht darum, seinen Zorn zu beherrschen. »Runter vom Wagen, sofort!«
Sie grinste ihm frech ins Gesicht. »Aber gern.«
Ferin staunte über ihre Unverfrorenheit, von den Bestimmungen der Konvention hatte sie wohl noch nie etwas gehört. Andererseits … hatten diese Dinge überhaupt noch eine Bedeutung? In Anbetracht ihrer Lage?
»Und dann erledigst du dein Geschäft. Flott.«
»Was, hier? Mitten in der Wüste? Vor euch allen? Kommt nicht in Frage.« Entschlossen verschränkte Jasta die Arme und setzte zu neuerlichem Gebrüll an.
»Wage es ja nicht!«, fauchte Hanish. »Sonst fessle und kneble ich dich, und dann kannst du auf dem Wagen sitzen, bis du platzt.«
Die Drohung zeigte Wirkung – Jasta machte den Mund wieder zu. Ob sie wirklich nur ihre Notdurft verrichten musste? Ferin traute ihr alles zu. Am ehesten Flucht. Aber hier, in der uferlosen Wüstenlandschaft, war dieses Vorhaben schon ein wenig gewagt.
»Eine hervorragende Idee von unserem Herrn Leutnant«, murmelte Gamón. »Dem kann ich viel abgewinnen. Ich würde mich auch nicht über den Gestank beschweren. Wahrlich nicht …«
»Ruhe, verdammt!« Leutnant Hanish stieg vom Pferd und warf die Zügel über die Planken.
Ferin fragte sich, was der Hauptmann wohl davon halten würde, dass die Gardisten seine Befehle missachteten. Bis zur Abzweigung zur Felskette von Egirth hätten sie weiterfahren sollen, wo er dann wieder zu ihnen stoßen wollte. Von einer Rast war nicht die Rede gewesen.
»Los, runter mit dir«, sagte Hanish. »Mach schon.«
Geschickt sprang Jasta vom Wagen und wollte sich sogleich ein paar Schritte entfernen, da packte er sie am Arm. »Hier!«
»Lass mich los!«
»Hier – oder gar nicht!«
»Auf keinen Fall. Ich kann es hier nicht.«
»Dein Kittel ist lang genug. Ich schau dir schon nichts weg.«
Jasta stemmte sich gegen seinen Griff. »Das will ich dir auch geraten haben.«
Er gab ihr eine Ohrfeige. »Ich warne dich, reiz mich nicht. Ich kann auch ungemütlich werden.«
Jasta spuckte ihm vor die Füße, worauf er noch einmal die Hand gegen sie erhob. In diesem
Weitere Kostenlose Bücher