Maskenball
soll er haben?« Ecki zog seine Schreibtischschublade auf und schob sie wieder zu. »Und was wir gegen Köhler in der Hand haben, ist immer noch ziemlich dünn. Er ist sicher eine undurchsichtige Figur. Aber ich bin mir mittlerweile gar nicht mehr so sicher, dass er wirklich hinter den Taten stecken könnte.«
»Ecki, lass uns erst einmal die Theorie ›Köhler‹ zu Ende denken. Allein schon, weil wir doch sonst noch keinen Faden haben, den wir aufnehmen können. Nein, ich bin jetzt mehr als bisher davon überzeugt, dass Köhler ganz ordentlich tief in der Sache drinsteckt. Zwei der Opfer waren seine Patienten. Wenn das kein Hinweis ist.«
»Und das anonyme Schreiben?«
»Richtig, das anonyme Schreiben. Ich glaube, da wollte sich ein ganz besonders lustiger Witzbold einen Scherz auf unsere Kosten machen.
Vergiss den Wisch. Nein, nein. Die KTU hat sowieso nichts verwertbares gefunden. Allerweltstinte, gedruckt auf billigem Allerweltspapier.«
»Lass uns wenigstens mit Verhoevens Tochter sprechen. Wer weiß, was sie uns zu erzählen hat.« Ecki suchte schon in dem Stapel auf seinem Schreibtisch nach der Telefonnummer.
»Okay, mach du einen Termin mit der Frau. Ich nehme mir noch einmal Köhler vor.«
Oberarzt Dr. Helmut Köhler sah noch übernächtigter aus als bei ihrem ersten Verhör. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben, seine Augen wurden von dunklen Ringen verschattet. Die Kollegen der Wache hatten berichtet, dass Köhler sämtliche Nahrung verweigert hatte und auch keinen Anwalt hatte benachrichtigen wollen. Ganz zu schweigen davon, dass er seine Frau hatte verständigen wollen. Frank hatte den Mediziner in ein freies Büro auf ihrer Etage bringen lassen. Offenbar hatte der Mann durch seine jahrelangen Nacht- und Doppelschichten eine eisenharte Kondition. Er war sicher müde und angespannt, aber trotzdem hochkonzentriert und auf der Hut. Mit hängenden Schultern saß Köhler auf dem einfachen Stuhl an dem abgestoßenen schmalen Besprechungstisch, aber Frank wollte sich nicht täuschen lassen.
Im Blick des Arztes lag etwas Lauerndes, das dem Leiter der Mönchengladbacher Mordkommission nicht entgangen war. Dr. Helmut Köhler war ein harter Brocken, der nicht so leicht zu knacken sein würde. Frank wollte kein Risiko eingehen und mit der Vernehmung noch einmal von vorne beginnen.
»Herr Köhler, wie fühlen Sie sich heute Morgen?«
»Gut.« Köhler sah aus dem Fenster auf den Hof des Präsidiums.
»Möchten Sie nicht doch einen Anwalt oder Ihre Frau anrufen?«
»Nein.«
»Herr Köhler, Sie wissen, was wir Ihnen vorwerfen. Hat sich ihre Einstellung dazu geändert?«
»Nein.« Köhler starrte weiter aus dem Fenster. Draußen fuhren mehrere Streifenwagen vorbei.
»Herr Köhler, um es noch einmal ganz deutlich zu formulieren: Wir haben den starken Verdacht, dass Sie in die Morde an Hans-Georg Verhoeven und Edgard Breuer verwickelt sind. Und wir haben den Verdacht, dass auch Johannes Paul Hecker in diese Reihe passt.«
»Wie geht es ihm?« Die Routinefrage eines Mediziners.
»Hecker liegt noch im künstlichen Koma. Die Ärzte, Ihre Kollegen, wissen nicht, ob er durchkommt. So gesehen haben Sie noch Glück. Wenn Hecker ansprechbar ist, wird er seinen Peiniger verraten können.«
»Bemühen Sie sich nicht, Herr Kommissar, Sie werden mich nicht aus der Reserve locken. So nicht. Ich habe mit dem Anschlag auf Herrn Hecker absolut nichts zu tun.« Köhler beobachtete scheinbar interessiert den regen Verkehr vor dem Fenster.
Frank spürte, dass ihn Köhlers gleichgültige Körperhaltung und tonlose Antworten provozierten. Aber er hatte sich im Griff. Köhler würde ihn nicht aus der Reserve locken. Zur Not würde er eine Pause einlegen, um sich zu sammeln. »Lassen Sie es mich anders formulieren: Sie haben einen Fehler gemacht, Sie hätten Hecker nicht einfach nur anzünden dürfen. Sie mussten doch damit rechnen, dass man ihn findet.«
»Ich habe weder etwas mit den ersten beiden Morden zu tun, noch mit dem Anschlag auf Hecker. Wenn Sie wollen, wiederhole ich mich gerne immer wieder.« Köhler sah jetzt zur Decke.
»Aber Sie geben zu, dass Verhoeven und Breuer Ihre Patienten waren?«
»Natürlich, aber was hat das mit den Morden zu tun? Sie konstruieren einen Zusammenhang, der gar nicht existiert.«
»Das wird sich noch zeigen.« Frank tippte mit seinem Bleistift auf seinen Schreibblock.
»Sie sind nervös, Herr Kommissar, das ist schlecht für Ihre Konzentration. Wenn Sie sich nicht
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