Maskenball
abgereist.« Lisa gähnte wieder. »Ich finde, der alte Mann tut sich zu viel an. Er muss ein unglaublich zäher Bursche sein. Ich wäre bei den Strapazen der vergangenen Wochen völlig am Ende.« Sie löschte das Licht. »Ich liebe dich, Frank.« Das »du alter Sack« sagte sie nur ganz leise, sodass Frank es nicht hören konnte. Lisa lächelte noch, als sie schon schlief.
XXII.
Frank bahnte sich seinen Weg in Richtung Theke. Sein nasses STIXS-T-Shirt klebte an seinem Rücken. Eigentlich mochte er solche Momente nicht besonders, so kurz nach Ende des Auftritts. Einerseits war er in Gedanken noch auf der Bühne, andererseits kam er sich unter den Zuschauern seltsam fremd vor. Obwohl sich der Saal merklich geleert hatte, standen immer noch eine Menge Leute an ihren Tischen und tranken Bier oder Wein. Aus den Lautsprechern klang jetzt leise melancholischer Barjazz.
Frank sah kurz zu den Technikern hinüber. Auf der hell erleuchteten Bühne standen noch die Gitarren, ihre Verstärker, das Schlagzeug, und seine Congas mussten sie auch noch abbauen. Dazwischen rollten die Roadies Kabel auf, schoben ihre großen Cases hin und her, wuchteten erste Teile der PA über den Bühnenrand.
Frank entdeckte Juppi und seine Frau an einem Stehtisch neben dem Mischpult. Der Veranstalter redete eindringlich auf Juppi ein. Die Konzertbesucher, an denen Frank vorbei musste, meinten ihre freundlichen aufmunternden Blicke und Gesten sicher nett. Aber auf ihr überschwängliches Lob wusste er keine rechte Antwort, außer »Danke, das ist nett von euch«. Er hatte es auch nach all den Jahren, in denen er nun schon mit STIXS unterwegs war, nicht gelernt, mit der Begeisterung der Leute umzugehen. Anders als seine Bandkollegen verdrückte er sich nach den Auftritten lieber direkt in die Garderobe oder fing an, auf der Bühne seine Sachen zu packen. Fast schüchtern drückte er sich auch jetzt an den Bluesfans vorbei und war froh, endlich am Mischpult angekommen zu sein.
Marianne empfing ihn mit weit geöffneten Armen. »Frank, komm, lass dich knutschen.« Sie drückte Frank fest an sich.
Er befreite sich lachend aus ihrer Umarmung.
»War super, echt klasse.« Sie hielt ihm ein Pils hin.
Frank schüttelte den Kopf. »Ich muss noch fahren, danke.«
»Ich habe zu Klaudia schon gesagt, dass du auf der Bühne so traurig ausgesehen hast. Geht es dir nicht gut?«
Frank sah sie nur stumm an und machte eine hilflose Geste mit seinen Händen.
»Lisa?«
»Nee, mit Lisa ist alles okay. Es ist nur, der Job, weißt du.« Mehr wollte Frank nicht erzählen.
Norbert Reuver, der Veranstalter der »1. Niederkrüchtener Bluesnacht« schlug Frank auf die Schulter. »Echt geiles Konzert. Habe ich es nicht gesagt? Der Niederrhein ist genau das richtige Pflaster für eure Zwölf-Takte-Musik. Auch und vielleicht gerade zu Karneval. Wie machen wir das mit der Gage? Sollen wir gleich abrechnen?«
Frank nickte. »Ist mir recht. Dann haben wir das auch erledigt. Mir sind die Veranstalter am liebsten, die sofort ihre Kohle abgeben wollen.«
Reuver sah ihn schief von der Seite an. »Was meinst du damit?«
»Na, wir haben schon alles erlebt. Es gibt in Erkelenz einen Veranstalter, dem laufen wir schon seit Monaten wegen der Kohle hinterher.«
»Kenn ich den?«
»Ja, nee, lass man, das bringt jetzt eh nichts. Wir kriegen den schon noch, der wird auch noch schlau.«
Wolli kam hinter seinem Mischpult hervor und stieß Frank in die Seite. »Könnt ihr hier mal weggehen? Ihr stört. Ich muss meinen Kram zusammenpacken. Und du solltest deinen Jungs auch mal Beine machen. Euer Zeug muss von der Bühne. Ich will möglichst bald ins Bett. Nee, nee, Musiker, furchtbares Volk.« Dabei grinste Wolli von einem Ohr zum anderen und kratzte sich am Kopf. »Ganz klar, Musiker.«
Frank mochte Wolli. Wolfgang Schmitz war nicht nur ein guter Techniker, sondern auch ein Kumpel, mit dem man auch mal ein ernstes Gespräch führen konnte. Wenn denn vor einem Gig überhaupt Zeit dazu war. Meist waren die Stunden vor dem Konzert hektisch: Einpacken im Probenraum, Anfahrt zum Konzert, Aufbau, Soundcheck. Bis zum Beginn des Auftritts blieb dann in aller Regel nicht mehr viel Raum für eine längere Unterhaltung.
Frank wollte Wolli nicht länger als nötig von seinem Feierabend abhalten, wenn man angesichts der fortgeschrittenen Zeit überhaupt von Feierabend sprechen konnte. Wolli hatte sicher noch gut zwei Stunden zu tun. Und wenn er dann endlich an seiner Firma in Dormagen
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