Maskenball
den Ruf einer ganz harten Juristin. Ihr können Sie keinen Sand in die Augen streuen.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich freue mich schon jetzt auf die Dame, denn sie wird ganz schnell erkennen, dass ich das Opfer eines bedauerlichen Irrtums bin. Aber ich nehme Ihnen das nicht übel. Wir machen alle unsere Fehler. Die einen mehr und die anderen weniger.«
Frank stand auf. »Wem sagen Sie das. Und alle müssen für ihre Fehler zahlen. Die einen mehr, die anderen weniger.«
Bean kam Frank pfeifend auf dem Gang entgegen. Frank hätte trotzdem seinen emsigen Kollegen fast übersehen, so sehr war er in Gedanken versunken. Der Fall Köhler wurde immer undurchsichtiger. Er fand einfach keinen Hebel, den er bei dem Arzt ansetzen konnte. Ihm war klar, dass er sich noch gehörig Gedanken machen musste, damit er den Oberarzt wirklich in Untersuchungshaft schicken konnte. Frank musste sich eingestehen, dass Köhler das Gericht vermutlich als freier Mann verlassen würde. Dabei klang die Geschichte des Geriaters dubios und unglaubwürdig. Wer schleicht sich schon in sein eigenes Büro, um ungesehen Unterlagen zu holen? Wer informiert seine Familie nicht, wenn er für ein paar Tage alleine sein will? Andererseits hatte Frank keine wirklichen Indizien oder Beweise für Köhlers Täterschaft. Es gab an den Tatorten keine verwertbaren Fingerabdrücke. Die Untersuchung von Köhlers Wagen und Kleidung hatte in einem ersten Ansatz auch kein Ergebnis gebracht. Keine DNA-Spuren, nichts. Köhlers Aufenthalt in den vergangenen Tagen hatten sie nicht lückenlos dokumentieren können. So sehr Frank auch versuchte, eine Beweiskette zu knüpfen, spätestens nach drei Argumenten riss der Faden. Köhler schien immun gegen ihre Ermittlungsarbeit.
»Na, was siehst du so grimmig aus, Kollege?«
Erst jetzt bemerkte Frank, dass Bean vor ihm stand. »Du kommst mir gerade recht. Ich habe gerade Köhler vernommen. Ich komme mit ihm nicht weiter. Ich fürchte, dass wir ihn entlassen müssen. Was gibt es Neues in Sachen CombinoMed?«
»Nicht wirklich viel. Oder vielleicht doch. Es ist in der Tat so, dass Köhler an der Hardterwald-Klinik an exponierter Stelle geforscht hat. Ich habe mit jemandem vom Deutschen Forschungsrat gesprochen, Köhler steht kurz vor bahnbrechenden Forschungsergebnissen, die die Geriatrie in Deutschland weiterbringen wird. Ich habe zwar nicht genau verstanden, worum es geht, aber offenbar wartet die Medizinwelt auf die Veröffentlichung der Ergebnisse. Köhler könnte sich mit seiner Arbeit in der Fachwelt ein Denkmal setzen. Der Mann genießt einen unzweifelhaft guten Ruf.« Bean griff in die Innentasche seines Jacketts und hielt Frank einen Zettel hin.
»Und er würde alles tun, um diesen Ruf nicht zu gefährden. Er wäre nicht der Erste, der über Leichen gehen würde, um seine Forschung nicht zu gefährden.« Frank drehte den Zettel hin und her. »Was ist damit?«
»Das ist die Telefonnummer des Deutschen Forschungsrats. Abteilungsleiter ist ein gewisser Dr. Büttgenbach. Er gibt dir gerne weitere Auskünfte. Büttgenbach kennt Köhler und die Hardterwald-Klinik, denn zufällig kommt er aus Korschenbroich.« Bean kratzte sich am Kopf. »Soviel habe ich von dem Fachchinesisch der Ärzte dann doch verstanden, dass ich nicht glaube, dass Köhler für seine Forschungen über Leichen gehen würde.«
»Warum nicht?«
»Dein Oberarzt hat lediglich die Zusammenwirkung von Physiotherapie, Wahrnehmungs-, Konzentrations- und Koordinationsübungen in, äh, wie heißt das noch einmal … ja, psychosozialen Gesprächskreisen mit bestimmten homöopathischen Präparaten untersucht, bzw. die Auswirkungen dieser Therapiekombination auf die Selbstwahrnehmung und damit das Wohlbefinden der Patienten.« Bean kratzte sich jetzt selbstvergessen an seinem Bauch, der sich deutlich über den Gürtel seiner Jeans wölbte. »Mann, ich hoffe, ich habe das alles richtig hintereinander gebracht. Um die Medizinmänner zu verstehen, muss man selbst auf Arzt studiert haben.« Bean gähnte. »War aber ganz interessant. Man lernt immer was Neues in unserem Job. Wie gesagt: Die von Köhler eingesetzten Präparate sind weitgehend erforscht und auch frei von Nebenwirkungen. Köhler wird wohl nicht gezwungen gewesen sein, irgendwelche Behandlungsfehler zu vertuschen. Das kann kein Mordmotiv gewesen sein. Ich glaube, Köhler passt eher in die Kategorie ›verrückter Professor‹.«
»Aber was kann es dann sein? Habgier scheidet, denke ich,
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