Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
seiner Vergangenheit. Sie hatte keine Antwort auf ihre Frage erhalten. Rhys hatte sie geflissentlich übergangen, und da das Reiten ihre höchste Konzentration erfordert hatte, hatte sich keine Gelegenheit ergeben, zu ihrem Gespräch zurückzukehren.
»Wie war das Reiten?«, unterbrach Sobenio ihre Grübelei. Mit schnellen, kräftigen Schlägen des Metallbesens mengte er die Kräuteressenz unter die erhitzte Salbengrundlage im Kessel. Ferin hatte ihm von ihrem Nachmittagsprogramm erzählt, sie wusste selbst nicht, warum. Vielleicht, um die Brücke von Rhys zu ihm zu schlagen, die einer der beiden – sie war sich nicht im Klaren darüber, wer – einst zum Einsturz gebracht haben musste. Oder hatte es sie niemals gegeben?
»Ganz in Ordnung. Das Pferd hatte wohl einen guten Tag und beschlossen, mich nicht abzuwerfen. Rhys meinte, ich sei talentiert.« Sie lächelte schief. Geschickt, talentiert, begabt – Rhys verwendete gern derartige Ausdrücke, wenn er sie unterrichtete. Sie konnte seine Meinung nicht wirklich teilen.
»Er mag dich.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich mag ihn auch. Er ist … fröhlich.« Und ein guter Freund.
»Aha.« Sobenio hob den Kessel vom Feuer. »Die Tiegel bitte.«
Ferin brachte ihm die drei Glastiegel, die er bereitgestellt hatte. Vorsichtig goss er die noch flüssige Salbe in den ersten ein, wartete, bis sie ihn verschlossen hatte und ihm den nächsten reichte. Es bedurfte keiner weiteren Anweisungen, sie wusste, was zu tun war. Oft genug hatten sie diese und ähnliche Arbeiten gemeinsam verrichtet, sie waren inzwischen ein eingespieltes Team.
Sie verschloss den letzten Tiegel, als ein Knacken aus dem Dickicht des abendlichen Waldes drang. Es dauerte an, rückte näher. Ein Tier? Nur ganz selten kamen die Rebellen von sich aus zum Haus des Magiers, und dann auch nur in Notfällen, nicht, um ihn zu besuchen. Seine Privatsphäre war Sobenio heilig. Niemand durfte ihn stören, außer jemand benötigte seine Hilfe.
Sobenio wandte sich um. »Nolina«, sagte er, noch bevor die Gestalt zwischen den Bäumen hervortrat. »Und – wie heißt sie noch gleich?«
Zwei Frauen lösten sich aus dem Halbdunkel des Dschungels, eine stützte sich schwer auf die andere.
»Kesía«, sagte Ferin und sprang an die freie Seite der jungen Frau, um Nolina einen Teil der Last abzunehmen.
Die Schwangere stöhnte vor Schmerzen, sie war kaum in der Lage zu gehen. Auf der Innenseite ihrer Hosenbeine hatten sich dunkle Flecken ausgebreitet. Vor zwei Wochen erst hatten die Rebellen die vier Gefangenen aus Assyr befreit und ohne Zwischenfälle nach Pheytan gebracht. Trotz ihrer Schwangerschaft hatte Kesía den beschwerlichen Ritt gut überstanden und sich während der letzten Tage bereits ein wenig erholt. Auch wenn sie sich noch nicht an den Gesprächen beteiligte, so zeigte ihr wacher Gesichtsausdruck und das gelegentliche Lächeln, dass sie dabei war, die fürchterliche Zeit ihrer Gefangenschaft zu vergessen.
»Sie blutet«, sagte Nolina zu Sobenio. »Und sie hat Schmerzen. Das Kind …«
»Kommt mit hinein.« Er bedeutete den beiden Frauen, ihm zu folgen.
Im Haus entzündete er die Öllampe und drehte den Docht hoch. Ferin schloss die Tür hinter sich, über die Sobenio seit kurzem wieder verfügte, suchte aus der Truhe eine Decke und breitete sie auf der Matratze aus. Fast erwartete sie eine seiner Spitzen, doch er verzog nicht die Miene. »Bauch frei machen«, forderte er nur.
Ferin half Kesía, sich hinzulegen, und schob ihre Hose nach unten. Wie dünn sie immer noch war! Der Bauch war flach, nicht die kleinste Wölbung zeigte die Schwangerschaft an.
Nolina kniete neben dem Kopf der Pheytana nieder und streichelte ihre Wange. »Alles ist gut«, murmelte sie Kesía zu, deren ängstliche Blicke zwischen Ferin und Sobenio hin und her huschten.
Der Magier tastete den Bauch ab. »Hm. Etwa sechzig Tage alt. Hattest du früher schon einmal Blutungen oder Krämpfe?« Als Kesía verneinte, wanderte seine Hand über ihren Rücken und wieder zurück, blieb linksseitig am Bauch liegen. »Und die Schmerzen? Hier?«
Sie nickte.
»Ferin.« Sobenio winkte sie heran.
Ferin legte ihre Hand auf Kesías Bauch. Sie fühlte es sofort: In ihrem Unterleib pochte es. Kräftig und lebendig. Selbst als sie die Hand in einigem Abstand darüber hielt, konnte sie das Leben spüren. Sie lächelte.
»Genau«, sagte Sobenio und wandte sich dann an Kesía: »Es ist alles in Ordnung. Deinem Kind geht es gut. Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher