Maskenball
Verhoeven als Komplize von Dr. Helmut Köhler?«
»Wäre nicht das erste Mal, dass ein intelligenter Kopf sich einen Helfer für die Drecksarbeit hält. Die Geschichte ist voll von solchen Zweckgemeinschaften.«
»Und, was soll das Verhoeven oder Köhler gebracht haben? Wo ist der Nutzen? Das gemeinsame Anliegen und Ziel? Und wo sollen sich die beiden kennengelernt haben?« Ecki schüttelte den Kopf.
»Beide haben studiert. Beide sind etwa gleich alt. Außerdem war Verhoeven senior bei Köhler in Behandlung. Wenn es stimmt, dass Köhler so ein genialer Arzt für Alterskrankheiten ist, kann es doch sein, dass er einen Übersetzer gesucht hat und dabei auf Verhoeven getroffen ist. Auf einen Mann, der seinen Vater hasst. Ein Mann, wie geschaffen für Köhlers Plan, sich unliebsame Zeugen seiner Experimente vom Hals zu schaffen.« Frank sah Ecki an. »Ich weiß, alles Spekulationen, aber auch mögliche Zusammenhänge und Motive. Komm, lass uns endlich Licht in dieses Dunkel bringen.« Frank platzte fast vor neuem Tatendrang. Alle Müdigkeit war aus seinem Gesicht gewichen.
»Du blühst ja formlich auf!«
»Wenn nur der Bericht schon da wäre! Das geht mir alles zu langsam. Ich rufe Schrievers an. Der kennt doch Gott und die Welt. Vielleicht hat er einen Kanal, den man anzapfen kann. Den kleinen Dienstweg muss es doch auch mit englischen Dienststellen geben. Schließlich werden seit über fünfzig Jahren Generationen von Briten durch das HQ geschleust. Kann mir keiner sagen, dass in dieser Zeit nicht irgendwelche Verbindungen entstanden sind. So dauert das bestimmt ewig.«
»Aber wenn es denn so ist? Da müssen wir halt durch. Die Kollegen werden sich schon beeilen. Die haben schließlich mitbekommen, dass sie da auf eine ganz heiße Kiste gestoßen sind.
Ecki war schon weg. Frank wollte gerade seinen PC herunterfahren, als ihm einfiel, dass er noch Hiltrud Claassen anrufen wollte. Schon nach dem ersten Klingeln hob sie ab, so als habe sie auf einen Anruf gewartet. Das Gespräch dauerte nicht lange. Die Tochter von Hans-Georg Verhoeven hatte noch nichts von ihrem Bruder gehört. Sie war ganz erstaunt, dass die Polizei nun dringend nach Herbert suchte. Argwöhnisch fragte sie mehrfach nach dem Grund, aber Frank ließ sie mit einigen allgemeinen Äußerungen im Unklaren. Frank verabredete sich mit ihr für den frühen Nachmittag des nächsten Tages, um noch, wie er sich ausdrückte, »ein paar Details nachzufragen, die schlecht am Telefon zu besprechen sind«. Nur zögernd hatte Hiltrud Claassen dem Treffen zugestimmt, da sie sich für den Tag schon mit einer Freundin verabredet hatte, um gemeinsam nach Kevelaer zu fahren. Auf die Frage nach ihrem Mann hatte sie zunächst ausweichend geantwortet. Erst am Ende des Gesprächs kam heraus, dass Hiltrud Claassens Ehemann mit Arbeitskollegen beim Veilchendienstagszug sein würde.
Langsam entwickelt sich auch Claassens Ehemann zu einem Phantom, dachte Frank. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er bei den Besuchen in Claassens Haus kein Bild von ihm gesehen, an der Garderobe hatte weder ein Herrenmantel noch Anorak gehangen, auch sonst hatten Ecki und er keinen Hinweis auf ihn registriert. Ganz so, als existiere dieser Mann nicht.
Als Frank seinen Autoschlüssel aus der Schreibtischschublade nahm, klingelte das Telefon. Bert Becks war am anderen Ende der Leitung. Auch das noch! »Was willst du, Becks? Ich habe Feierabend. Mach schnell. Ich will nach Hause und in die Badewanne.«
»Kein Problem. Ich bin schon fast durch, lieber Frank.« Bert Becks hatte eine noch rauere Stimme als ohnehin schon.
»Wie klingst du denn, bist du erkältet?«
»Scheißwetter. Aber das überlebe ich auch noch.« Becks hustete in den Hörer.
»Du hast auch schon mal besser gehustet, Bert. Was willst du überhaupt von mir?« Frank wollte das Gespräch möglichst schnell beenden.
»Ich habe gehört, dass ihr immer noch an diesem Dr. Köhler dran seid. Er soll für ein paar Stunden, nun, euer Gast gewesen sein. Gibt es etwas, was du uns mitteilen möchtest?«
Frank hörte, wie Bert Becks sich eine seiner unvermeidlichen Zigaretten anzündete. »Bei aller Freundschaft unter Musikerkollegen, aber du weißt ganz genau, dass ich nichts sagen kann. Ruf unseren Pressesprecher an, aber der wird dir auch nicht viel mehr sagen. Ich kann dir nichts aus laufenden Ermittlungen erzählen. Das weißt du doch.«
»Aber du kannst wenigstens bestätigen, dass Köhler zur Vernehmung bei euch war, oder?
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